Sehr geehrte(r) Fragesteller(in)
die von Ihnen gestellten Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie Ihres Einsatzes wie folgt:
1. Handelt es sich hier um arglistige Täuschung und durch wen?
Da Sie mitteilen, dass Bauherr und Architekt von den Plänen wussten und ausdrücklich darauf hingewiesen worden waren, den Käufern dies mitzuteilen, ist eine arglistige Täuschung nach § 123 BGB
gegeben.
Ihr Vertragspartner ist der Verkäufer, also ist diesem gegenüber auch die Anfechtung zu erklären.
Die arglistige Täuschung ist aber nur dann bei dem Verkäufer zu sehen, wenn dieser neben Bauherr und Architekt auch von den Plänen wusste.
2. Wie sähe eine Rückabwicklung aus, nachdem unser Verkäufer auch nichts davon wusste? Wen müssen wir als Beklagten im Rechtsstreit aufführen (Verkäufer oder Bauherr/Architekt?)
Es müsste die Anfechtung erklärt werden. Damit wäre der Kaufvertrag als von Anfang an nichtig zu werten.
Dann wäre die Wohnung zurückzugeben du Ihnen der Kaufpreis zu erstatten.
3. Ist ein Durchbruch durch ein denkmalgeschütztes Objekt möglich? Hinweis: Das öffentliche Interesse an dem Weg sehen wir mit vielen anderen Bürgern der Stadt als sehr gering an, da keine elementare Notwendigkeit - es gibt im Altstadtbereich genügend Verbindungswege.
Diese Entscheidung obliegt der Stadt. Allerdings muss man davon ausgehen, dass ein solcher Durchbruch ohne Weiteres natürlich nicht möglich ist.
4. Kann unsere Privatsphäre rechtlich derartig beschnitten werden?
Als Nachbar hätten Sie einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Beteiligung an dem Bauvorhaben und könnten einen sogenannten Drittwiderspruch gegen die Baugenehmigung einlegen.
Dann wäre ein Rechtsstreit mit der Baubehörde zu führen.
In der Argumentation können Sie sich dann auf einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht berufen.
5. Welche rechtliche Handhabe haben wir im Hinblick auf die irreführenden Informationen aus den Bebauungsplänen (Online vs. Akte)?
In diesem Punkt wäre die Stad anzugreifen. Die Baubehörde hat die falschen oder unvollständigen Pläne veröffentlicht. Dies kann Ihre Unterstützung in dem Drittwiderspruchsverfahren untermauern.
6. Wie schätzen Sie unsere Aussichten auf Erfolg (Rückabwicklung des Vertrages oder Unterlassungsklage Wegebau) insgesamt ein?
Soweit man auch dem Verkäufer positive Kenntnis von den Plänen nachweisen kann, hat eine Rückabwicklung gute Erfolgsaussichten.
Parallel sollte aber trotzdem der Drittwiderspruch gegen die Baugenehmigung in Betracht gezogen werden. Dazu müssten Sie sich mit den anderen Eigentümern zusammenschließen.
7. Sehen Sie weitere rechtliche Möglichkeiten, den Bau des Weges zu verhindern und komplett aus dem Bebauungsplan entfernen zu lassen?
Man muss hier zwei Wege gehen, den zivilrechtlichen auf Rückabwicklung und den öffentlich-rechtlichen auf Anfechtung der Baugenehmigung.
Antwort
vonRechtsanwalt Steffan Schwerin
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Rechtsanwalt Steffan Schwerin
Zur Beantwortung der Frage 1 und 6 ist uns die Konsequenz nicht klar, wenn der Verkäufer tatsächlich nichts wusste, jedoch der Bauherr hier die Aufklärungspflicht gegenüber dem 1. Käufer (somit Verkäufer) der Wohnung nicht vorgenommen hat. Sehen wir es richtig, dass wir trotzdem dem Verkäufer gegenüber die Anfechtung erklären und ggf. dieser wiederum die Anfechtung gegenüber dem Bauherrn vornimmt? Oder müssen wir in diesem Fall direkt an den Bauherrn die Klage richten?
Zur Beantwortung der Frage 4 ist nochmals nachzufragen, da wir aufgrund der Trennung der Grundstücke durch den Bach mit eigener Flurnummer ggf. nicht direkte Nachbarn sind, sondern der Bach unser unmittelbarer Nachbar ist. Die Eigentümer dieser "Bach-" Flurnummer sind die Stadtwerke.
Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
1+4) Die Anfechtung muss gegenüber dem Verkäufer erfolgen, da dieser den Kaufvertrag mit Ihnen geschlossen hat.
Es wäre dann allerdings noch der Bauherr auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, da dieser seinen Aufklärungspflichten nicht nachgekommen ist.
4) Sie müssen nicht Nachbar in diesem Sinne sein. Im Baurecht ist Nachbar jeder Betroffene. Sie sind damit auch über den Bach nacbar zu dem Grundstück und können Rechtsschutz gegen die Baugenehmigung einlegen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen abschließend weiterhelfen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Steffan Schwerin
Rechtsanwalt