Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Bauverzögerung, Ignoranz der Kundenwünsche, Versagen der Gewährleistung,

8. Mai 2024 21:50 |
Preis: 66,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Zusammenfassung

Es geht um die Gewährleistungsrechte und den sog. Bauverzögerungsschaden im Werkvertragsrecht.

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen eines Bauvorhabens eines Zweifamilienhauses mit einem Generalunternehmer wurde der Elektro Fachbetrieb E. mit der Installation der Hauselektrik beauftragt. Zu der im Verbraucherbauvertrag beschriebenen Elektroinstallation gab es mit E. direkt vereinbarte Aufbemusterungen wie zusätzliche Netzwerkdosen, Steckdosen, Umlegen von Schaltern, zusätzliche Leerdosen, zusätzliche Lichtauslässe, PV Anschluss, KNX Bus Vorbereitung, Garagenstromkabel, Gartenstromkabel, zusätzliche Lichtauslässe für Spots, zusätzliche Dachuntersichtspots. Diese Leistungen wurden auch direkt von E. mit uns abgerechnet und gingen nicht über den Generalunternehmer.

Im Rahmen der Ausführung der Arbeiten kam es zu zahlreichen Missständen durch E. Dazu gehört eine nicht exisitierende Bereitschaft zur Kommunikation. Jegliche durch uns unternommene Versuche mit E. zu kommunizieren, um Dinge zu klären oder zu besprechen wurden durch E. unterbunden. Alle Wege der Kommunikation per email, Telefon, WhatsApp, Brief, persönlicher Besuch im Betrieb wurden geblockt. Schriftliche Ersuche wurden schlicht nicht beantwortet. Verbale Kontaktversuche wurden umgehend beendet mit dem Hinweis auf eine Kontaktaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt, die aber nie erfolgte.

1.) Wann ist eine Wartezeit auf den Handwerker nicht mehr zumutbar ?
Die Vort-Ort Besichtigung mit E. war am 03.02.2023. Zu diesem Zeitpunkt war der Rohbau bereits im fertigen Zustand, so dass die Elektroinstallation möglich war. Da E.'s Betrieb nur 1km vom Bauvorhaben entfernt ist, wurde eine Installation innerhalb der nächsten 12 Wochen mündlich zugesagt. Tatsächlich fanden die Elektro Installation dann vom 11.07.2023 bis 19.07.2023 statt. 5 Monate gab es also keine Aktivität auf der Baustelle. Der Estrich wurde am 13.09.2023 gelegt. Am 20.10.2023 wurde die Bauheizung entfernt. Die Endmontage der Elektrik wurde am 27.11.2023 begonnen. Am 21.12.2023 erfolgte die Inbetriebnahme des Zählerkastens - sprich das Haus wurde ans Stromnetz angeschlossen. Die kumulierte Wartezeit auf E., in der keine anderen Arbeiten ausgeführt werden konnten, beläuft sich somit auf 6 Monate. In diesem Zeitraum sind etwa 5.000 Euro Bauzeitzinsen angefallen und 4.560 Euro Mietkosten. Ist eine Haftung bzw. Schadenersatz durch E. hier rechtlich durchsetzbar ?

2.)
E. hat nur einen Teil der gewünschten Aufbemusterung realisiert. Wesentliche Wünsche wie PV Vorbereitung, KNX Bus Vorbereitung, Garagenstromkabel, Gartenstromkabel, zusätzliche Lichtauslässe für Spots, zusätzliche Dachuntersichtspots wurden ohne Ankündigung weggelassen, obwohl Sie kommuniziert wurden. Ein Angebot wurde ebenfalls nicht unterbreitet.
Darf E. Wünsche des Bauherren einfach ignorieren ?

Zudem wurden auch Bestandteile der allgemeinen Bauleistungsbeschreibung nicht umgesetzt. Zum Beispiel das Netzwerk Patchpanel, die Spitzboden Beleuchtung und Steckdose und die Gegensprechanlage. Auch diese Dinge wurden durch einen anderen Elektriker realisiert.

3.)
Die Beauftragung eines alternativen Elektrikers, der diese Wünsche dennoch ausführte führte dazu, dass E. am Tag der Hausübergabe den Zählerkasten verplombte mit dem Hinweis, dass er von jeglicher Gewährleistung befreit ist, sobald die Anlage in Betrieb genommen würde. Führt die Beauftragung eines alternativen Elektrikers dazu, dass die Gewährleistung auf die vorherige Installation erlischt ? E. führt als Begründung an, dass der alternative Elektriker kein konzessionierter Betrieb ist. Tatsächlich dürfte E. nur mutmaßen, vom wem die Arbeiten erledigt wurden. Tatsächlich wurden die Arbeiten durch einen Elektromeister ausgeführt.

4.) Tatsächlich funktionieren nach Hausübergabe zwei Netzwerkdosen nicht. Zahlreiche Schalter und Dosen haben keine Abdeckung. E. verweist darauf, dass er keine Gewährleistung übernimmt. Eine Kommunikation ist plötzlich möglich, da die letzte Rate in Höhe von 538,62 Euro durch uns bis jetzt nicht überwiesen wurde.

Wesentlich Fragen:

Führen die geschilderten Sachverhalte zu einem Anspruch auf Schadenersatz und in welcher Höhe ?

Darf E. seine Gewährleistung auf die von Ihm installierte Elektrik versagen ?

Welche Vorgehensweise empfehlen Sie ? Ist es empfehlenswert hier überhaupt aktiv zu werden oder empfehlen Sie uns alles zu schlucken und die restliche Rate zu überweisen ?





