Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Einwendung gegen Bauantrag auf dem angrenzenden Grundstück in Baden-Württemberg

5. Juli 2023 16:48 |
Preis: 70,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von


19:16

Guten Tag,

ich versuche mich kurz und übersichtlich zu fassen, vielen Dank fürs Lesen.

Auslöser der Anfrage:
Wir haben eine Benachrichtung der Angrenzer gem. §55 LBO (Baden-Württemberg) erhalten. Der Bau ("Schuppen") steht bereits (Nachbar ging wohl davon aus, er sei verfahrensfrei). Der Bau befindet sich außerhalb des Bebauungsplans der Stadt und ist damit ohnehin anzeigepflichtig, übersteigt aber auch weit die erlaubten 40 Kubikmeter, die man normalerweise verfahrensfrei in den Garten bauen darf.

Situation:
Der Bau ist zweistöckig (also nicht mit einem normalen Gartenzaun versteckbar, ca. 4,5 Meter hoch) und in der hinteren Ecke des Grundstücks errichtet - eine Seite des Baus direkt an unsere gemeinsame Grundstücksgrenze. Unsere Gärten sind mit einem Zaun getrennt, der aber nicht auf der tatsächlichen Grundstücksgrenze entlangläuft. Nach hinten haben wir keine Nachbarn/nur Wiese und Wald. Es wurden zwei Fenster verbaut, die nun direkten Einblick in unser Schlafzimmer/Bett bieten. Unsere Grundstücke haben Hanglage, daher ist der zweite Stock des Baus von überhalb der Grundstücke über die Wiese anfahrbar.
Wir werden innerhalb der Frist antworten/sind uns der möglichen materiellen Präklusion bewusst.

Fragen:
Würden Sie die folgende Liste der Einwendungen kurz durchgehen und uns sagen, was davon sinnvoll ist und was wir besser nicht erwähnen? Wir ärgern uns natürlich schon ziemlich, zumal wir während des Bauprozesses beim Nachbarn nachgefragt haben und zur Antwort bekommen haben, dass er "macht wie [er] will". Aber natürlich ist uns klar, dass Emotionalität und Kleinkariertheit bei so einem Prozess niemandem helfen.

1) Die Deklaration als Geräteschuppen ist verwunderlich, da drei Fenster und ein überdachter Balkon/Terrasse angebaut wurden, ein eigener Stromkasten wurde installiert.

2) Während der Bauvorbereitungen wurde die Drainage und ein Sturmabfluss überhalb der Gärten verändert, sodass wir seither bei starkem Regen/im Frühjahr und Herbst stehendes Wasser in den Rasenflächen und Beeten hatten. Das war vor den Arbeiten nicht der Fall. (Die Naturschutzbehörde ist wohl auch involviert)

3) Die verbauten Fenster bieten direkten, vor uns geschützten EInblick in unser zuvor privates Schlafzimmer und Bett. Insbesondere in Hinblick auf einen möglichen Verkauf des Hauses ist das super ungünstig, weil man jetzt überhaupt keine Privatsphäre mehr hat.

4) Durch den anfahrbaren Bau haben wir plötzlich regelmäßigen Verkehr hinter dem Haus, wo vorher nur sehr sporadisch durchgefahren wurde.

5) Durch die enorme Bauhöhe wird das Sonnelicht in der hinteren Ecke unseres Gartens blockiert, wo sich unser Himbeerbeet befindet (das klingt jetzt trivial, ist aber echt schade, die waren so gut).

6) Insofern es sich bei dem Schuppen nun um eine landwirtschaftliche Einrichtung handeln soll (das hat der Leiter der städtischen Bauverwaltung anklingen lassen), so muss man sagen, dass nur reguläre Rasenmäher dort untergebracht waren, die vorher in seiner Garage standen. Eine Unterbringung für die nicht-eigenen Schafe, die ab und zu auf dem Grundstück grasen, wurde bereits anderswo errichtet.

7) Es ist uns nicht hundertprozentig klar, dass der Bau innerhalb der Grundstücksgrenze steht und wir arbeiten noch an einer Vermessung. Ist das etwas, was die zuständige Baubehörde selbstständig prüft? Oder fällt das in unseren Zuständigkeitsbereich? Es wurde auch kein Abstand zur Grundstücksgrenze eingehalten.

Haben Sie ganz herzlichen Dank für Ihre Hilfe!

5. Juli 2023 | 18:02

Antwort

von


(138)
Wilhelmstraße 3
66663 Merzig
Tel: 068619932577
Web: https://rechtsanwaltskanzlei-enzweiler.de/
E-Mail:
Diese Anwältin zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Vorab ist es in ihrem Fall grundsätzlich nicht schädlich, so viele Einwendungen wie möglich gegen den Bau vorzubringen. Alle diese Einwendungen werden von der Behörde geprüft und bezüglich jeder einzelnen wird eine Stellungnahme erfolgen. Je mehr Einwendungen sie vortragen, umso mehr Gewicht hat daher auch ihr Schreiben, was für sie als Nachbar nur vorteilhaft sein kann.

