Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten:
1. Allgemeine Voraussetzungen für die Einbürgerung
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG (Staatsangehörigkeitsgesetz) kann eine Einbürgerung bei einem rechtmäßigen, gewöhnlichen Aufenthalt von mindestens acht Jahren in Deutschland erfolgen – bei erfolgreichem Besuch eines Integrationskurses sogar bereits nach sechs Jahren (§ 10 Abs. 3 StAG).
Weitere Voraussetzungen sind insbesondere:
-unbefristetes Aufenthaltsrecht,
-eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts,
-ausreichende Deutschkenntnisse (B1-Niveau),
-Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung,
-keine schwerwiegende strafrechtliche Verurteilung (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG).
2. Vorstrafen und Einbürgerung
Entscheidend ist bei Ihrer Anfrage die Regelung des § 12a StAG. Dieser regelt, wann strafrechtliche Verurteilungen der Einbürgerung entgegenstehen:
„Eine Einbürgerung darf nicht erfolgen, wenn die betroffene Person wegen einer Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist und die Strafe nicht zu den nach § 12a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–4 StAG privilegierten Bagatellstrafen gehört."
Dabei gilt:
Bagatellgrenzen (§ 12a Abs. 1 StAG):
Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen insgesamt, oder
Freiheitsstrafe bis zu 3 Monate, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Diese dürfen bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen ausnahmsweise übersehen werden, sie führen also nicht zwingend zur Ablehnung der Einbürgerung.
3. Bewertung Ihrer konkreten Vorstrafen
Sie schildern:
2018: 30 Tagessätze Geldstrafe (fahren ohne Fahrerlaubnis)
→ innerhalb Bagatellgrenze
2019: Körperverletzung – 3 Monate Geldstrafe
→ wenn es sich um 90 Tagessätze oder weniger handelt → ebenfalls Bagatellgrenze
2021: 9 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung
→ nicht privilegiert nach § 12a StAG!
Die dritte Verurteilung ist daher ein Einbürgerungshindernis, da eine Bewährungsstrafe von 9 Monaten außerhalb der Bagatellgrenze liegt.
4. Tilgung und Relevanz für Einbürgerung
Auch wenn Ihre Verurteilungen nicht mehr im Führungszeugnis (§ 32 BZRG) erscheinen, sind sie weiterhin im Bundeszentralregister (BZRG) gespeichert und bei der Einbürgerungsbehörde gemäß § 41 BZRG einsehbar.
Die Einbürgerungsbehörde berücksichtigt alle noch nicht getilgten Einträge im Zentralregister (§ 12a Abs. 1 StAG i.V.m. § 51 BZRG). Die Tilgungsfristen betragen:
Für Freiheitsstrafen auf Bewährung über 3 Monate: 15 Jahre ab Rechtskraft (§ 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG)
Für Geldstrafen bis 90 TS: 5 Jahre
Tilgungseintritt nur, wenn in der Zwischenzeit keine neuen Straftaten begangen wurden.
→ Ihre Strafe aus 2021 wird voraussichtlich erst 2036 getilgt – somit ist sie bis dahin ein zwingendes Einbürgerungshindernis.
5. Ausnahmen möglich?
Nach § 12a Abs. 1 Satz 2 StAG können unter bestimmten Umständen auch Einbürgerungen mit Vorstrafen erfolgen, wenn ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung besteht oder besondere Härtefälle gegeben sind. Dies wird jedoch sehr restriktiv gehandhabt.
In Ihrem Fall – mit drei Verurteilungen, darunter eine erhebliche Bewährungsstrafe – bestehen realistisch gesehen derzeit keine Erfolgsaussichten auf eine Einbürgerung.
6. Was können Sie tun?
Warten, bis die Bewährungsstrafe getilgt ist (also frühestens ca. 2036),
Straffreies Verhalten in Zukunft nachweisen (wird bei jeder Einbürgerung nochmals geprüft),
7. Fazit
Die Einbürgerung ist in Ihrem Fall nach aktuellem Stand nicht möglich, da die Bewährungsstrafe aus 2021 mit 9 Monaten ein zwingendes Ausschlusskriterium nach § 12a StAG darstellt. Erst mit Tilgung dieses Eintrags kann ein neuer Antrag Aussicht auf Erfolg haben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Hagen Riemann
(Rechtsanwalt)
16. Mai 2025
|
14:21
Antwort
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