Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Anfrage via frag-einen-anwalt.
Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür angedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln.
Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Tatsachen kann die Beurteilung Ihres Anliegens völlig anders ausfallen.
Auf Grundlage Ihrer Angaben beantworte ich die Frage weiter wie folgt:
1)
Ein in einem Zivilprozess begangener (versuchter) Betrug, bei dem der Täter durch eine erschlichene gerichtliche Maßnahme sich oder einen anderen rechtswidrig auf Kosten der anderen Partei bereichern will, z.B. durch bewusst wahrheitswidriges Parteivorbringen, ist nach § 263 StGB
als "Prozessbetrug" strafbar.
Zunächst bleibt es Ihnen also unbenommen, gegen den Vermieter gemäß § 158 StPO
Strafantrag wegen dem Verdacht des Prozessbetruges zu stellen.
2)
Der Vermieter würde sich jedoch bei einer anstehenden Vernehmung durch die Polizei voraussichtlich damit herausreden, dass er zum Zeitpunkt des Mediation / Vergleichsabschlusses Eigenbedarf gehabt hat.
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens /Strafverfahrens wird die Staatsanwaltschaft Ihnen entstandene Vermögensnachteile nicht einfordern.
Hierfür müssten Sie unter Umständen erneut den Zivilrechtsweg beschreiten.
3)
Gemäß § 123 Abs. 1 BGB
kann derjenige, der durch arglistige Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, die Willenserklärung mit der Nichtigkeitsfolge des § 142 Abs. 1 BGB
anfechten.
Fraglich ist also, ob Sie den Vergleich mit der Begründung anfechten können, dass Sie während der Vergleichsverhandlungen arglistig getäuscht wurden.
" Darf der Mieter das Räumungsverlangen des Vermieters materiell für berechtigt halten, wird sein Schadensersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er - in der Vorstellung, zur Räumung des Mietobjekts verpflichtet zu sein - sich mit dem Vermieter auf eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses einigt."
So: BGH, Urteil vom 8. 4. 2009 - VIII ZR 231/07
Die erfolgreiche Anfechtung des Vergleiches hätte wohl zur Folge, dass das Verfahren vor dem Gericht fortgesetzt würde.
Eine Anfechtung des Vergleiches kommt also durchaus in Betracht.
Da seinerzeit eine pauschale Abgeltung Ihrer Umzugskosten in den Vergleich mit aufgenommen wurde stellt sich damit auch die Frage, in welcher Höhe mit dem Umzug Kosten angefallen sind und ob diese bei Wiederaufnahme des Verfahrens letztlich auch durchsetzbar wären.
Es kommen Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB
i. V. m. § 263 StGB
in Betracht.
Wie gesagt müssten Sie jedoch beweisen, dass Sie getäuscht wurden.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann.
Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Bei Übergabe der Wohnung hat der Bevollmächtigte unseres Vermieters mir noch zugerufen: "Wir haben sehr nette Mieter als Nachfolge für Sie gefunden.!"
Wie ist dies zu be- bzw. verwerten?
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für die Nachfrage, die ich wie folgt beantworte:
Der Zuruf bei Wohnungsübergabe war eine üble Provokation. Hinsichtlich der Frage, ob der Vermieter in betrügerischer Absicht gehandelt hat, ist weniger der Zeitpunkt der Wohnungsübergabe als vielmehr der Zeitpunkt der Vergleichsverhandlungen maßgebend.
Alles in allem spricht auch die Provokation bei Wohnungsübergabe als Indiz dafür, dass Sie vom Vermieter arglistig getäuscht wurden.
Ich verweise diesbezüglich insbesondere nochmals auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes:
" Darf der Mieter das Räumungsverlangen des Vermieters materiell für berechtigt halten, wird sein Schadensersatzanspruch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er - in der Vorstellung, zur Räumung des Mietobjekts verpflichtet zu sein - sich mit dem Vermieter auf eine einvernehmliche Beendigung des Mietverhältnisses einigt."
So: BGH, Urteil vom 8. 4. 2009 - VIII ZR 231/07
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kohberger
Rechtsanwalt