Sehr geehrte Fragestellerin/sehr geehrter Fragesteller,
Ihre gestellte Frage
beantworte ich wie folgt :
Sie haben die Sach- u. Rechtslage richtig erfasst:
In der Vorschrift Nr. 22. § 22 Absatz 2 und 3: Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes (BMGVwV) steht ja ganz genau (Zitate aus der BMGVwV sidn in Fettdruck):
22.2 § 22 Absatz 2 und 3: Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners
Leben die Personensorgeberechtigten eines minderjährigen Einwohners dauerhaft getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung bei dem Sorgeberechtigten, die von dem minderjährigen Einwohner vorwiegend benutzt wird. Die vorwiegende Benutzung bestimmt sich nach Nummer 21.2.1. Die Meldebehörde kann die Angaben des anmeldenden Personensorgeberechtigten zu den Aufenthaltszeiten zugrunde legen, wenn diese in sich schlüssig und glaubhaft sind (BVerwG, Urteil vom 30.09.2015 – 6 C 38/14). Gibt es hierzu widersprechende Angaben der Personensorgeberechtigten, ist von Amts wegen zu ermitteln.
Kann nicht festgestellt werden, dass der minderjährige Einwohner eine Wohnung vorwiegend benutzt, weil er sich bei beiden Eltern je zur Hälfte aufhält (paritätisches Wechselmodel), ist die Hauptwohnung gemäß § 22 Absatz 3 BMG dort anzumelden, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des minderjährigen Einwohners liegt. Hierzu kann zum Beispiel auf die vom Kind besuchte Schule oder Kindertagesstätte sowie auf die Mitgliedschaft des Kindes in Vereinen oder sonstigen Organisationen abgestellt werden. Kann auch ein Schwerpunkt der Lebensbeziehungen nicht festgestellt werden, obliegt die Bestimmung der Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners den Personensorgeberechtigten.
Können sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern in diesem Fall nicht über die Hauptwohnung ihres Kindes einigen, ist die frühere Familienwohnung dessen Hauptwohnung, wenn ein Elternteil sie nach der Trennung weiter bewohnt (BVerwG, Urteil vom 30.09.2015 – 6 C 38/14).
Übt bei gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ein Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht alleine aus, so ist dieses für die Bestimmung der Hauptwohnung des Kindes maßgeblich.
22.3 § 22 Absatz 3: Hilfskriterium des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen
Erst wenn sich die vorwiegend benutzte Wohnung nicht zweifelsfrei bestimmen lässt, ist auf den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen der meldepflichtigen Person abzustellen. Anhaltspunkte dafür sind zum Beispiel die Art der Wohnung, persönliche Bindungen, gesellschaftliche Aktivitäten sowie die Mitgliedschaft in Vereinen und anderen Organisationen. Maßgebend ist in der Regel die Erklärung der meldepflichtigen Person. Die Meldebehörde hat jedoch deren Plausibilität zu prüfen.
Zitat Ende:
Es folgt also:
1. Wie von Ihnen gemutmaßt, eine Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen.
„Gibt es hierzu widersprechende Angaben der Personensorgeberechtigten, ist von Amts wegen zu ermitteln."
Um die Angaben der beiden Elternteile zu kennen hätte man Sie kontaktiert werden müssen.
2.
Wenn es zu einer Einigung nicht kommen sollte, würde der Absatz gelten:
„Können sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern in diesem Fall nicht über die Hauptwohnung ihres Kindes einigen, ist die frühere Familienwohnung dessen Hauptwohnung, wenn ein Elternteil sie nach der Trennung weiter bewohnt (BVerwG, Urteil vom 30.09.2015 – 6 C 38/14)."
Allein deshalb MUSS das Bürgeramt (BA) bzw. Einwohnermeldeamt im Nachgang dem Widerruf Folge leisten.
Denn Sie schreiben und ich gehe davon aus, dass SIE der Vater sind:
„Der Vater ist weiterhin mit dem Sohn wohnhaft in der ehemals ehelichen Wohnung und betreut ihn ca. 55%"
Sie wohnen also noch in der „frühere Familienwohnung", was diese auch zur Hauptwohnung
macht.
3.
Letztlich gibt es andere Kriterien, die dafür sprechen, dass Hauptwohnsitz bei IHNEN ist:
Aus obigem ergibt sich, dass das Kind 5 % mehr bei Ihnen sich aufhalten dürfte, weshalb auch der Absatz einschlägig ist:
„Leben die Personensorgeberechtigten eines minderjährigen Einwohners dauerhaft getrennt, ist Hauptwohnung die Wohnung bei dem Sorgeberechtigten, die von dem minderjährigen Einwohner vorwiegend benutzt wird."
Denn bei Ihnen wohnt er ja „vorwiegend".
Wenn Sie der Vater sind und das BA sich also weiter weigert die Ummeldung vorzunehmen was SIe ausdrücklich beantragen sollten dass dies auch ohne die Unterschrift der Mutter durchgeführt wird, setzen Sie dies mithilfe eines Anwalt vor Ort mit entsprechendem Tätigkeitsschwerpunkt gerichtlich durch (ggf ist vorab ein Widerspruchsverfahren durchzuführen) .
Hinweis:
Ich weise abschließend darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt u. mir das weitere Infos hins. des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen des Kindes NICHT vorliegen sondern nur Ihre Aussage zu den 55 %.
Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann, ist jedoch rechtsverbindlich. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann aber möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Dr. Winkelmann
Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Aljoscha Winkelmann
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