1) Die Deklaration als Geräteschuppen ist verwunderlich, da drei Fenster und ein überdachter Balkon/Terrasse angebaut wurden, ein eigener Stromkasten wurde installiert.


Diesen Punkt sollten sie anführen. Die Bauweise spricht auf den ersten Blick gegen einen Geräteschuppen, insbesondere aufgrund der Terrasse. Da es sich daher um eine andere Gebäudeart zu handeln scheint, sind hierfür unter Umständen auch andere Voraussetzungen zu erfüllen, welche es seitens der Behörde zu prüfen gilt.

2) Während der Bauvorbereitungen wurde die Drainage und ein Sturmabfluss überhalb der Gärten verändert, sodass wir seither bei starkem Regen/im Frühjahr und Herbst stehendes Wasser in den Rasenflächen und Beeten hatten. Das war vor den Arbeiten nicht der Fall. (Die Naturschutzbehörde ist wohl auch involviert)

Diese Punkt sollte ebenfalls angemerkt werden.

Hintergrund dessen ist, dass das Eindringen von Wasser grundsätzlich zu den nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehrfähigen Immissionen gehört . Voraussetzung ist allerdings, dass die Beeinträchtigung nicht ausschließlich auf Naturkräfte zurückgeht. Eine Haftung kommt nach den meisten Nachbarrechtsgesetzen insbesondere dann zum Tragen, wenn aufgrund baulicher Veränderungen auf einem Grundstück mehr Wasser auf das Nachbargrundstück gelangt, als es ohne die Veränderung der Fall wäre.

Dies wäre in Ihrem Fall anzunehmen, sodass sie einen grundsätzlich einen Anspruch auf Beseitigung haben.


3) Die verbauten Fenster bieten direkten, vor uns geschützten EInblick in unser zuvor privates Schlafzimmer und Bett. Insbesondere in Hinblick auf einen möglichen Verkauf des Hauses ist das super ungünstig, weil man jetzt überhaupt keine Privatsphäre mehr hat.

Das Nachbarrechtsgesetz von Baden-Württemberg kennt in den §§ 3 und 4 zwar ein Fensterrecht, dem aber korrespondierend kein Lichtrecht gegenübersteht.

Bei Fenstern in Gebäudeaußenmauern, die sich innerhalb eines grenzseitigen Schutzstreifens von 1,80 m Tiefe befinden, ist das Fensterabwehrrecht dergestalt geregelt, dass der Grundstücksnachbar besondere bauliche Vorkehrungen verlangen kann, die einen Einblick in sein Grundstück verhindern (§ 3 Abs. 1 und 2 NRG). Dazu gehört, dass die Fenster verschlossen sein müssen und nicht geöffnet werden können und dass sie entweder mit ihrer Unterkante mindestens 1,80 m über dem Fußboden des zu erhellenden Raumes (also etwa in Mannshöhe) liegen oder undurchsichtig sein müssen. Mit Fenstern muss also entweder ein Mindestabstand zur Grenze von 1,80 m beachtet werden oder aber sie sind auf Verlangen des Nachbarn baulich so zu gestalten, dass durch sie ein Ausblick in das Nachbargrundstück nicht möglich ist. In diesem Fall dürfen sie auch näher an der Grenze liegen.

Der Fensterrechtsanspruch ist an eine Ausschlussfrist von zwei Monaten gebunden (§§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 2 NRG). Die Frist beginnt mit der sog. Angrenzerbenachrichtigung durch die zuständige Gemeinde (bei baugenehmigungspflichtigen Vorhaben) und im Übrigen dann zu laufen, wenn der Nachbar von dem Vorhaben Kenntnis erhält (im Allgemeinen ab dem Rohbau).

Hier kommt es daher darauf an, wann sie Kenntnis von der Lage der Fenster hatten und ob die 2 Monatsfrist bereits verstrichen ist.


4) Durch den anfahrbaren Bau haben wir plötzlich regelmäßigen Verkehr hinter dem Haus, wo vorher nur sehr sporadisch durchgefahren wurde.

Hierbei handelt es sich um einen Punkt, de angeführt werden kann, jedoch nicht besonders ausschlaggebend ist, da ein Nachbar sein Grundstück befahren darf wie er möchte.
Dennoch schadet es nicht, auch diesen Punkt anzuführen, um die durch das Gebäude entstandenen Belastungen hervorzuheben.

