Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ob und gegebenenfalls welche Vertragsmindestlaufzeit richtet sich nach Ihrem Vertrag. Auch, ob eine vorzeitige ordentliche Kündigung, und bejahendenfalls mit welcher Frist, zulässig ist. Da mir der Vertrag nicht vorliegt, kann ich dies nicht prüfen und unterstelle Ihre Aussage, der Vertrag sei fristgerecht zum 30.09.2021 gekündigt worden, als wahr.
Bei einem Fitnessstudiovertrag handelt es sich um einen Mietvertrag, bei dem der Gebrauch der Fitnessgeräte und der Fitnessräume überlassen wird (BGH, Urteil vom 04.05.2016 - XII ZR 62/15). Grundsätzlich sind damit solche Verträge gemäß § 580a BGB mit gesetzlicher Frist ordentlich kündbar. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Fitnessstudios enthalten aber durchgehend Klauseln, durch die eine Mindestlaufzeit bis zu zwei Jahren oder längere Kündigungsfristen vereinbart werden.
Es gibt keine gesetzliche Bestimmung im Mietrecht, durch die der Vermieter die vertragliche Laufzeit des Vertrages ohne Zustimmung des Mieters einseitig verlängern kann. (Es ist aber möglich, dem Vermieter ein solches Recht durch vertragliche Vereinbarung einzuräumen. Ob Ihr Vertrag eine solche Klausel enthält, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber auch wenn dem Vermieter ein solches Recht vertraglich eingeräumt wurde, muss er es nach "billigem Ermessen" ausüben, § 315 BGB. Dies bedeutet, er muss dann auch die Interessen des Mieters angemessen berücksichtigen.)
Ob der Betreiber eines Fitnessstudios die vertragliche Laufzeit eines Nutzugsvertrages wegen Corona-bedingter Schließung einseitig verlängern darf, ist unter den Gerichten umstritten.
Die Handelskammer des Landgerichts Würzburg hat dies wegen "Änderung der Geschäftsgrundlage" bejaht (Urteil vom 23.10.2020 - Az.: 1 HK O 1250/20).
Andere Gerichte gehen jedoch davon aus, dass dies nicht zulässig ist, so etwa
-. Amtsgericht Döbeln, Urteil vom 15.03.2021 - Az.: 3 C 878/20
- Landgericht Osnabrück, Urteil vom 09.07.2021 - Az.: 2 S 35/21
- Amtsgericht Papenburg, Urteil vom 18.12.2020 - Az.: 3 C 337/20
- Landgericht Würzburg, 11. Zivilkammer, Urteil vom 24.08.2021 - Az.: 11 O 684/21 UWG
(Die letztgenannte Entscheidung der. 11. Zivilkammer des Landgericht Würzburg ist noch nicht rechtskräftig.)
Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht bislang aus.
Vor Gericht hat man momentan gute Erfolgsaussichten, wenn man sich auf die Unzulässigkeit einer einseitigen Corona-bedingten Vertragsverlängerung durch Studiobetreiber beruft, gleichwohl ist ein gewisses Prozessrisiko wegen der nicht einheitlichen Rechtsprechung vorhanden.
Sie haben die Möglichkeit, vor Gericht eine negative Feststellungsklage zu erheben mit dem Antrag, festzustellen, dass Ihr Vertrag mit Wirkung zum 30.09.2021 ordentlich und wirksam von Ihnen gekündigt wurde. Oder Sie stellen die Zahlung der Mitgliedsbeiträge ein, widerrufen das SEPA-Mandat und geben Lastschriften wieder zurück. Dann müsse Sie abwarten, ob Sie der Betreiber des Fitnessstudios auf Zahlung der Beiträge verklagt, und sich im Rahmen eines Zahlungsprozesses mit dem Argument verteidigen, der Vertrag habe bereits zum 30.09.2021 geendet.
Ein SEPA-Mandat kann jederzeit schriftlich durch unterschriebenen Brief widerrufen werden. (Eine E-Mail reicht hierfür nicht aus.) Ab Zugang des Widerrufs darf der Begünstigte des SEPA-Mandats von diesem keinen Gebrauch mehr machen. Verstößt er hiergegen, kann der Konto-Inhaber sich mit einer Unterlassugsklage oder einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht zur Wehr setzen. Unabhängig davon kann eine unberechtigte SEPA-Abbuchung vom Konto innerhalb von sechs Wochen rückgängig gemacht werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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