Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung dürfte in Ihrem Fall davon abhängen, ob Sie den Wohnraum „benötigen", wie es § 573 Absatz 2 Nr.2 BGB
vorschreibt. Von einem „benötigen" kann grundsätzlich dann ausgegangen werden, wenn der Vermieter die Wohnung nutzen will und dafür vernünftige und nachvollziehbare Gründe hat. Dies wurde von der Rechtsprechung bejaht beim Wunsch des Vermieters zur Verbesserung seiner Wohnverhältnisse (bisherige Wohnung zu klein/groß/teuer etc.). Auch wenn die bisherige Wohnung weniger günstig geschnitten ist oder zu weit vom Arbeitsplatz entfernt ist, wurde eine Eigenbedarfskündigung anerkannt. Insofern kommt es also allein darauf an, ob ein höchstpersönliches Interesse des Vermieters von nicht ganz geringem Gewicht vorliegt, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht und von dem Vermieter darzulegen und ggf. zu beweisen ist. Da Sie die Gründe für Ihren Umzug nicht genannt haben, lässt sich dies natürlich nicht abschließend beurteilen.
Fehlt es an solchen Gründen, können Sie ein Mietverhältnis über Wohnraum nur kündigen, wenn ein anderes berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 BGB
vorliegt, z.B. wenn Sie aufgrund der Vermietung an der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert werden (was bei einem Neukauf des Hauses für eigene Zwecke wohl nicht vorliegen wird) oder der Mieter seine vertraglichen Pflichten verletzt. Im letztgenannten Fall kommt auch eine außerordentliche Kündigung in Betracht, z.B. bei Verzug mit der Mietzinszahlung (§ 543 BGB
).
Solange sich die Mieterin aber vertragstreu verhält, dürfte es schwierig werden, den Mietvertrag zu kündigen, wenn kein ausreichender Eigenbedarf nachgewiesen werden kann. Es bliebe dann wohl nur die Möglichkeit, mit der Mieterin einen Aufhebungsvertrag zu schließen (z.B. gegen Zahlung einer Abfindung und/oder mit dem Angebot, für einen niedrigeren Mietzins in Ihr bisheriges Haus zu ziehen).
Die vorstehenden Ausführungen beziehen sich übrigens nur auf den Wohnraum. Für Geschäftsräume (Praxis) gelten diese Kündigungsschutzvorschriften nicht. Geschäftsräume können dem Gesetz nach jederzeit spätestens am dritten Werktag eines Quartals zum Ablauf des nächsten Quartals kündbar (§ 580a Absatz 2 BGB
), wenn es sich um ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit handelt und vertraglich keine abweichenden Kündigungsmodalitäten vereinbart wurden.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
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Rechtsanwalt Jan Wilking
vielen dank für die antwort.
der grund warum wir das haus wechseln würden ist, dass die lage besser ist und es uns von der art besser gefällt (altbau).
wenn ich den text richtig verstanden habe, reicht dies nicht für eine eigenbedarfskündigung da der soziale aspekt überwiegt. ist das richtig?
gruss
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Im Endeffekt ist es immer eine Einzelfallentscheidung und liegt insoweit im Streitfall im Ermessen der Richter. Grundsätzlich kann auch eine bessere Lage ausreichen, wenn dies nachvollziehbar begründet ist (z.B. bei besserer Verkehranbindung zur Arbeitsstelle, Schule der Kinder etc.). Reine "Luxuserwägungen" dürften aber leider nicht ausreichen, zumal die Mieterin schon 18 Jahre dort wohnt und auch Ihre Praxis dort hat.
Ich bedauere, Ihnen keine positivere Antwort geben zu können, hoffe aber dennoch, Ihnen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Jan Wilking