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Bewertung/Review Arbeitszeugnis

| 19. März 2021 19:43 |
Preis: 60,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Andreas Fischer

Zusammenfassung

Es geht hier um arbeitsrechtlich geforderte Mindesteinhalte in einem Arbeitszeugnis und um die Bewertung von Textpassagen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute habe ich nach meinem Ausscheiden aus dem Betrieb nach 11-monatiger Tätigkeit mein Arbeitszeugnis erhalten. Geschrieben wurde das Zeugnis von meiner Vorgesetzten. Angemerkt sei, dass ich als Arzt in einem Krankenhaus arbeite. Im nächsten Monat trete ich ein neues Arbeitsverhältnis in einer neuen Klinik an, das Ausscheiden von der alten Arbeitsstelle erfolgte im Einvernehmen mittels Aufhebungsvertrag.

Ich bitte nun um Bewertung des Zeugnisses:

[Einleitung]
[Tätigkeitsbeschreibung]
[Zusammenfassung und fachliche Beurteilung]:

Herr [xxx] hat während seiner kurzen [xxx] Weiterbildung an der Klinik für [xxx] im Klinikum [xxx] gute Kenntnisse in der Diagnose, Differentialdiagnose u. Therapie bei Erkrankungen der [xxx] erworben. Er ist in der Lage, dieses fachspezifische Wissen in gute Arbeit umzusetzen.
Herr [xxx] ist ein gewissenhafter u. verantwortungsbewusster Arzt, der sich für die Belange der ihm anvertrauten Patienten mit großem persönlichen Engagement, Fürsorge u. Einfühlungsvermögen einsetzt.
Wir danken Herr [xxx] für die in unserer Abteilung geleistete Mitarbeit und wünschen Ihm für seine berufliche und persönliche Zukunft alles Gute und viel Erfolg.

[xxx], den 31.03.2021
[Ende]

Ich hatte ein bisschen im Internet recherchiert und bzgl. dem Wort Einfühlungsvermögen geradezu vernichtende Aussagen gefunden. Während meiner Tätigkeit habe ich mir in dem Sinne nichts zu Schulde kommen lassen. Angemerkt sei außerdem, dass ich in einer sehr kleinen Abteilung arbeite, und die Bewertungen im medizinisch-pflegerischen Bereich/Kontext stehen.

Ich bedanke mich im vorraus für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Bewertung des Zeugnisses: So nicht akzeptabel. Ein einziger Satz stellt unproblematisch keine angemessen Beurteilung dar.

Die Tatsache, daß Sie in einer kleinen Abteilung arbeiten, oder die Kürze der Anstellungsdauer, spielt dabei keine Rolle.

Im Einzelnen:

[Einleitung]
[Tätigkeitsbeschreibung]
[Zusammenfassung und fachliche Beurteilung]:

Leistungsbewertung

Herr [xxx] hat während seiner kurzen [xxx] Weiterbildung an der Klinik für [xxx] im Klinikum [xxx] gute Kenntnisse in der Diagnose, Differentialdiagnose u. Therapie bei Erkrankungen der [xxx] erworben. Er ist in der Lage, dieses fachspezifische Wissen in gute Arbeit umzusetzen.

Prüfvermerke dazu

Vorbemerkung

Welche Grundelemente ein qualifiziertes Arbeitszeugnis genau enthalten muss, ist in der deutschen Rechtsprechung in den einzelnen Punkten in der Rechtsprechung umstritten. Vgl. beispielsweise das sorgfältig begründete Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm vom 27. April 2000, (Aktenzeichen Az. 4 Sa 1018/99), dort Randziffer (Rz). 121 ff. mit tieferer Gliederung in Rz. 147 ff. und weiteren Nachweisen.

Nicht in jedem Zeugnis müssen alle Gesichtspunkte ausführlich enthalten sein, sondern sie können auch zusammengefasst werden. Die Art der Beschäftigung und die Beschreibung des Aufgabengebietes gehen meist ineinander über. Gleiches gilt im Regelfall auch für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit und des Sozialverhaltens. Auch kann sich z.B. eine Gesamtbewertung über Führung und Leistung verhalten.

Als allgemein anerkannte Bewertungskriterien ist u.a. der Grundsatz der Vollständigkeit des Zeugnisses zu erwähnen, vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 12.08.2008 (Az. 9 AZR 632/07). Zu erwartende Inhalte müssen angegeben werden. Das Zeugnis muss zudem wohlwollend sein, vgl. BAG, Urteil vom 18. November 2014 - 9 AZR 584/13 – dort Rn. 19.


Bewertung der genannten Textpassage (ist das wirklich alles oder haben Sie Teile weggelassen?)

