Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Der Vorfall ist bedauerlich.
Leider ist aus meiner Erfahrung nicht damit zu rechnen, dass AirBerlin auf Schreiben von Privatpersonen eingeht. Es ist Firmenpolitik, sich nicht mit den Kunden weiter zu beschäftigen, Ansprüche nicht auszuzahlen und die Bearbeitung zu verzögern. Ich darf auf die einschlägie TV-Reportage verweisen, die Sie auch im Internet finden.
DIe erste Frage ist, ob der Rollstuhl den Beförderungsbedingungen entsprochen hat.
UNter https://www.airberlin.com/de-DE/site/landingpages/baggage_services.php?cat=2 sehen Sie, dass für Sport und Sondergepäck eine maximale Höhe von 86 cm angegeben ist. Rollstühle von Behinderten werden dort aber nicht aufgeführt.
Dazu gibt es nämlich eigens die Seite "barrierefreies Reisen", die man hier findet:
https://www.airberlin.com/site/barrierefreies_reisen.php?
Dort heisst es:
Beförderung fluggasteigener Rollstühle
Fluggasteigene Rollstühle werden kostenfrei befördert und nicht auf das Freigepäck angerechnet. Bei Anfragen für den Transport eines Rollstuhls teilen Sie uns bitte die Maße, das Gewicht und die Art des Rollstuhls mit.
Der Transport erfolgt aus Platzgründen im Frachtraum, bitte geben Sie Ihren Rollstuhl daher transportfertig als Sondergepäck auf. Am Zielflughafen erhalten Sie Ihren Rollstuhl entweder direkt am Flugzeug oder am Gepäckausgabeband zurück.
Auch Ihren Sport- oder Rennrollstuhl können Sie als Sportgepäck kostenfrei aufgeben.
Batteriebetriebene Rollstühle können unter folgenden Voraussetzungen transportiert werden:
Die Batteriepole müssen durch Isolierung gegen Kurzschluss gesichert sein
Die Batterie darf nicht betriebsbereit angeschlossen sein
Weiter heisst es :
Eine rechtzeitige Anmeldung ist auch deshalb ratsam, weil die Anzahl der Fluggäste mit eingeschränkter Mobilität pro Flug insbesondere in Abhängigkeit vom eingesetzten Flugzeugtyp begrenzt sein kann. Die folgenden Informationen benötigen wir bei der Anmeldung von Ihnen:
Name des Passagiers und ggf. der Begleitperson
Art der Behinderung
Bis hier ist nirgendwo ein Hinweis auf eine zulässige Maximalhöhe zu lesen.
Massgeblich werden aber die allgemeinen Beförderungsrichtlinien sein, die man hier einsehen kann: https://www.airberlin.com/site/affiliate/unternehmen/agb/ABB_de.pdf
Dort steht, zwar, unter welchen Bedingungen die Mitnahme möglich ist, aber auch hier- keine Spur von einem Höhenmaß!
6.5.2.
8 Die Mitnahme eines (1) Rollstuhls je behinderten Fluggast ist möglich und bei Buchung mitzuteilen. Motorbetriebene Rollstühle können wegen der eingeschränkten Frachtraumkapazität nur mit Einschränkungen befördert werden. Sie sind in einem Zustand aufzugeben, der ihre sichere Handhabung und Beförderung gewährleistet. Die Beförderung von medizinischen Geräten und Mobilitätshilfen einschließlich elektrischer Rollstühle kann nur dann gewährleistet werden, wenn diese 24 Stunden vorher unter Angabe der Abmessungen und des Gewichts angemeldet wurden, an Bord genügend Platz ist und deren Beförderung nicht den einschlägigen Vorschriften über Gefahrgüter entgegensteht. Weitere Einze lheiten werden bei der Anmeldung mitgeteilt.
Eine Volltextsuche nach 86 cm ergab ebenfalls keine Treffer, so dass nach alldem ein vertraglicher Ausschluss alleine aufgrund der Höhe unzulässig gewesen ist.
Air Berlin hätte die Mitnahme aus Kapazitätsgründen allerdings nach den Bestimmungen verweigern dürfen. Dieses war aber offenbar grade nicht der Fall; die WEigerung wurde nur mit der Höhe begründet, dieses Verhalten war somit vertragswidrig.
Auch die EU-Verordnung 1107/2006 , Art. 4 1 b ) befreit AirBerlin nicht aus der Verantwortung. Die Mitnahme kann verweigert werden, wenn wegen der Größe des Luftfahrzeugs oder seiner Türen die Anbordnahme oder die Beförderung dieses behinderten Menschen oder dieser Person mit eingeschränkter Mobilität physisch unmöglich ist. Dieses wurde gerade nicht angeführt. EIne physikalische Unmöglichkeit lag nicht vor, nur ein Hinweis auf unzutreffende, allgemeine Höchstmaße für Sportgepäck. Air Berlin hätte die Mitnahme zumindest prüfen müssen- aus meiner Sicht ein klarer Fall von Diskrimination.
Die Verletzung der Richtlinie kann sanktioniert werden; dies haben Sie bereits in die Wege geleitet.
Bei den zivilrechtlichen Ansprüchen wären diese abstrakt denkbar, müssten aber konkret beziffert werden- es sei denn, Sie machen Ansprüche wegen Nichtbeförderung geltend, diese sind pauschalisiert je nach Flugstrecke. Daneben können auch Schadenersatzansprüche treten. Urlaubszeit ist nicht kapitalisierbar und begründet nur in engem Rahmen Ausgleichansprüche; bei der entgangenen Urlaubsfreude ist die Rechtsprechung zurückhaltend- es ist aber nicht ausgeschlossen,interessant dazu Landgericht Düsseldorf vom 16.05.2003, Az: 22 S 667/01
.
DIe Klage aus der EU-Verordnung wegen Nichtbeförderung- wobei hier der Fall, auch auf die einschlägigen Zeitpunkte näher zu prüfen wäre, steht allen EU-Bürgern offen und ist auch ohne weiteres in Deutschland zu betreiben. DIe VO garantiert nicht nur ein Mindestmaß an Schutz; nach natinalen Vorschriften kann der Schadenersatzanspruch durchaus höher ausfallen.
Ein weiterer Weg ist zudem die sachgerechte Information der Presse über den Vorfall.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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