5) Durch die enorme Bauhöhe wird das Sonnelicht in der hinteren Ecke unseres Gartens blockiert, wo sich unser Himbeerbeet befindet (das klingt jetzt trivial, ist aber echt schade, die waren so gut).

Ein Lichtrecht ist im Nachbarrecht von Baden-Württemberg nicht geregelt. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält zudem in den §§ 903 ff. keine Regelung des Lichtrechts. Auch nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 862, 906, 1004 BGB kann weder der Einblick in das eigene Grundstück vom Nachbargrundstück aus, noch die Behinderung der Zufuhr von Licht und Luft durch grenznahe bauliche Anlagen verboten werden, da es sich hierbei nach der Rechtsprechung nur um sog. negative und nach § 906 BGB nicht abwehrbare Einwirkungen handelt.

Dies bedeutet, dass sie in Bezug auf diesen Punkt nur unter sehr engen Voraussetzungen einen Anspruch geltend machen könnten. Dies wäre der Fall, wenn ein Verstoß gegen das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis nachweisbar wäre nach § 242 BGB. Hierfür tragen sie die Beweislast.

Da zumindest ein solcher Verstoß nicht ausgeschlossen ist von vornherein, schadet es nicht, auch diesen Punkt anzuführen.

6) Insofern es sich bei dem Schuppen nun um eine landwirtschaftliche Einrichtung handeln soll (das hat der Leiter der städtischen Bauverwaltung anklingen lassen), so muss man sagen, dass nur reguläre Rasenmäher dort untergebracht waren, die vorher in seiner Garage standen. Eine Unterbringung für die nicht-eigenen Schafe, die ab und zu auf dem Grundstück grasen, wurde bereits anderswo errichtet.

Wie der Schuppen letztlich genutzt wird, ist der Entscheidung des Nachbarn überlassen, sofern keine Umwidmung stattfindet. Da laut ihren Aussagen jedoch Rasenmäher dort gelagert werden, ist eine solche Umwidmung, welche gegen einen Schuppen sprechen würde, nicht zu erkennen.


7) Es ist uns nicht hundertprozentig klar, dass der Bau innerhalb der Grundstücksgrenze steht und wir arbeiten noch an einer Vermessung. Ist das etwas, was die zuständige Baubehörde selbstständig prüft? Oder fällt das in unseren Zuständigkeitsbereich? Es wurde auch kein Abstand zur Grundstücksgrenze eingehalten

Machen sie geltend, dass der Bau nicht innerhalb der Grundstücksgrenzen liegt oder sie dies zumindest stark anzweifeln, so wird die Behörde diesem Vorbringen von sich aus nachgehen. Wichtig ist hierfür, dass die Behörde Kenntnis hiervon bekommt, sodass sie diesen Punkt unbedingt anführen sollten




Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass es sich hierbei lediglich um eine rechtliche Ersteinschätzung aufgrund der vorhandenen Angaben handelt und bereits geringe Abweichungen hiervon zu einer anderen rechtlichen Einschätzung führen können.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Jasmin Enzweiler

Rückfrage vom Fragesteller 5. Juli 2023 | 18:38

Sehr geehrte Frau Enzweiler,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort, insbesondere auch Ihre hilfreichen Kommentare zu den einzelnen Punkten. Ich hoffe, diese Rückfrage bewegt sich im Rahmen der Nachfragefunktion:

Sie schreiben, dass für die Fenster eine Frist von zwei Monaten gilt, ab Kenntnis/Rohbau, der ja vor der Angrenzerbenachrichtigung kam. Wir haben uns innerhalb dieser Frist an die Baubehörde gewandt, um uns nach der Baugenehmigung des Nachbars zu erkundigen, das liegt aber sicherlich schon länger als zwei Monate zurück. Durch welches Handeln unsererseits gilt die Frist denn als gewahrt? Oder mit anderen Worten: Was hätte ich innerhalb dieser Frist denn genau tun müssen? Könnte die Tatsache, dass die Angrenzerbenachrichtigung erst nach Fertigstellung des Rohbaus erfolgte, uns da retten?

Herzlichen Dank und viele Grüße!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. Juli 2023 | 19:16

Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, im dem sie von dem Umstand Kenntnis haben.
War ihnen erst bekannt, dass die Fenster dort sind nachdem sie den Bau gesehen haben, so gilt die Frist ab da.

War bereits vor Fertigstellung dies erkennbar, so hat dies die Friz bereits zum laufen gebracht .

Innerhalb von 2 Monaten nach dieser Kenntnis hätten sie die Fenster Rügen müssen bei der Behörde

ANTWORT VON

(138)

Wilhelmstraße 3
66663 Merzig
Tel: 068619932577
Web: https://rechtsanwaltskanzlei-enzweiler.de/
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Erbrecht, Mietrecht, Strafrecht, Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Zivilrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 118797 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER