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Einzelwirtschaftsplan, Hausverwaltung verweigert Anpassung der Energiekosten

| 1. November 2024 15:33 |
Preis: 60,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


21:24

Guten Tag,

mein Burder und ich haben die Verwaltung der Wohnung unserer Mutter übernommen, die mit einer demenziellen Erkrankung in einem Pflegeheim lebt. Mit der neuen Hausverwaltung gibt es viel Ärger, dort wird nur sehr langsam gearbeitet und die Mitarbeiter sind sehr unverschämt, daran haben wir uns gewöhnt. Wir haben nun endlich Ende Oktober die Einladung zur Eigentümerversammlung bekommen und damit die Abrechnung von 2023. Der Einzelwirtschaftsplan sieht eine Erhöhung der Heinzkostenvorauszahlung für die Wohnung um 10 % Prozent vor, auf üppige 3.100 EUR pro Jahr. Wir haben die Hausverwaltung gebeten, diesen Betrag zu reduzieren, da ab dem 01.01.25 die Wohnung nur noch von einer Person bewohnt wir (wir hatten gebeten, auf EUR 2.100 zu reduzieren). Bis zum 31.12.23 war die Wohnung mit zwei Rentnern bewohnt, die es gern kuschelig hatten, in 2024 steht die Wohnung leer bzw. wird nur teilweise genutzt, Renovierungsarbeiten. Die Hausverwaltung lehnt eine Absenkung ab (auch wollten wir das Wassergeld absenken), mit der Begründung, auch 1 Person kann viel Energie verbrauchen.

Meine Frage nun: gibt es eine Möglichkeit des Widerspruchs gegen den Einzelwirtschaftsplan? Können wir das Hausgeld entsprechend unseres Wunsches kürzen (immerhin EUR 1.200 / Jahr)?

Vielen Dank für eine Antwort!

1. November 2024 | 16:41

Antwort

von


(1239)
Meisenweg 14
41239 Mönchengladbach
Tel: 01722456077
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
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Guten Tag,

es ist nachvollziehbarerweise ärgerlich, dass Sie Schwierigkeiten mit der Hausverwaltung und den Kosten für die Wohnung Ihrer Mutter haben.
Gerne gehe ich nachfolgend auf mögliche Vorgehensweisen in Bezug auf den Einzelwirtschaftsplan und die Hausgeldvorauszahlungen ein:

1. Anfechtung des Einzelwirtschaftsplans:
In der Regel können Eigentümer gegen den Einzelwirtschaftsplan vorgehen , insbesondere wenn sie der Meinung sind, dass die dort festgelegten Kosten nicht gerechtfertigt sind. Die Anfechtung muss jedoch gut begründet sein und zuvor ist in der Regel während der Eigentümerversammlung auch ein WIderspruch zu erheben.
Beachten Sie, dass es für den Widerspruch in der Regel Fristen gibt. Diese sollten in der Einladung zur Eigentümerversammlung oder in den dazugehörigen Unterlagen erwähnt sein.
Das Landgericht Berlin (Urteil vom 30.08.2022 - 55 S 7/22 WEG) hat zum neuen Wohneigentumsgesetz hierzu etwa geurteilt:
"1. Im Rahmen einer Beschlussklage hat der Anfechtungskläger innerhalb der zweimonatigen Begründungsfrist konkret Gründe vorzutragen, auf die er seine Anfechtungsklage stützt. Hierzu genügt es nicht, wenn er lediglich pauschal die Anwendung eines unrichtigen Kostenverteilungsschlüssels rügt oder die Höhe einer Kostenposition angreift. Er muss vielmehr vortragen, inwieweit sich der gerügte Fehler auf seine Zahlungspflichten auswirkt.
2. Da den Wohnungseigentümern bei der Festlegung der Höhe der Vorschüsse ein Ermessensspielraum zusteht, genügt es indessen nicht, dass Teile des Wirtschaftsplans auf einen fehlerhaften Kostenverteilungsschlüssel beruhen, solange sich dieser Fehler nur geringfügig auf die Zahlungspflichten des Wohnungseigentümers auswirkt."

