Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, welche ich - die Richtigkeit Ihrer Angaben vorausgesetzt - anhand der von Ihnen gemachten Angaben gerne wie folgt summarisch beantworten möchte:
Frage 1:
Eine Strafbarkeit nach § 184 StGB
scheidet aus. Zum einen ist es fraglich, ob der Inhalt der Texte bereits eindeutig die Grenze zur „Pornographie“ - meist definiert als vergröbernde Darstellung sexuellen Verhaltens im weiteren Sinne unter weitgehender Ausklammerung emotional-individualisierender Bezüge, die den Menschen zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung macht - überschreitet. Zum anderen hat der Hinweisgeber keine Schriften „verbreitet“. Das Gespräch mit den sexuellen Inhalten wurde nach Ihrer Darstellung eindeutig vom Gesprächspartner X „angestoßen“, der Hinweisgeber Y hat lediglich kurz, knapp und mit moralisch erhobenem Zeigefinger geantwortet.
Frage 2:
Abgesehen davon, dass bereits kein Straftatbestand erfüllt ist, setzen sämtliche Straftatbestände der §§ 177ff. StGB
- auf diese kommt es Ihnen offensichtlich an - Vorsatz voraus. Daher liegt eine fahrlässige Begehung nicht vor.
Frage 3:
Dass der X minderjährig gewesen sein mag, spielt bei der rechtlichen Beurteilung keine Rolle. Es gibt keinen Tatbestand, nach dem es strafbar wäre, einen Minderjährigen über seine sexuellen Erfahrungen zu befragen. Im Übrigen hätte der Hinweisgeber ohnehin ohne Vorsatz gehandelt, da er aufgrund des Profils von einer Volljährigkeit ausgegangen ist.
Frage 4:
Die §§ 145d
, 164 StGB
sind nicht einschlägig, da zum einen der Hinweis nicht bei einer „Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle“ gemacht wurde und zum anderen der Hinweisgeber nach Ihrer Darstellung nicht „wider besseres Wissen“ falschen Angaben gemacht hat, sondern in redlicher Vermutung vom Vorliegen einer Straftat ausgegangen ist. Dass sich eine Tat bei der rechtlichen Würdigung nicht als strafbar herausstellt, begründet eine Strafbarkeit nach den §§ 145d
, 164 StGB
so lange nicht, wie der Hinweisgeber keine falschen Tatsachenangaben macht. Der Hinweisgeber hat ja gerade den Chat so wie er sich abgespielt hat weitergegeben. Andere Vorschriften, nach denen der Hinweisgeber strafrechtlich belangt werden könnte, sind nicht ersichtlich.
Frage 5:
Sollte der Hinweisgeber als Zeuge einer Straftat in Betracht kommen, so ist es den Strafverfolgungsbehörden durchaus gestattet, die Provider anzuschreiben und anhand der IP die Nutzerdaten und Personalien des Hinweisgebers in Erfahrung zu bringen. In den meisten Fällen arbeiten die Provider hier problemlos mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen.
Frage 6:
Im Wesentlichen wurde diese Frage schon in der Antwort zu Frage 1 behandelt. Den Begriff „cybersex“ gibt es in einer strafrechtlichen Wertung nicht. Eine Strafbarkeit nach § 176 StGB
ist ebenfalls nicht ersichtlich, da die Nichte - so verstehe ich dies - bereits 32 Jahre alt ist. Täter des § 176 StGB
wäre hier ohnehin nur der Gesprächspartner X gewesen und nicht der Hinweisgeber Y.
Um es kurz zu machen: anstelle des Y würde ich mir keine Sorgen vor strafrechtlicher Verfolgung machen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Prüfung der Rechtslage eine erste rechtliche Orientierung vermittelt zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern ausschließlich dazu dient, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Sofern Sie eine abschließende Beurteilung Ihres Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
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