"Herr [xxx] hat während seiner kurzen [xxx] Weiterbildung an der Klinik für [xxx] im Klinikum [xxx] gute Kenntnisse in der Diagnose, Differentialdiagnose u. Therapie bei Erkrankungen der [xxx] erworben. Er ist in der Lage, dieses fachspezifische Wissen in gute Arbeit umzusetzen."

Prüfvermerk Bewertung: Schulnote befriedigend (3). Kein Superlativ, "gut" aber ohne Verstärker. Es handelt sich um den Textbaustein, der in der Regel zum Punkt Weiterbildung nach den Fachkenntnissen erwähnt wird.

"Herr [xxx] ist ein gewissenhafter u. verantwortungsbewusster Arzt, der sich für die Belange der ihm anvertrauten Patienten mit großem persönlichen Engagement, Fürsorge u. Einfühlungsvermögen einsetzt."

Prüfvermerk Bewertung:

Den dürftigen einzigen Satz isoliert bewertet ergäbe sich die Schulnote: befriedigend (Schulnote 3) .

Es sind in dem „Einzelsatz" kein Superlativ vorhanden und auch kein Verstärker.

Der „Einsatz mit großem persönlichem Engagement" entbehrt für die Notenstufe „gut" eines Verstärkers. Daher dürfte die Gesamtbenotung in dem Einzelsatz um die Note 3 liegen.

Mit Bezug auf das oben zitierte Urteil fehlt jedoch für eine echte Bewertung zwingend eine Mindestgliederung in die folgenden Punkte:

Arbeitsbefähigung (Können)

Arbeitsbereitschaft (Wollen)

Arbeitsvermögen (Ausdauer)

Arbeitsweise (Einsatz)

Arbeitsergebnis (Erfolg)

Arbeitserwartung (Potential)

Herausragende Erfolge oder Ergebnisse (notwendig für Schulnote „sehr gut")

Zusammenfassende Leistungsbeurteilung - fehlt

Führungsleistung (nur bei Führungskräften) – fehlt (kann Ihren Angaben nicht entnommen werden)


Verhaltensbeurteilung

Vertrauenswürdigkeit

Verantwortungsbereitschaft

Sozialverhalten

(Zusammenfassende Führungsbeurteilung)

Verhalten zu Vorgesetzten - fehlt

Verhalten zu Gleichgestellten - fehlt

Verhalten zu Untergebenen - fehlt

Verhalten zu Dritten (Kunden, Patienten) - fehlt

Prüfvermerk: Da die Auslassungen jeweils mit der Schulnote 6 (ungenügend) zu verstehen sind, liegt in Wahrheit insgesamt dennoch eine Bewertung der Leistung und des Sozialverhaltens mit der Schulnote 6 (ungenügend) vor.

Beendigungsmodalität

(bei Schlußzeugnis)


Schlußformel

Wir danken Herr [xxx] für die in unserer Abteilung geleistete Mitarbeit und wünschen Ihm für seine berufliche und persönliche Zukunft alles Gute und viel Erfolg.
Prüfvemerk: Es fehlen „Bedauern" sowie Gesamtnote
[xxx], den 31.03.2021
[Ende]

Prüfvermerke: Die erwähnten Punkte in der Bewertung fehlen komplett. Führungsaufgaben werden nicht erwähnt, keine Hervorhebungen der Leistungen.

Weder eine zusammenfassende Beurteilung der Leistung ist erkennbar und auch das Sozialverhalten (besonders wichtig die Reihenfolge) wird nicht bewertet.

Nach dem Dank kommt eigentlich der Punkt „Bedauern" und eine bewertende Geamteinschätzung des Mitarbeiters. Dieser Punkt ist allerdings isoliert nicht einklagbar.

Tipps zum weiteren Vorgehen:

Entwickeln Sie Eskalationsstufen.

Suchen Sie ein freundliches Vorgespräch. Wenn das scheitert:

Setzen Sie zunächst dem Arbeitgeber zunächst kurze Fristen zur Zeugniskorrektur mit der Ankündigung, dann rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen.

Hilfreich ist es u.U., einen eigenen Entwurf vorzulegen, weil es hier offensichtlich an den notwendigen arbeitsrechtlichen Grundkenntnissen fehlt.

Wenn der Arbeitgeber / Vorgesetzte nicht kooperativ ist, sollten Sie kurzfristig Klage auf Zeugnisberichtigung beim Arbeitsgericht einreichen.

Bitte Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag beachten.

Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers in Verbindung mit § 630 BGB. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei allen Maßnahmen auf das Wohl und die berechtigten Interessen seiner Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen.

Ende der Bewertung des Arbeitszeugnisses

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 19. März 2021 | 21:58

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