Sehr geehrte Ratsuchende,
gern beantworte ich Ihre Frage aufgrund der von Ihnen getätigten Angaben wie folgt.
Die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit müssen Sie nach mehr als 12 Monaten seit Ihrer Eigenkündigung nicht mehr befürchten. Ihr damaliges versicherungswidriges Verhalten wird als nicht mehr kausal für Ihre Arbeitslosigkeit angesehen.
https://www.arbeitsagentur.de/datei/fw-sgb-iii-159_ba015166.pdf
https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/sperrzeit-113-kausalitaet-des-verhaltens-zur-herbeifuehrung-der-arbeitslosigkeit_idesk_PI42323_HI8791011.html
Jedoch haben Sie ein anderes Problem.
Die Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III und § 142 SGB III innerhalb der Rahmenfrist (§ 143 SGB III) entgleitet Ihnen immer mehr.
Wenn sie sich heute persönlich arbeitslos (§ 141 SGB III) bei Ihrer örtlich zuständigen Agentur für Arbeit melden würden und Arbeitslosengeld beanspruchen, dann endet die berücksichtigungsfähige Rahmenfrist am 22.08.2019.
Die hier berücksichtigungsfähige Anwartschaft (§ 142 SGB III) als anspruchsbegründende Voraussetzung nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III beträgt hier folglich nur 496 Tage oder 16 Monate und 9 Tage.
Nach § 147 SGB III entsteht insoweit nur eine Anspruchsdauer von 8 Monaten bzw. 240 Tagen.
Wenn Sie sich am 01.01.2021 arbeitslos gemeldet hätten, wären Ihnen hingegen unter Berücksichtigung der Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen, die den Anspruchsbeginn entsprechend um 12 Wochen nach hinten verschoben hätte und den entstandenen Anspruch von 360 Tagen um ein Viertel gemindert (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III), ab dem 26.03.2021 ein Anspruch für die Dauer von 270 Tagen zur Verfügung gestanden.
Ich hoffe Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wehle
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Rechtsanwalt Andreas Wehle
Dankeschön Herr Wehle,
erinnerte mich gerade, dass ich mich auf Anraten des Betriebsrates am 2.1.2021 für einen Tag arbeitslos gemeldet habe. Man sagte mir, dass meine Ansprüche dadurch 4 Jahre lang bestehen bleiben .
Ist das so?
Stehen mir dann doch die von Ihnen errechneten 270 Tage zu?
Allerdings wusste ich nicht, dass meine, nach über 20 Jahren durchgängiger Anstellung, erworbenen Ansprüche um die 120 Tage Sperre gemindert werden.
Gab es schon ein Verfahren, in dem sich jemand erfolgreich dagegen gewehrt hat?
Vielen Dank auch für Ihren Nachtrag, Herr Wehle
Sehr geehrte Ratsuchende,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage aufgrund der von Ihnen getätigten Angaben wie folgt.
So Sie sich am 02.01.2021 arbeitslos gemeldet haben, ist hier ein Anspruch entstanden und der Eintritt der Sperrzeit mit den beschriebenen Folgen war festzustellen.
Nach § 161 Abs. 2 SGB III kann ein entstandener Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung 4 Jahre verstrichen sind. Insoweit kann ein alter noch nicht verbrauchter Anspruch innerhalb von 4 Jahren erneut unter den Voraussetzungen des § 137 SGB III beansprucht werden. Die Voraussetzung des § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III entfällt hierbei, der einst entstandene noch nicht verbrauchte und geminderte Anspruch ist wieder zu bewilligen.
Die Minderung erfolgt aufgrund der Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III.
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/BJNR059500997.html#BJNR059500997BJNG057600666
Es verbleiben Ihnen (so alles richtig gelaufen ist bei der Agentur für Arbeit (was ich stark bezweifle)), 270 Tage Restanspruch.
Ihre lange Zeit der versicherungspflichtigen Beschäftigung hat nichts mit der Minderung um 90 Tage (360/4=90) zu tun.
Mit dem Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung vom 24.03.1997 wurde diese Regelung damals als § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III in das Gesetz eingefügt.
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl197s0594.pdf%27%5D__1645525805704
Wenn der Eintritt einer Sperrzeit festgestellt wird, die übrigens nicht keineswegs von der Agentur für Arbeit verhängt wird (dazu fehlt es der Behörde an der Befugnis zur Strafzumessung), sondern diese tritt Kraft Gesetzes ein, wenn die im Gesetz beschriebenen Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt werden, kommt es zwingend auch zu einer Minderung des Anspruches auf Arbeitslosengeld entsprechend der gesetzlichen Regelung.
Ein Verfahren dagegen wäre insoweit aussichtslos.
Ich hoffe Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle
Rechtsanwalt /Aachen
Sehr geehrte Ratsuchende,
wenn Sie bereits am 01.01.2021 das 50. Lebensjahr vollendet hätten wäre sogar eine Anspruchsdauer von 450 Tagen entstanden, der wegen des Eintritts einer Sperrzeit den Anspruchsbeginn auch auf den 26.03.2021 verschoben worden wäre. Wegen der Minderung um ein Viertel, hätten Ihnen ab Anspruchsbeginn noch 337 Tage mit Anspruch auch Arbeitslosengeld zur Verfügung gestanden.
Mit freundlichen Grüßen
RA A. Wehle /Aachen