Sehr geehrter Ratsuchender,
ein Verhalten kann durchaus zwei Tatbestände verletzen.
Es stellt sich dann die Frage, ob Tateinheit oder Tatmehrheit gegeben ist. Hierzu bestimmen §§ 19 und 20 OwiG folgendes:
§ 19
Tateinheit
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Gesetze, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, oder ein solches Gesetz mehrmals, so wird nur eine einzige Geldbuße festgesetzt.
(2) Sind mehrere Gesetze verletzt, so wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das die höchste Geldbuße androht. Auf die in dem anderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen kann erkannt werden.
§ 20
Tatmehrheit
Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt.
Das "Halten und Parken" wird bundesrechtlich im § 12 StVO
erschöpfend geregelt.
Das Halten ist unzulässig an engen und unübersichtlichen Stellen.
Die Begriffe eng und unübersichtlich stehen alternativ nebeneinander. Es genügt daher die Erfüllung eines dieser Begriffe, um gegen die Vorschrift zu verstoßen.
Eng - ist eine Straße, wenn neben dem haltenden Fahrzeug der zur Durchfahrt freibleibende Raum nicht mindestens 3 m beträgt. Ist die Durchfahrbreite von mindestens 3 m durch das haltende Fahrzeug nicht gegeben, dann darf an dieser engen Stelle nicht gehalten werden, auch nicht kurzzeitig. Es stellt sich dann weniger die Frage, in welchem Eigentum die Wegverbreiterung steht, sondern wie weit diese dem öffentlichen Straßenverkehr gewidmet ist, wie sich die konkreten Straßeverhältnisse darstellen.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen ersten Überblick verschafft zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Ernst G. Mohr
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Mohr,
Vielen Dank für Ihren sehr allgemeinen Überblick, den ich durch Suchen im Internet bereits hatte. Die dafür relevanten Paragraphen des OwiG und der StvO konnte ich bereits auf entsprechenden Internetseiten nachlesen. Somit konnte mir die o.g. Antwort nicht weiterhelfen.
Nocheinmal meine Fragen:
Darf ein Ordnungsamt zu einer örtlich und zeitlich geleichen Tat, nach erfolgtem Widerspruch nocheinmal ihren Vorwurf "nachbessern" und ein zweites Verwarnungsgeld aussprechen ? (Getreu dem Motto, "Ach, beim ersten Schreiben haben wir (das Ordnungsamt) ja einen Fehler gemacht (Parken im "eingeschränkten Halteverbot" ist es ja wirklich nicht), nun nehmen wir halt "Parken an einer engen Stelle") ?
Die Antwort zur Frage, ob Tateinheit oder -mehrheit besteht, lautet "Tateinheit".
Und dieser Weg an der o.g. "engen Stelle" besteht aus einer Asphaltschicht + Randverbreiterung mit Rasengittersteinen (wenn ein Kfz dort parkt, sind eben 3,00 m Mindestdurchfahrtsbreite gegeben!) . Das Ordnungsamt maß jedoch NUR die Breite der Asphaltschicht (=1,67 m) OHNE die Randverbreiterung. Ist die Messung des Ornungsamtes korrekt ?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Es kommt darauf an, wie die Behörde inzwischen vorgegangen ist. Es stellt sich die Frage, ob ggf. ein Verfahrenshindernis der Doppelverfolgung vorliegt.
Ein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem wäre dann nicht gegeben,wenn die Behörde den ersten Bescheid wirksam zurückgenommen hat, was zur Folge hat, dass das Verfahren in den Stand vor Erlass des Bußgeldbescheides zurückversetzt wird und die Verwaltungsbehörde demzufolge einen neuen Bußgeldbescheid erlassen kann.
Eine Rücknahme wäre wohl grundsätzlich möglich, da die Bußgeldbehörde noch Verfolgungsbehörde ist. Nachdem gegen den Bescheid Einspruch eingelegt wurde, ist der erste Bußgeldbescheid auch noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Die Rücknahme ist dem Betroffenen grundsätzlich bekannt zu machen; hierzu reicht allein die Verfügung der Rücknahme in den Behördenakten nicht aus (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1986, 1505
). Eine Rücknahme des ersten Bescheides kann aber auch in der Zustellung des zweiten Bescheides gesehen werden. Dies wird in der Regel für ausreichend gesehen (vgl. hierzu auch Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Rdnr. 481 m.w.Nachw.; a.A. Kurz in KK-OWiG, 3. Aufl., § 65 Rdnr. 25). Es wird argumentiert: Werden nämlich Rücknahme des alten und Erlass des neuen Bußgeldbescheides in einer Urkunde zusammengefasst, so bringt die Verwaltungsbehörde durch diese Verfahrensweise regelmäßig ihren Willen zum Ausdruck, dass der zurückgenommene durch den neuen Bußgeldbescheid ersetzt werden soll (vgl. hierzu auch OLG Köln, NStZ-RR 1998, 374
). Die Aufhebung des ersten und der Erlass des neuen Bußgeldbescheids sind dann dergestalt miteinander verbunden, dass der Erlass des neuen Bußgeldbescheids nur wirksam werden konnte, wenn auch die Aufhebung des ersten Bußgeldbescheids wirksam wurde.
Es ist auch wohl nicht davon auszugehen, dass der neue Bußgeldbescheid lediglich aufgrund eines behördlichen Versehens erlassen worden ist, was gerade bei der Ahndung der massenhaft anfallenden Verkehrsordnungswidrigkeiten durchaus vorkommen kann. Ein derartiges Geschehen ließe nicht ohne Weiteres auf den Willen der Behörde schließen, den ursprünglichen Bescheid zu ersetzen.
Aber selbst wenn die Rücknahme des ersten Bußgeldbescheides bei Erlass des neuen Bescheids noch nicht wirksam gewesen sein sollte, fragt es sich, ob ein zur Nichtigkeit des zweiten Bußgeldbescheids führender Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem vorliegt. Es wäre dann zu prüfen, ob die Gefahr einer doppelten Verfolgung und Bestrafung wegen derselben Tat, gegen die der in Art. 103 Abs. 3 GG
normierte Grundsatz ne bis in idem schützen soll, ausgeschlossen ist. Auch dies sollte nähe geprüft werden.
Es kommt daher ganz entscheidend darauf an, wie de Behörde hier konkret vorgegangen ist. Auch sollte grundsätzlich aufgrund der in Verkehrsordnungswidrigkeitssachen geltenden kurzen Verjährung die Frage der Verjährung geprüft werden.
Die restliche Durchfahrsbreite beträgt zwar 3m, jedoch wird die konkrete Verkehrssituation nicht außer acht gelassen werden dürfen, insbesondere, wie weit die Verkehrsflächen dem öffentlichen Straßenverkehr gewidmet sind bzw. wie die konkreten Straßenverhätnisse aussehen.
Mit freundlichen Grüßen
Rectsanwalt Ernst G. Mohr