Im Übrigen sei auf ein relevantes Urteil des AG Langen vom 13.01.2023 - Az: 56 C 182/22 hingewiesen:
Es wurde hierbei gerichtlich festgestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Festlegung der künftig zu zahlenden Vorschüsse einen gewissen Spielraum hat. Insbesondere wäre auch nicht zu beanstanden gewesen eine gewisse Anhebung der Vorschüsse basierend auf der Annahme, dass sich die Heizkosten voraussichtlich für 2023 erhöhen würden.
Allerdings wären für eine 100%ige Anhebung dieser Position erforderlich gewesen ausreichend fundierte Erkenntnisse dahingehend, dass tatsächlich mit einer derartigen Ansteigung der Kostenposition Heizung zu rechnen ist.
Zwar ist allgemein bekannt, dass seit Beginn des Ukrainekrieges und der danach eingeschränkten Lieferungen die Gaspreisentwicklung deutlich nach oben gegangen ist. Eine gewisse Anhebung des Vorschusses im Hinblick darauf auch ohne konkrete Kenntnisse über den tatsächlichen Anstieg wäre daher nicht zu beanstanden gewesen.
Eine Anhebung dieser Position um 100% und damit ein 64%iger Anstieg des Hausgeldes sei sachlich aber nicht gerechtfertigt. Der entsprechende Beschluss war daher für ungültig zu erklären!


2. Argumentation für die Absenkung der Hausgeldvorauszahlungen:
Bei der Argumentation, warum die Vorauszahlungen gesenkt werden sollten, können Sie darauf hinweisen, dass die Wohnung ab dem 01.01.25 nur noch von einer Person bewohnt wird und somit der Verbrauch an Heizung und Wasser voraussichtlich geringer ausfallen wird. Auch die Renovierungsarbeiten könnten den Verbrauch in der Übergangszeit beeinflussen.
Es kann hilfreich sein, Informationen über die durchschnittlichen Heizkosten für vergleichbare Wohnungen zu sammeln, um die Forderung nach einer Senkung zu untermauern.

3. Möglichkeit zur Anpassung der Vorauszahlungen:
Nach § 28 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) können die Vorauszahlungen grundsätzlich angepasst werden. Dies erfordert jedoch die Zustimmung der Eigentümerversammlung. Wenn Ihr Vorschlag abgelehnt wird, bleibt Ihnen möglicherweise nur der Weg, gegen den Beschluss Widerspruch einzulegen und gegebenenfalls rechtliche Schritte wie eine Beschlussanfechtung zu erwägen.
In vielen Eigentümergemeinschaften können auch Minderheitenrechte in Anspruch genommen werden, um die Sache weiter zu verfolgen, insbesondere wenn Sie als Eigentümer argumentieren können, dass die Kosten nicht angemessen sind.

4. Vorbereitung auf die Eigentümerversammlung:
Bereiten Sie sich gut auf die Eigentümerversammlung vor, indem Sie relevante Unterlagen, wie den aktuellen Wirtschaftsplan, Protokolle vergangener Versammlungen und Vergleichszahlen für Heizkosten, sammeln.
Falls möglich, stellen Sie einen formellen Antrag zur Reduzierung der Hausgeldvorauszahlung in der Versammlung. Dies erhöht die Chance, dass Ihr Anliegen ernsthaft diskutiert wird.

Viele Grüße


Rückfrage vom Fragesteller 1. November 2024 | 17:45

Guten Tag,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort, ist es möglich, einen solchen Antrag auf der Eigentümerversammlung zu stellen? Die Einladung zur Versammlung ist erst zu unserer Mutter ins Heim geschickt worden und die Abrechnung hat uns erst mit Verspätung erreicht? Wir haben die ISTA -Abrechnung und können sehen, dass der Verbrauch in der Wohnung in den letzten zwei Jahren gesunken ist. Können wir den Abschlag auch eigenmächtig kürzen, er betrifft ja nicht die Allgemeinheit, in der Wohnung ist sowohl ein Wasserzähler als auch ein Ableser für den Verbrauch der Fernwärme? Wir haben vorher nicht gewußt, wie der Einzelwirtschaftsplan aussehen wird.

Vielen Dank und viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 1. November 2024 | 21:24

Gerne!
Gemäß § 24 Abs. 4 WEG muss die Einladung zur Eigentümerversammlung mindestens drei Wochen vor der Versammlung versendet werden. Grundsätzlich gibt es zwar keine fixe nach dem Kalenderjahr bestimmte Frist innerhalb welcher Beschlussvorschläge für die ordentliche Eigentümerversammlung eingereicht werden müssen. Die Frist bemisst sich jedoch indirekt nach der offiziellen Einladung des Verwalters. Insoweit gilt für Beschlussvorschläge/Anträge ebenfalls die drei Wochen Frist.
Die Frist beginnt, wenn die Einladung dem letzten Eigentümer der Eigentümerversammlungen schriftlich vorliegt (LG München I, Endurteil v. 27.09.2018 – 36 S 18251/16 WEG).
Somit ist der Zugang entscheidend und nicht der Versandzeitpunkt oder der Poststempel!
Wenn also der Verwalter die Einladung per Post verschickt hat und und etwa einen Eigentümer vergisst, so wären alle Beschlüsse der Eigentümerversammlung zwar nach wie vor gültig.
Aufgrund der Nichteinhaltung der Frist steht dennoch ein Grund für eine Beschlussanfechtung im Raum. Der vergessene Eigentümer bzw. denjenigen den das Einladungsschreiben zu spät erreichte, müsste aber bei einem Prozess darlegen, dass man durch die verspätete Einladung einen Nachteil bei der Abstimmung erlitten haben soll (vgl. LG München I, Endurteil v. 27.09.2018 – 36 S 18251/16 WEG).

