Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Mit der Einstellung Ihres Mannes und dem damit verbundenen Abschluss des Arbeitsvertrages hat die Insolvenzverwalterin eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Ziffer 1 InsO
begründet. Somit haftet die Masse für die Verbindlichkeiten aus diesem Arbeitsvertrag nach § 53 InsO
. Insoweit besteht eine Privilegierung gegenüber einfachen Insolvenzgläubigern.
Für die Befriedigung der Masseverbindlichkeiten haftet der Insolvenzverwalter nach § 61 persönlich. Dies gilt aber nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit für die Masse – hier dem Neuabschluss des Arbeitsvertrages – nicht erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich nicht zur Erfüllung ausreichen wird. Insoweit kann sich die Verwalterin also der Haftung entziehen, wenn sie nachweisen kann, dass die Nichterfüllung nicht erkennbar war. Dieser Nachweis obliegt der Verwalterin. Aufgrund der oftmals gegebenen Unwägbarkeiten und Unübersichtlichkeit eines Insolvenzverfahrens wird dies regelmäßig gelingen. Haftungsfälle auf der Grundlage von § 61 InsO
sind daher eher selten.
Die Haftung nach § 61 InsO
erfährt noch eine weitere Einschränkung. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 InsO
bewirkt eine Rangrückstufung der bis dahin entstandenen sonstigen Masseverbindlichkeiten, gegenüber denjenigen Verbindlichkeiten die erst nach Anzeige begründet werden. Mit Anzeige der Masseunzulänglichkeit sind daher auch Leistungsklagen der Altmassegläubiger (vor Anzeige) darunter fällt auch Ihr Mann, unzulässig. Sie können also nicht mehr klagen. Durch die Anzeige der Masseunzulänglichkeit tritt die Rechtsfolge des § 209 InsO
ein, so dass eine Altmasseverbindlichkeit erst im Rang nach einer Neumasserverbindlichkeit zu befriedigen ist und zwar quotal. Somit ist gewissermaßen die Haftung nach § 61 InsO
ausgehebelt, denn die Befriedigung erfolgt nach § 209 InsO
, also quotal und damit befriedigt der Verwalter ja gesetzlich ordnungsgemäß und haftet somit nicht.
Die Verwalterin hat den Vertrag vorliegend nicht gekündigt. Sie hat den Betrieb eingestellt. Der Anspruch auf Arbeitslohn als Altmasseverbindlichkeit besteht fort, wird aber ggfls. nur quotal befriedigt werden.
Insolvenzgeldanspruch besteht hier nicht. Nach § 183 Sozialgesetzbuch III besteht Anspruch auf Insolvenzgeld für Arbeitnehmer deren Arbeitgeber in Insolvenz geht und die für die letzten 3 Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch Anspruch auf Arbeitsentgelt haben.
Sie können daher nur hoffen, dass aus dem Forderungseinzug so viel Masse generiert werden kann, dass auch die Altmasseverbindlichkeiten bedient werden können. Die Aufnahme einer Tätigkeit im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ist stets risikobehaftet.
Sehr geehrter Herr Meivogel,
erst einmal vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
zu Ihrem Passus:
"Mit Anzeige der Masseunzulänglichkeit sind daher auch Leistungsklagen der Altmassegläubiger (vor Anzeige) darunter fällt auch Ihr Mann, unzulässig. Sie können also nicht mehr klagen."
Die Anwältin hat am 21.07. die Masseunzulänglichkeit beim Amtgericht angezeigt. Am 20.07. habe ich per Einschreiben und Fax eine Aufforderung zur Zahlung des Lohnes für Juni und Juli unter Fristsetzung gestellt. Da dies vor dem 21.07. geschah, wäre dadurch die Möglichkeit einer Klage gegeben oder spielt das in dem Fall gar keine Rolle mehr, da die Forderung vor der Masseunzulänglichkeitsanzeige entstanden ist!?
Vielen Dank
Schmidt
Sehr geehrte Fragestellerin,
die Erhebung einer Klage durch einen Altmassegläubiger gegen die Verwalterin ist nicht mehr möglich. Durch die Anzeige ergeben sich die Rechtsfolgen des § 209 InsO
, also ggfls. bei ausreichender Masse eine quotale Befriedigung. Damit ist keine Möglichkeit mehr gegeben die Befriedigung zu verlangen.
Leider bleibt Ihnen nur abzuwarten ob sich genügend Masse ergibt.