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Baurecht Bayern: zählt Blumenkasten zur Mauerhöhe?

23. Mai 2021 16:39 |
Preis: 66,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Es geht um die Höhe von Einfriedungen in Bayern; verfahrensfrei oder durch Blumenkästen überhöht, nicht mehr verfahrensfrei?

Ich wohne in Bayern und habe eine Genehmigung für eine Grenzmauer bis zur Höhe von 2 Meter.
Diese Grenzmauer verläuft direkt an der Grenze zu meinem Nachbarn auf meinem Grundstück zwischen meinem Wohnhaus und meiner Garage (gegenseitige Grenzbebauung gilt) auf ca. 6,80 Meter Länge.
Ursprünglich wollte ich aus Schall- und Sichtschutzgründen wenigstens eine Mauerhöhe von 2,30 m erreichen, was aber nicht genehmigt wurde.
Jetzt möchte ich auf diese 2 Meter hohe Mauer eben aus Gründen des Schall- und Sichtschutzes (vielleicht zwei oder drei) schwere Blumenkästen stellen. Angedacht sind bepflanzbare Gabionenkörbe (ca. 30 cm hoch plus die Pflanzen).
Jetzt stellt sich für mich die Frage: darf ich das, ist dies rechtlich möglich oder gibt es Versagungsgründe weil z.B. die genehmigte Mauerhöhe mit den Blumenkästen überschritten wird? Oder zählen diese Blumenkörbe nicht zur baurechtlich genehmigten/zulässigen Mauerhöhe?

23. Mai 2021 | 18:48

Antwort

von


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Gerne zu Ihrer Frage:

Dem Sinn und Zweck des

Art. 46 Ausführungsgesetz zum BGB (AGBGB)...

Erhöhung einer Kommunmauer
(1) Werden zwei Grundstücke durch eine Mauer geschieden, zu deren Benutzung die Eigentümer der Grundstücke gemeinschaftlich berechtigt sind, so kann der Eigentümer des einen Grundstücks dem Eigentümer des anderen Grundstücks nicht verbieten, die Mauer ihrer ganzen Dicke nach zu erhöhen, wenn ihm nachgewiesen wird, daß durch die Erhöhung die Mauer nicht gefährdet wird.

...kann man zunächst entnehmen, dass durch die Erhöhung die Mauer nicht gefährdet wird, was allerdings eine gemeinsam genutzte Kommunemauer angeht. Gleichwohl aber auch einen Gefährdungsaspekt signalisiert: "Zwei oder drei schwere Blumenkästen" auf 2 Meter Höhe stellen objektiv betrachtet durchaus ein Gefahrenpotential dar, das ich ihnen als Sie beratender Anwalt wegen Ihrer potentiellen Haftung nicht verschweigen darf.

Absatz (3) Satz 1 spricht sodann von Verstärkungsmaßnahmen:

Wird die Mauer zum Zweck der Erhöhung verstärkt, so ist die Verstärkung auf dem Grundstück anzubringen, dessen Eigentümer die Erhöhung unternimmt, woraus der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen ist, dass jedenfalls zur Haftungsvermeidung ein einfaches Aufsetzen schwerer Blumenkästen in 2 Metern Höhe nicht ausreicht.

Wohlgemerkt: Das betrifft eine gemeinschaftlich genutzte Kommunmauer AUF der Grenze, nicht explizit IHRE Mauer, die ja allein auf Ihrem Grundstück steht.

Hier ist dann zunächst
§ 907 BGB Gefahr drohende Anlagen zu interpretieren:

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, dass auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist, dass ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein Grundstück zur Folge hat. Genügt eine Anlage den landesgesetzlichen Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von der Grenze oder sonstige Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung der Anlage erst verlangt werden, wenn die unzulässige Einwirkung tatsächlich hervortritt.

(2) Bäume und Sträucher gehören nicht zu den Anlagen im Sinne dieser Vorschriften.


Ob Ihre geplanten Blumenkästen Anlagen in diesem Sinne sind oder nicht, wird von den Gerichten sehr kasuistisch (= Einzelfall bezogen) beurteilt und ist auch in der Lit. streitig:

Gemäß Abs. 2 sind Bäume und Sträucher keine Anlagen iSd Abs. 1; ihnen gleichzustellen sind ähnliche Gewächse wie Hecken oder Weinpflanzen (BGH NJW-RR 2001, 1208 ). Gegen diese Pflanzen können aber Ansprüche nach den §§ 910, 911, 923 und den Landesnachbargesetzen bestehen, außerdem nach § 1004 Abs. 1... Daraus lässt sich ableiten, dass Anlagen iSd Abs. 1 S. 1 von Menschen geschaffene Werke von gewisser Dauer, Selbstständigkeit und Unbeweglichkeit sind BGH DB 1965, 1009...Eine besondere Verbindung mit dem Grundstück ist nicht erforderlich (str.); daher fallen auch ortsfeste Bienenstände darunter (LG Lübeck MDR 1970) (BeckOK BGB/Fritzsche, 57. Ed. 1.11.2020 Rn. 4, BGB § 907 Rn. 4)