Da die Abrechnung erst verspätet bei Ihnen angekommen ist, können Sie die Umstände, z. B. die Zustellung der Einladung an die Mutter ins Pflegeheim und die verspätete Weiterleitung, anführen und gegebenenfalls eine außerordentliche Stellungnahme zu Ihren Vorschlägen auf der Versammlung anregen. Sie können sich auch telefonisch bei der Hausverwaltung oder dem Verwaltungsbeirat über eine Möglichkeit zur Ergänzung der Tagesordnung erkundigen.

Die nächsten Schritte könnten sein:

Es erscheint sinnvoll, dass Sie die begründete Reduzierung der Vorauszahlungen bei der Versammlung einbringen. Dies könnte auf eine Anpassung der Heiz- und Wasserkostenvorauszahlung abzielen, angepasst an den geringeren Verbrauch aufgrund des Leerstands. Weisen Sie darauf hin, dass der tatsächliche Verbrauch (z. B. aus den letzten ISTA-Abrechnungen) gesunken ist und dass eine Anpassung auch wirtschaftlich angemessen wäre.
Sie können den Antrag auf die ISTA-Abrechnungen und die niedrigeren Verbräuche stützen.
Da die Wohnung ab Januar 2025 lediglich von einer Person teilweise und nur für Renovierungsarbeiten genutzt wird, ist anzunehmen, dass der Verbrauch deutlich niedriger bleibt.
Da Wasser- und Heizkosten (Fernwärme) über Einzelzähler abgerechnet werden, wirkt sich eine Reduzierung der Vorauszahlungen nur auf Ihre Wohnung aus und hat keinen Einfluss auf die übrigen Eigentümer oder den allgemeinen Wirtschaftshaushalt.

Eine eigenmächtige Kürzung der Vorauszahlungen ist rechtlich problematisch, weil dies auf einem Beschluss der Eigentümerversammlung basiert und daher verbindlich ist. Das eigenmächtige Kürzen von Hausgeldern kann als Zahlungsverzug ausgelegt werden, was zu rechtlichen Schritten der Hausverwaltung oder der Eigentümergemeinschaft führen könnte.

Auch wenn es wie dargelegt kurzfristig (unter der dreiwöchigen Ladungsfrist) schwierig ist, einen Tagesordnungspunkt hinzuzufügen, können Sie ggf. Ihr Anliegen als nachträgliche Änderung in der Eigentümerversammlung einbringen. Eine Anpassung der Vorauszahlungen wäre dann – abhängig von der Zustimmung der Eigentümer – nach der Versammlung umsetzbar. So vermeiden Sie das Risiko, in Zahlungsrückstand zu geraten.
Je nachdem wie die Entscheidung über den Antrag ausfällt, besteht die Möglichkeit einer Beschlussanfechtung innerhalb eines Monats nach der Versammlung. Wenn die Abrechnung objektiv nicht die aktuelle Nutzung widerspiegelt, wäre dies unter Umständen ein gerechtfertigter Grund für eine Anfechtung. Dazu sollten Sie jedoch bereits im Vorfeld Ihre Position klar darlegen und versuchen, eine Mehrheit für Ihr Ansinnen zu gewinnen, um eine Anfechtung möglicherweise zu vermeiden.

Auch wenn die Verwaltung bislang nicht kooperativ war, könnten Sie direkt vor der Eigentümerversammlung einen Termin mit der Verwaltung oder dem Verwaltungsbeirat suchen, um die Situation zu schildern und eine pragmatische Lösung vorzuschlagen.
Falls Sie eine Beschlussanfechtung oder eine rechtliche Klärung erwägen, empfiehlt es sich aus meiner Sicht, anwaltlichen Beistand vor Ort zu suchen (Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht) um eine fundierte Strategie zu entwickeln.

Viel Erfolg bei der Eigentümerversammlung und bei der Durchsetzung Ihrer Interessen!

Bewertung des Fragestellers 2. November 2024 | 06:47

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