Sehr geehrter Fragesteller,
ich möchte Ihre Frage anhand des geschilderten Sachverhaltes und der Auslobung des Mindesteinsatzes wie folgt beantworten:
1.
Bei Unfällen zwischen Radfahrer und Fußgänger greift auf keiner Seite eine Haftung für die Betriebsgefahr, daher werden nur Verschuldenstatbestände gegeneinander abgewogen, Nach Ihrer Schilderung war das überraschende Hineintreten der Joggerin in Ihre Fahrbahn nicht vorhersehbar, so dass davon ausgegangen werden kann, dass im Grunde ein Fall des rein einseitigen Verschuldens vorliegt. Zwar gilt für Sie als Radfahrer ein erhöhtes Rücksichtnahmegebot gegenüber Fußgängern bei gemeinsamen Geh- und Radwegen (Zeichen 240 zu § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO
- waagerechter Trennstrich), nach Ihrer Schilderung sind Sie diesem jedoch nachgekommen, zumal Sie die Joggerin bereits im Vorfeld beobachtet hatten. Demgegenüber geschah dann das Hineinlaufen für Sie vollkommen unerwartet und zwang Sie zur Vollbremsung. Hiermit konnten Sie weder rechnen, noch den dann erfolgten Unfall in irgendeiner Form vermeiden. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass die Joggerin die alleinige Schuld und Haftung trifft, diese hätte sich spätestens vor ihrer abrupten Richtungsänderung umschauen und vergewissern müssen, dass kein weiterer Verkehr hierdurch gefährdet wird.
2.
Eine etwaige relevante Unfallflucht hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Schuldfrage. Sollte es insoweit zu einem Verfahren kommen, gilt der Rechtsgrundsatz, dass dieses keinerlei Präjudizwirkung für einen eventuellen Schadensersatzprozess hat.
3.
Soweit das alleinige Verschulden der Joggerin feststeht und belegt ist, können Sie vollen Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution verlangen, § 249 Abs.1 BGB
. Folglich bekämen Sie in erster Linie die erforderlichen Reparaturkosten ersetzt. Daneben haben Sie angesichts der Verletzungen gemäß §§ 823
, 253 BGB
einen Schmerzensgeldanspruch, welcher jedoch angesichts der Art der Verletzungen voraussichtlich nur im unteren Bereich angesiedelt sein dürfte (schätzungsweise ca. 500,00 €).
4.
Bei Personenschäden sollte immer die Polizei herbeigerufen werden.
5.
Zunächst müssen Sie die Reparaturkosten beziffern, z.B. auf Basis eines Kostenvoranschlags. Wegen der Verletzungen müssen Sie in ärztliches Attest einholen und sich in Behandlung begeben, deren Verlauf zu dokumentieren ist. Hiernach empfiehlt sich zunächst die Ausbringung eines außergerichtlichen Anspruchsschreibens unter Bezifferung Ihrer Ansprüche gegenüber der Unfallgegnerin. Zugleich sollten Sie diese dabei auffordern, falls vorhanden, Anschrift und Versicherungsnummer einer eventuell bestehenden Privathaftpflichtversicherung mitzuteilen und dieser unverzüglich eine Schadensmeldung zukommen zu lassen.
6.
Im Grunde sind keine besonderen Fristen einzuhalten. Die Schadensmeldung gegenüber einer eventuell vorhandenen Haftpflichtversicherung muss nur unverzüglich erfolgen, ansonsten gilt eine dreijährige Verjährungsfrist hinsichtlich Ihrer Ansprüche.
7.
Für den Unfallhergang, die Kausalität und die Schadenshöhe sind Sie im Zweifel vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet. Für den Nachweis des Unfallhergangs etc. ist die Zeugenaussage Ihres Freundes selbstverständlich ein geeignetes Beweismittel.
Abschließend bitte ich Sie, folgendes zu bedenken: Diese Plattform kann und will eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen. Zu einer umfassenden persönlichen Beratung gehört, dass Mandant und Rechtsanwalt gemeinsam alle relevanten Informationen erarbeiten. Das kann diese Plattform nicht leisten. Hier soll nur eine erste Einschätzung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts gegeben werden. Das Weglassen oder Hinzufügen von Umständen kann die rechtliche Beurteilung bereits nicht nur unerheblich verändern.
Abschließend hoffe ich, Ihnen weitergeholfen zu haben und würde mich über eine positive Bewertung durch Sie freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Joschko
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Joschko,
zunächst mal vielen Dank für Ihre ausführlichen, gut verständlichen und anwendbaren Antworten. Damit habe ich ein gutes Gefühl, an wen ich mich wenden kann, wenn es ernst wird.
Mir ist ein Fehler gleich zu Beginn in meinem Text aufgefallen. Der Unfall ereignete sich am Sonntag. Ich schrieb "gestern" als es Montag am späten Abend war. Als ich die Frage abeschickt hatte, war es aber schon Dienstag früh, so daß der Eindruck entstand, der Unfall habe sich am Montag ereignet.
Sie haben unter Punkt 5. und 6. erwähnt, daß eine unverzügliche Schadensmeldung durch die Unfallverursacherin an ihre Haftpflichtversicherung erfolgen muß. Ich muß ja erst noch zum Arzt zwecks Untersuchung und Attestierung meiner Verletzungen. Außerdem muß für die entstandenen Sachschäden noch ein Gutachten/Kostenvoranschlag erfolgen, der ja auch etwas Zeit braucht. Dann erst könnte ich ja das von Ihnen empfohlene aussergrichtliche Anspruchsschreiben ausbringen.
Meine (letzten) Fragen hier:
1. was heißt in diesem Zusammenhang "unverzügliche Meldung an die Haftpflichtversicherung"? Aus Sicht des Unfallverursachers unverzüglich nach Bekanntwerden des Anspruches?
2. Wieviel Zeit habe ich für das Aufstellen einschließlich schriftlicher Bekanntgabe meiner Ansprüche an den Unfallverursacher?
Vielen Dank noch einmal.
Sehr geehrter Fragesteller,
nur der Unfallverursacher muss im Zweifel seiner eigenen Versicherung den Schaden rechtzeitig melden, damit diese die Leistungen nicht wegen Obliegenheitsverletzung verweigern kann. Dies wirkt sich also nur auf das Innenverhältnis zwischen diesem und der Versicherung aus, nicht Ihnen gegenüber. In der Regel bedeutet unverzüglich dabei einen Zeitraum von durchschnittlich zwei Wochen. Für das Aufstellen und die Geltendmachung Ihrer Ansprüche gibt es ansonsten keine gesetzliche Zeitvorgabe.
Mit freundlichen Grüßen
RA Thomas Joschko