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Beleidigung am Arbeitsplatz ohne Zeugen

26. Oktober 2022 18:32 |
Preis: 30,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Sehr geehrte Damen und Herren RA,

würde ein Arbeitsrichter einer Kündigung oder Abmahnung zustimmen, wenn es eine Beleidigung am Arbeitsplatz gab, wo nur der Beleidigte und der Beleidiger (also keine weiteren Zeugen ) anwesend waren?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Leider teilen Sie nicht mit, wer wen wann wie und warum beleidigt haben soll. Das wäre aber sehr wichtig fûr das Arbeitsgericht und die Wirksamkeit einer Abmahnung und erst Recht einer Kündigung.

Gem. § 626 Abs. I BGB kann ein Ar­beits­verhält­nis aus wich­ti­gem Grund fristlos, d.h. oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses selbst bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann.

Der Sach­ver­halt muß zunächst oh­ne sei­ne be­son­de­ren Umstände „an sich" und da­mit ty­pi­scher­wei­se als wich­ti­ger Grund ge­eig­net sein.

Un­ter Berück­sich­ti­gung kon­kre­ter Umstände des Einzelfalls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le muß es dem Kündi­gen­den unzumutbar sein, die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist abzuwarten.

­Ein wich­ti­ger Grund kann ne­ben der Ver­let­zung ver­trag­li­cher Haupt­pflich­ten auch die schuld­haf­te Ver­let­zung von Ne­ben­pflich­ten „an sich" ge­eig­net sein, ei­ne frist­lo­se Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Dazu gehört die Pflicht der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en zur Rück­sicht­nah­me auf die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen des je­weils an­de­ren Teils (§ 241 Abs. II BGB).

Da­nach haben Ar­beit­neh­mer ihre Ar­beits­pflich­ten so zu erfüllen und die im Zu­sam­men­hang mit dem Ar­beits­verhält­nis ste­hen­den In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers so zu wah­ren, wie dies von ihnen un­ter Berück­sich­ti­gung ihrer Stel­lung und Tätig­keit im Be­trieb, ihrer ei­ge­nen In­ter­es­sen und der In­ter­es­sen der an­de­ren Ar­beit­neh­mer des Be­triebs nach Treu und Glau­ben ver­langt wer­den kann.

Gro­be Be­lei­di­gun­gen des Ar­beit­ge­bers, sei­ner Ver­tre­ter und Re­präsen­tan­ten wie Vorgesetzte oder von Ar­beits­kol­le­gen beinhalten in die­sem Sin­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zungen.

Das gilt ent­spre­chen­d für die Verbreitung be­wusst un­wah­rer Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen über den o.g. Personenkreis (üble Nach­re­de), bezüglich der man sich nicht auf das Recht auf freie Mei­nungsäußerung aus Art. 5 Abs. I GG be­ru­fen kann
[BVerfG Urteil vom 25.10.2012
(Az.: 1 BvR 901/11) Rn. 19].

Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen, sind aber von ­Wert­ur­teilen abzugrenzen, die in den Schutz­be­reich des Rechts auf Mei­nungs­frei­heit fal­len, soweit sie nicht die Rechte Dritter in deren persönli­chen Eh­re tangieren.

Die arbeitsver­trag­li­che Nebenpflicht zur Rück­sicht­nah­me muss ih­rer­seits un­ter Be­ach­tung der Be­deu­tung des Grund­rechts der Mei­nungs­frei­heit gebühren­de Be­ach­tung ge­schenkt wer­den, und umgekehrt.

Bloße For­mal­be­lei­di­gungen oder Schmähkri­tik sind von der Mei­nungs­frei­heit re­gelmäßig nicht gedeckt
[BVerfG, Urteile vom 08.05.2007 (Az.: 1 BvR 193/05) Rn. 23; vom 10.10.1995 (Az.: 1 BvR 1476/91) C III 2 der Gründe; BVerfGE 93, 266].

Sie müssen also immer damit rechnen, dass ein Arbeitsgericht davon ausgehen will, bei den Äußerun­gen der „Beleidiger" ha­be es sich um ei­ne vom Grund­recht der Mei­nungs­frei­heit geschütz­te Mei­nungsäußerung ge­han­delt.

Dann verlieren Sie als Arbeitgeber den Prozess.

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT Urteil vom 18.12.2014 (Az.: 2 AZR 265/14)
Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt
(Az.: 7 Sa 444/12) vom ArbG Erfurt.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 27. Oktober 2022 | 11:37

Sehr geehrter Herr RA ,

vielen Dank für die ausführliche Antwort aber meine Frage ist damit leider nicht beantwortet. Ich habe vor , aufgrund einiger Missstände in meinem Unternehmen, ein Gespräch unter Vier Augen (also ohne Zeugen) mit einem Kollegen und ein weiteres Gespräch unter Vier Augen (also ohne Zeugen) mit meinem Vorgesetzen zu führen. Es spielt daher erstmal keine Rolle, ob eine mögliche Beleidigung von mir ausgehen würde oder ich von dem Kollegen oder dem Vorgesetzen beleidigt würde, da es ja das selbe wäre und daher irrelevat für die Frage ist. Jeder ist ja vor dem Gesetz gleich.


Mit geht es einzig und allein darum :

1 Fall Würde jeder Arbeitsrichter meine Klage gegen den Beleidiger einstellen (müssen) ,weil keine Zeugen das bestätigen und beweisen könnten ?

2 Fall Sofern ich den Kollegen oder Vorgesetzen beleidigen würde und abgemahnt oder gekündigt würde. Würde jeder Richter meine Abmahnung oder Kündigung einstellen (müssen) weil keine Zeugen das bestätigen und beweisen könnten ?

Ich hoffe ,ich konnte meine Frage Ihnen nochmal verdeutlichen. Falls nicht können Sie gerne nochmal nachfragen.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 27. Oktober 2022 | 12:09

Nein, Sie haben Ihre Frage leider nicht verdeutlicht, da der Sachverhalt nach wie vor fehlt.

Aber offensichtlich haben Sie ja auch erst vor, in persönlichen Gesprächen unter 4 Augen Beleidigungen zu verteilen oder die Sorge, dass SIE in den Gesprächen beleidigt werden.

Ohne Beweise kann keine Verurteilung aber nicht erfolgen. Das gilt für und gegen Sie bzw. den potentiellen Kläger.

Allerdings ist der Beleidigte in einem Strafverfahren Zeuge und da könnte es durchaus sein, dass eine Verurteilung erfolgt. Die hätte dann ggf. sogar Einfluss auf ein Arbeitsgericht bzw. könnte eine Verdachts- oder Druckkündigung zur Folge haben.

Auch das Verwenden von „Hilfsmitteln" ist ggf. strafrechtlich relevant, in jedem Fall aber datenschutzrechtlich DS-GVO.

Ich empfehle Ihnen dringend eine ausführliche Beratung

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