8. Mai 2024 | 23:14

Antwort

von


(1395)
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Gerne zu Ihren Fragen, denen ich folgendes voranstellen möchte:

Falls eine konkrete Ausführungsfrist vertraglich vereinbart wurde, ist diese bindend. Da Sie von einer mündlichen Zusage einer 12-wöchigen Frist sprechen, könnte dies als eine Art Vereinbarung angesehen werden, auch wenn mündliche Zusagen im Falle eines Rechtsstreits schwer zu beweisen sind. Die Gerichte berücksichtigen dabei üblicherweise die im Handwerk üblichen Fristen und die im Einzelfall konkret zu erwartende Dauer für die Ausführung der Arbeiten.

Die Verzögerung von fünf Monaten könnte als Verstoß gegen die zugesagte Frist betrachtet werden, sofern diese als verbindliche Zusicherung angesehen wird. Unter Umständen könnte dies berechtigen, eine angemessene Nachfrist zu setzen und nach deren Ablauf Schadensersatzforderungen oder ein Rücktritt vom Vertrag zu prüfen.

Nach § 643 BGB muss der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Leistungserbringung setzen und kann nach fruchtlosem Fristablauf vom Vertrag zurückzutreten. Zudem kann unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz nach dem BGB geltend gemacht werden, wenn durch die Verzögerung ein Schaden entstanden ist.

Wenn natürlich die Kommunikation seitens des E. schuldhaft geblockt wurde, gehe ich davon aus, dass die entsprechende Nachfristsetzung obsolet wurde.

E.1.) Schadenersatz durch E. : Die entstandenen Bauzeitzinsen und Mietkosten können als Schadenersatz geltend gemacht werden, wenn ein Verzug des Unternehmers vorliegt und dieser zu einem nachweisbaren Schaden geführt hat. Nach § 286 BGB tritt Verzug ein, wenn der Schuldner (hier der Handwerker) nicht oder nicht vertragsgemäß leistet und er gemahnt wurde, es sei denn, es war eine kalendermäßig bestimmte Zeit vereinbart. Die VOB/B sieht vor, dass der Unternehmer für Verzugsschäden haftet, sofern er den Verzug zu vertreten hat. Eine genaue Höhe des Schadensersatzes hängt von der individuellen Sachlage und der Beweislage ab.

2.) Nichterfüllung (Ignorieren) vereinbarter Leistungen: Eine Verpflichtung zur Ausführung aller vereinbarten Leistungen ergibt sich aus dem Werkvertrag mit E. Nach § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 280 BGB kann der Bauherr bei einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung Schadensersatz verlangen oder nach § 634 Nr. 3 BGB in Verbindung mit § 638 BGB eine Minderung des Werklohns vornehmen.

§ 634 BGB Rechte des Bestellers bei Mängeln
Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.


3.) Gewährleistung nach Beauftragung eines alternativen Elektrikers: Die Beauftragung eines anderen Elektrikers führt grundsätzlich nicht zum Erlöschen der Gewährleistungsansprüche für die von E. erbrachten Leistungen. Allerdings kann E. Gewährleistungsansprüche ablehnen, wenn diese durch Arbeiten des dritten Elektrikers beeinträchtigt wurden. Die Tatsache, dass die Arbeiten von einem Elektromeister durchgeführt wurden, stärkt Ihre Position bei der Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche.

4. Mängel und Verweigerung der Gewährleistung: Für die von ihm ausgeführten Arbeiten muss der Elektriker grundsätzlich Gewähr leisten, wenn Mängel auftreten. Ein genereller Ausschluss ist nicht ohne weiteres möglich. Allerdings trägt der Bauherr die Beweislast für die Mangelhaftigkeit der Arbeiten. Die Verweigerung der Kommunikation ist in jedem Fall nicht in Ordnung.
Mein Rat: Ich empfehle Ihnen, die Ansprüche gegen den Elektriker im Detail rechtlich prüfen zu lassen, am besten durch einen im Bau- und Architektenrecht versierten Kollegen. Dabei sollten alle relevanten Unterlagen (Verträge, Baubeschreibung, Schriftverkehr etc. ) gesichtet werden.

Je nach Ergebnis dieser Prüfung sollten Sie den Elektriker dann mit den Ansprüchen konfrontieren, und zwar per Einwurfeinschreiben (Zeugen vom Inhalt und Postaufgabe). Dabei sollten Sie eine angemessene Frist zur Nachbesserung der Mängel und ggf. zur Erbringung der noch ausstehenden Leistungen setzen. Auch die Schadenersatzansprüche sollten Sie beziffern und geltend machen.

Wenn der Elektriker dem nicht nachkommt, bleibt Ihnen nur die Einschaltung eines Rechtsanwalts und notfalls der Klageweg. Ob sich das lohnt, hängt von der Höhe der Ansprüche ab. Ggf. wird Ihnen der/die Kollege/in zu einem kostengünstigeren "selbständigen Beweisverfahren" raten. Das ist ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren (§§ 485 ZPO ff.) Dabei findet eine vorgezogene Beweisaufnahme statt, die später in einem streitigen Prozess vollständig verwertet werden kann.

Die letzte Rate würde ich nur zahlen, wenn die Mängel beseitigt sind und die geschuldeten Leistungen erbracht wurden. Alles "zu schlucken" kann ich nicht empfehlen, wenn die Ansprüche berechtigt sind. Holen Sie sich aber möglichst anwaltliche Unterstützung, um die Erfolgsaussichten und das Kostenrisiko zielgenau einschätzen zu können.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

ANTWORT VON

(1395)

Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: https://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Strafrecht, Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Sozialrecht, Miet- und Pachtrecht, Baurecht, Verwaltungsrecht, Vertragsrecht, Steuerrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER