Erbracht, Pflichtanteil

Question

Meine Tochter ist vor 5 Wochen durch ein Suizid leider verstorben. Aufgrund ihrer Krankheit &lpar; manisch depressiv&rpar; hat ihr Freund alles dafür getan, dass wir keinen Kontakt zu meiner Tochter aufnehmen konnten. Nun hat meine Tochter unmittelbar vor ihrem Tod, ihren letzten Willen aufgeschrieben, indem sie ihren Freund als Erben einsetzte. Als Mutter bin ich der Bestattungspflicht gerne nach gekommen. Da ich EM Rentnerin bin, hat ihre Zwillingsschwester ein Spendenaufruf gestartet.   Heute hörte ich eher durch Zufall, die Aussage vom Nachlassgericht, das ihr Freund Alleinerbe ist. Meine Frage: kann ich,oder meine Zwillingstochter einen Pflichtanteil beanspruchen,  und wenn wie hoch ist dieser ? 2. Frage: Wenn wir das Erbe ausschlagen, muss dann der Erbe für die Bestattungskosten aufkommen?  Mit freundlichen Grüßen   M. Stölting-Jürgensen

Rechtsanwalt Andreas Schwartmann · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrter Fragesteller,    Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:    Zunächst möchte ich Ihnen mein tiefes Beileid für den Verlust Ihrer Tochter aussprechen.    1.    Nach &#167; 2303 BGB sind nur Abkömmlinge &lpar;also Kinder, Enkel etc.&rpar;, Ehegatten und Eltern pflichtteilsberechtigt, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wurden, etwa durch ein Testament, das einen Dritten &lpar;hier: den Freund&rpar; als Alleinerben einsetzt. Geschwister gehören hingegen nicht zum pflichtteilsberechtigten Personenkreis. Daher gilt:    Sie als Mutter der Verstorbenen sind pflichtteilsberechtigt, wenn Ihre Tochter ohne eigene Abkömmlinge &lpar;also ohne eigene Kinder&rpar; verstorben ist. Sobald jedoch eigene Kinder vorhanden sind, sind die Eltern von der gesetzlichen Erbfolge &lpar;und dem Pflichtteilsrecht&rpar; ausgeschlossen und können keinen Pflichtteil verlangen.    Die Schwester der Erblasserin ist NICHT pflichtteilsberechtigt und kann daher keinen Pflichtteil verlangen.    Auf Ihre Situation übertragen: Da Ihre Tochter &lpar;Erblasserin&rpar; offenbar keine eigenen leiblichen Kinder hinterlässt, besteht Ihr Pflichtteilsrecht als Mutter. Die Schwester der Erblasserin hat hingegen keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, sondern nur Sie als Mutter.    Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.    Wären Sie &lpar;als Mutter&rpar; die gesetzliche Erbin Ihrer verstorbenen Tochter, würde sich das nach &#167; 1924 ff. BGB bestimmen:    Hätte Ihre Tochter keine eigenen Kinder, keine weiteren Kinder Ihres Haushalts &lpar;also: keine weiteren Geschwister&rpar;, und keinen Ehegatten, wären Sie als Mutter gesetzliche Alleinerbin.    Sind Sie durch Testament ganz oder teilweise enterbt, ist Ihr Pflichtteil die Hälfte dieses gesetzlichen Erbteils &#8211; in der Regel also ein Viertel des Nachlasswertes &lpar;wenn beide Eltern leben&rpar; oder die Hälfte &lpar;wenn Sie die einzige pflichtteilsberechtigte Person sind&rpar;.    Wären beide Eltern lebend, stünde jedem &lpar;Mutter und Vater&rpar; die Hälfte des Nachlasses als gesetzlicher Erbteil zu; der Pflichtteil wäre davon wiederum die Hälfte, also je ein Viertel. Lebt nur ein Elternteil, beträgt der gesetzliche Erbteil 100%, wovon der Pflichtteil 50% des Nachlasswertes ist.      Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Zahlungsanspruch gegen den Erben &lpar;hier: den Freund&rpar;, kein Anspruch auf konkrete Nachlassgegenstände.    Achtung: Der Pflichtteilsanspruch ist von Ihnen geltend zu machen &#8211; das Nachlassgericht prüft das nicht von Amts wegen. Es empfiehlt sich eine förmliche schriftliche Geltendmachung und oft die Aufforderung an den Erben zur Erteilung eines Nachlassverzeichnisses &lpar;&#167; 2314 BGB&rpar;, um die Pflichtteilshöhe zu ermitteln.    Der Pflichtteilsanspruch bleibt auch bei Ausschlagung des Erbes bestehen. Wer als Pflichtteilsberechtigter die Erbschaft ausschlägt &lpar;z. B. um Nachlassschulden zu vermeiden&rpar;, kann gleichwohl vom Erben &lpar;Freund&rpar; den Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils in Geld verlangen.    Eine Ausschlagung ist für den Pflichtteil sogar erforderlich, falls Sie explizit im Testament eine Miterbenstellung, allerdings in geringerer Höhe als dem Pflichtteil, erhalten hätten. Bei vollständiger Enterbung &#8211; wie hier beim Alleinerben Freund &#8211; ist dies nicht nötig, der Anspruch entsteht ohne Ausschlagung.    2.    Grundsätzlich haftet der Erbe für die Kosten der Bestattung gemäß &#167; 1968 BGB. Das bedeutet: Der Alleinerbe &lpar;hier: der Freund Ihrer Tochter&rpar; ist verpflichtet, die notwendigen Kosten der Beerdigung zu tragen, unabhängig davon, ob Sie als Mutter die Bestattung tatsächlich vorgenommen und zunächst verauslagt haben.    Haben Sie die Bestattungskosten bereits aus Ihrem eigenen Vermögen verauslagt, steht Ihnen im Grundsatz ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten gegen den Erben zu.    Schlagen sämtliche gesetzlichen oder testamentarischen Erben die Erbschaft aus, werden die nächsten &lpar;gesetzlichen&rpar; Erben ermittelt bzw. übernimmt ggf. der Staat als &#8222;Noterbe". Das ändert aber nichts an der Regel: Erbe ist und bleibt primär bestattungspflichtig; der Nachlass, bzw. der Erbe, haftet für die Kosten      Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.    Mit freundlichen Grüßen

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Erbrecht

Rechtsanwalt Andreas Schwartmann

Diese Frage ist vertraulich.

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