Was diese "Einwirkungen" angeht, wäre der von Ihnen beabsichtigte Sichtschutz als solcher im Rechtssinne des § 907 BGB jedoch nicht schädlich:

Denn an einer solchen Einwirkung fehlt es zum einen, wenn ... und zum anderen bei den „negativen Einwirkungen" einer Anlage wie zB Beeinträchtigung der Aussicht (OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1989, 464) und Entzug von Licht und Luft (RGZ 98, 15 [17])... Verhinderung der natürlichen Luftzirkulation (BGHZ 113, 384 = NJW 1991, 1671 [1672] mwN). (BeckOK BGB/Fritzsche, 57. Ed. 1.11.2020, BGB § 907 Rn. 6)

[b]Mithin kommt es letztlich auf die Ihnen nicht genehmigte Überhöhung der ansonsten bis zu 2 Metern verfahrensfreien Mauer/Einfriedung an.


Hier sehe ich ein Dilemma: Je fester und solider die Blumenkästen armiert sind, um so eher wäre die Überhöhung nicht mehr verfahrensfrei, weil sie dann nach Art. 7 a BayBO nicht mehr verfahrensfrei ist:

Verfahrensfrei sind: ....folgende Mauern und Einfriedungen:
a) Mauern einschließlich Stützmauern und Einfriedungen, Sichtschutzzäunen und Terrassentrennwänden mit einer Höhe bis zu 2 m, außer im Außenbereich.


Ganz davon abgesehen, dass selbst verfahrensfreie Bauvorhaben hinsichtlich Statik und Sicherheit den bau-ordnungsrechtlichen Anforderungen genügen müssen und schließlich auch die sog. Ortsüblichkeit zur Höhe der Einfriedungen eine erhebliche Rolle spielt.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer

Rückfrage vom Fragesteller 24. Mai 2021 | 09:23

Danke für die ausführliche Info,
auch wenn ich als Laie nicht so recht ein Fazit bzw. eine Empfehlung erkennen kann zur eigentlichen Frage "darf ich oder darf ich nicht?".
Ergänzend möchte ich anführen, dass ich eine isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes beantragen musste, was auch bis zu den 2 m befreit bzw. genehmigt wurde ausdrücklich als verfahrensfrei.
Wegen der notwendigen windfestigkeit sind die geplanten Blumenkästen schwer, bleiben aber aus meiner Sicht beweglich, da jederzeit der Pflanzeinsatz mit den Pflanzen entfernt und auch die Gabionen-Steine soweit entnommen werden könnten, dass die Kästen verstellt oder weggetragen werden könnten. Aufgrund dieser Beweglichkeit der Kästen ergibt sich aus meiner Sicht keine Verbindung mit der Mauer, weshalb die eigentliche Annahme hier - laienhaft - vorherrscht, dass diese Blumenkästen eben nicht zu einer Mauererhöhung führen bzw. rechtlich zählen dürften.
Argumentativ soll mit den Blumenkästen vor allem eine Mauerbepflanzung als kleiner Ersatz entstehen für die bislang noch hier stehende, aber durch Trockenheit und vor allem Engerlinge zerstörte Thuja-Hecke mit einer Höhe von über 2,50 m. Der zusätzlich entstehende Sicht- und Schallschutz wird natürlich gerne mitgenommen.
Was meinen Sie: Sind die Blumenkästen so zulässig oder nicht?
Ich wünsche noch einen schönen Feiertag!
Gruss
A.B.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Mai 2021 | 15:32

Gerne zu Ihrer Nachfrage:

Das Amtsgericht München mit Urteil vom 08.12.2000 Az.: 271 C 23794/00 hat zur Verkehrssicherungspflicht sicsh wie folgt befasst: Es müsse durch Anbringen einer zusätzlichen Halterung ausreichend dafür gesorgt sein, dass ein Herabfallen der Blumenkästen als unwahrscheinlich gelten könne. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreicht werden könne, müsse nicht für jeden erdenkbaren, entfernt möglichen Schadenseintritt vorgesorgt werden. Die theoretische Möglichkeit dass Sturm die Blumenkästen herabstürzen ließe sei ebenso schwer auszuschließen wie die Gefahr durch Dachziegel oder abbrechende Äste.

Das wäre zumindest von Ihnen zu gewährleisten.

Ansonsten kann man sich auch mit dem Nachbar einigen, was ich wegen der Nachhaltigkeit des Friedens stets empfehle. Denn anderenfalls würde im streitigen Verfahren die hier durchaus komplexe Gesetzeslage mit einem nicht wegzudiskutierenden Restrisiko zur Entscheidung kommen müssen.

Denn der bereits zitierte Art. 7a BayBauO spricht eben von "a) Mauern einschließlich Stützmauern und Einfriedungen, Sichtschutzzäunen und Terrassentrennwänden", bezieht mithin auch Einfriedungen und Sichtschutzzäune ein, die begrifflich NICHT Mauern sind.

Ansonsten spricht für Sie, dass ein etwaiger Rückbauanspruch im Gegensatz zu sonstigen baurechtswidrigen Zuständen ja leicht zu bewerkstelligen wäre.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiter helfen und verbleibe mit guten Wünschen zum Pfingstfest,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt

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