Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Das KG Berlin entschied mit Urteil vom 17.06.2011 (7 U 179/10
) dass das Merkmal "scheckheftgepflegt" eine Beschaffenheitsvereinbarung ist, bei deren Fehlen ein Sachmangel vorliegt. Dies kann auch nicht durch einen Gewährleistungsausschluss umgangen werden.
Die Werkstatt hat Ihnen ein Blanko-Scheckheft zugeschickt. Dies ist ein wichtiges Beweismittel dafür, dass die zugesicherte Eigenschaft nicht vorliegt; sie haben also durchaus reguläre Mangelgewährleistungsansprüche. Anders bei der Unfallfreiheit, die Ihnen wohl zunächst nicht ausdrücklich zugesichert worden ist.
Wenn Ihnen also ein Händler versichert,dass das Auto ist scheckheftgepflegt,dann ist er verpflichtet, ein scheckheftgepflegtes Auto zu liefern.
Wenn das gekaufte Auto nicht scheckheftgepflegt ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Gewährleistungsrechte geltend machen. DAss das Auto nun nicht scheckheftgepflegt ist , stünde zwar an für sich nicht fest; hier aber kommt das blanko Scheckheft ins Spiel, dass in der Beweisführung zu Ihrem Vorteil gedeiht. Das Autohaus könnte allenfalls noch versuchen , das Gegenteil zu beweisen.
Das LG Wuppertal schreibt in seinem Urteil vom 23.05.2005 – 17 O 394/04
übrigens:
"Wer ein „scheckheftgepflegtes" Fahrzeug erwirbt, kann erwarten, dass die vom Hersteller vorgeschriebenen Inspektionen von einer hierzu autorisierten Fachwerkstatt durchgeführt und im Serviceheft („Scheckheft") dokumentiert worden sind. Es genügt, wenn die Inspektionstermine im Wesentlichen eingehalten worden sind. Eine lückenlose Kette wird mit dem Hinweis „scheckheftgepflegt" ebenso wenig versprochen wie das Fehlen technischer Mängel. Das gilt selbst dann, wenn die letzte Inspektion nur kurze Zeit bzw. wenige Kilometer zurückliegt."
Insofern sollen Sie zwar zunächst auf Nacherfüllung - hier Vorlage des Scheckheftes - pochen. Allerdings haben Sie dies zweimal getan; erst beim dritten Anlauf erhielten Sie überhaupt ein leeres Scheckheft. Damit ist die Dokumentationspflicht nicht erfüllt. Da nachträglich aber aus einem nicht gepflegtem Auto auch KEIN scheckheftgepflegtes werden kann, haben Sie nun die Rechte aus § 437 BGB
:
"Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
1. nach § 439 Nacherfüllung verlangen,
2. nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3. nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen."
Sie können vom Vertrag zurücktreten, müssen sich aber den Nutzungswert/Wertminderung anrechnen lassen. Der Wert kann hier nur schwer bestimmt werden, orientiert sich an einem Marktwert für das Fahrzeug in jetztigem Zustand und wird hier nur grob auf 10 % geschätzt. Sie können auch eine Minderung des Kaufpreises verlangen.
Mit der Nachlackierung hingegen wird es schwieriger, da das Fahrzeug nicht als Unfallfrei verkauft wurde und eine Hinweispflicht nicht zu bejahen sein wird. Eine Nachlackierung ist kein Mangel, soweit sie fachgerecht erfolgt ist , so der BGH, Urteil vom 20. Mai 2009, Az. VIII ZR 191/07
.
Wohl aber das fehlende Scheckheft. Sie müssen Ihre Ansprüche bei dem Verkäufer nun schriftlich geltend machen, am besten mit Hinweis auf die Rechtsprechung, die ich Ihnen genannt habe.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie zunächst die kostenlose Nachfragefunktion benutzen; wenn Sie möchten, übernehme ich gerne die Abwicklung des Falles mit dem Autohaus.
Mit freundlichen Grüßen
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