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Betriebliche Altersvorsorge - vorzeitige Abfindung aufgrund Geringfügigkeit

7. Februar 2025 09:33 |
Preis: 60,00 € |

Versicherungsrecht, Privatversicherungsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, sehr geehrte Frau Rechtsanwältin,

ich habe zwei bAV-Verträge bei einer Versicherungsgesellschaft.
Vertrag 1 entstand aus einem transferierten Guthaben einer bAV bei einer anderen Versicherungsgesellschaft von einem vorherigen Arbeitgeber und hat aktuell eine monatliche Rentenanwartschaft i.H.v. 27,79 EUR
Vertrag 2 wurde über den aktuellen Arbeitgeber abgeschlossen, aufgrund von Kündigung allerdings ruhend gestellt und weist eine monatliche Rentenanwartschaft i.H.v. 19,47 EUR aus.
Beide Verträge erreichen nicht die Geringfügigkeitsgrenze und daher wollte ich beide Verträge vorzeitig abfinden lassen.
Die Versicherungsgesellschaft verweigert allerdings die Abfindung, da die Versicherungsgesellschaft die beiden Verträge (unterschiedliche Tarifbezeichnungen) zusammenrechnet und somit die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wäre.
Ist das Vorgehen der Versicherungsgesellschaft korrekt?

7. Februar 2025 | 10:29

Antwort

von


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Im vorliegenden Fall kommen grundsätzlich die Regelungen aus § 3 BetrAVG zur Anwendung, wonach die Abfindung von Anwartschaften – nämlich die Auszahlung eines Rückkaufswertes – nur in sehr eingeschränktem Umfang möglich ist. Insbesondere sieht das Gesetz vor, dass Anwartschaften, die nur einen geringen monatlichen Rentenanspruch darstellen (in der Regel bis zu 1 % der Bezugsgröße oder deren entsprechende Regelung bei Kapitalleistungen), grundsätzlich abfindbar sind.

Gesamtrechnung der Anwartschaften
Die Versicherungsgesellschaft vertritt den Standpunkt, dass sie die beiden unterschiedlichen Verträge (unabhängig von den vertraglich verwendeten Tarifbezeichnungen) miteinander zu addieren hat, sodass sich aus der Summe beider Anwartschaften eine höhere monatliche Leistung ergibt als es die Geringfügigkeitsgrenze zulässt. Konkret ergibt sich aus Ihren Angaben:

Vertrag 1: 27,79 EUR monatliche Rentenanwartschaft
Vertrag 2: 19,47 EUR monatliche Rentenanwartschaft
Gesamtsumme: 27,79 EUR + 19,47 EUR = 47,26 EUR

Auch wenn beide Verträge einzeln betrachtet die Grenze für eine Abfindung nicht erreichen, kann es – soweit die vertraglichen oder tariflichen Regelungen der Versicherung dies vorsehen – zulässig sein, die Anwartschaften zusammenzurechnen.

So eine Aggregierungsregelung ist nicht unüblich, wenn beide Verträge demselben Versicherungsunternehmen zuzurechnen sind und der Zweck darin besteht, den Gesamtschutzanspruch bzw. die Versorgungsleistung in einer einheitlichen Berechnungsgrundlage zusammenzufassen. Allerdings muss es hier eine Regelung dazu geben. Tarifvertrag, Versicherungsbedingungen. Lassen Sie sich diese Regelung zeigen! Das Argument "wir machen das immer so", funktioniert nur wenn es eben eine solche Regelung gibt! Ansonsten sind und bleiben es 2 Verträge!

Rechtliche Würdigung
Gemäß dem dargestellten Sachverhalt gilt:

Zulässigkeit der Zusammenrechnung:
Die Versicherungsgesellschaft kann prüfen, inwieweit die tariflichen Vertragsbedingungen – auch bei unterschiedlichen Tarifbezeichnungen – eine Zusammenrechnung vorsehen. Falls vertraglich vorgesehen ist, dass die bestehenden Anwartschaften eines Versicherungsnehmers in Summe betrachtet werden, um zu beurteilen, ob die Grenze für eine abfindungsfähige Bagatellanwartschaft überschritten wird, ist deren Berechnung nachvollziehbar. > Nachweis bzgl. Regelung anfordern s.o. (sonst geht das nicht!)

Geringfügigkeitsgrenze:
Die Abfindungsregelung nach § 3 BetrAVG richtet sich – zumindest in der Praxis – nach der Höhe der abzurufenden Rentenleistung. Überschreitet die zusammengerechnete Leistung den verhältnismäßig vereinbarten Geringfügigkeitswert, so besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine gesonderte, einmalige Abfindung.

Zusammenfassende Bewertung
Unter der Annahme, dass in den Versicherungsbedingungen bzw. im entsprechenden Tarif festgelegt ist, dass bei mehreren Verträgen desselben Versicherungsnehmers eine Gesamtrechnung stattfindet, ist das Vorgehen der Versicherungsgesellschaft – also das Zusammenführen beider Verträge zur Prüfung der Geringfügigkeitsgrenze – rechtlich vertretbar, wenn man Ihnen eine Rechtsgrundlage vorlegt (s.o).

Das bedeutet, wenn die vertragliche Vereinbarung sowie die tarifliche Auslegung eine Aggregierung der einzelnen Anwartschaften vorsehen, liegt das Vorgehen der Versicherung im Rahmen der vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen.

Aus den uns vorliegenden Informationen wird somit ersichtlich, dass die Versicherungsgesellschaft mit der Zusammenrechnung der beiden Anwartschaften und der damit verbundenen Ablehnung einer vorzeitigen Abfindung, sofern die aggregierte Anwartschaft den abfindungsfähigen Höchstwert überschreitet, korrekt handelt.


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