Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Wenn das Oberlandesgericht in der Berufungsunstanz entschieden hat, und gegen das Urteil keine Revision zum BGH zugelassen hat, ist die Entscheidung rechtskräftig und unanfechtbar. Die Zahlungspflicht des Verurteilten steht dann auf Grund des Urteils fest, und das Urteil kann auch zwangsvollstreckt werden.
Mit neuen Einwendungen gegen die ausgeurteilte Zahlungspflicht wird der Verurteilte dann nicht mehr gehört. Diese hätten während des erstinstanzlichen Verfahrens oder spätestens während des Berufungsverfahrens vorgebracht werden müssen. Ob das Urteil inhaltlich falsch oder richtig ist, spielt nach Eintritt der Rechtskraft keine Rolle mehr.
Wenn Sie zur Zahlung von 18.000,00€ verurteilt wurden, kann die Bank diese Zahlung von Ihnen verlangen. Es spielt dann, wie gesagt, keine Rolle mehr, ob sich die Bank beim Restkapital verrechnet hat. Dieser Einwand hätte im Lauf des Verfahrens vorgebracht werden müssen. Der Gesetzgeber will damit erreichen, dass ein Rechtsstreit nach Abschluss eines Prozesses endgültig entschieden ist und nicht immer wieder von neuem aufgerollt werden kann.
Nur unter engen Voraussetzungen ist daher eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Rechtskraft eines Urteils möglich.
Es gibt die sog. Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO), wenn am Urteil ein Richter mitgewirkt hat, der nicht hätte mitwirken dürfen. Hierfür bietet der mitgeteilte Sachverhalt keine Anhaltspunkte.
Dann gibt es noch die Restitutionsklage (§ 580 ZPO). In dieser Vorschrift werden abschließend und katalogartig neun Fallgruppen aufgezählt, bei deren Vorliegen eine Wiederaufnahme des Verfahrens möglich ist. Es handelt sich hier überwiegend um Fälle, bei denen ein Urteil durch strafbares Verhalten herbeigeführt wurde, z.B. Urkundenfälschung oder eine strafbare falsche Zeugenaussage. Oder, dass in derselben Sache bereits früher ein rechtskräftiges Urteil ergangen ist, oder wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Menschenrechtsverletzung festgestellt hat, und das Urteil hierauf beruht. Für das Vorliegen einer dieser Fallgruppen bietet der Sachverhalt aber ebenfalls keine Anhaltspunkte. Nach § 580 Nr. 7 b ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn die verurteilte Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Dies scheidet jedoch dann aus, wenn die Urkunde, anhand derer Sie den Fehler der Bank bemerkten, im Vorprozess bereits vorlag/bekannt war und von Ihnen benutzt werden konnte, aber lediglich eine rechtzeitige Prüfung unterlassen wurde. "Aufgefunden" ist die Urkunde nur dann, wenn ihre Existenz oder ihr Verbleib der Partei trotz aller ihr zumutbaren Sorghalt bisher unbekannt war (BGHZ 161, S. 4). Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Prüfung der Unterlagen, durch die Sie den Fehler der Bank entdeckten, Ihnen schon während des Vorprozesses möglich und zumutbar war und lediglich aus Nachlässigkeit unterblieb. Hierbei wird von den Gerichten ein strenger Maßstab zu Lasten der Partei angelegt, da Wiederaufnahmeverfahren eine Ausnahme bleiben sollen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für Ihre Antwort, die ich so ähnlich vermutet habe. Ich verstehe es so, selbst wenn der erstinstanzliche Rechtsanwalt den Zusammenhang verstanden hätte, müssen wir die Differenz ausgleichen.
Eine Frage:
Sollte das Verfassungsgericht sich der Entscheidung des Kaskadenverweises des EuGH anschließen, würden wir mit dem Widerrufsjoker gegen die Bank klagen. Allerdings haben Rechtsanwälte Gansel vor Gericht auf Widerruf gepocht, obwohl die 18.000 Euro nichts mit Vorfälligkeitszinsen zu tun hatten, sondern mit ausstehenden Raten. Den angeblichen Widerruf haben wir ja verloren.
Ist es dann so, dass wir auf Widerruf nicht mehr klagen könnten?
Sehr geehrter Fragesteller,
die Bank hatte Sie auf Zahlung verklagt. Im Rahmen des Zahlungsprozesses hätten alle Einwendungen rechtlicher und tatsächlicher Natur gegen den Zahlungsanspruch der Bank vorgebracht werden müssen. Also nicht nur, dass der Darlehensvertrag widerrufen wurde, sondern auch, dass die Zahlungsforderung der Bank auf einer unzutreffenden Berechnung beruht, oder dass die Bank von falschen Annahmen (Existenz einer Vorfälligkeitsentschädigung) ausgegangen ist. Nachdem dies nicht geschehen ist, sind Sie mit den im Vorprozess nicht geltend gemachten Einwendungen ausgeschlossen und können diese nicht mehr geltend machen.
Auch eine nachträgliche Rechtsprechung des EuGH ändert nichts an der Unanfechtbarkeit des Urteils. Sie können einen Prozess gegen den Zahlungsanspruch der Bank nicht mehr erneut auf den Widerruf des Vertrages stützen.
Zu meinen Ausführungen zur Restitutionsklage möchte ich noch etwas ergänzen:
Die Klage muss innerhalb eines Monats bei Gericht eingehen, nachdem die Partei Kenntnis vom Anfechtungsgrund erhalten hat, in Ihrem Fall also einen Monat, nachdem Sie nach eigener Prüfung festgestellt haben, das die VR Bank bei ihrem Aufhebungsvertrag von einem falschen Restkapital ausgegangen war (§ 586 ZPO).
Ferner wäre eine Restiitutionsklage nur zulässig, wenn Sie ohne Ihr Verschulden außerstande waren, den Restitutionsgrund (also das Ergebnis Ihrer Prüfung auf Grund Ihrer Einsichtnahme in Unterlagen) im Berufungsverfahren geltend zu machen (§ 582 ZPO). Ein etwaiges Verschulden Ihrer damaligen anwaltlichen Prozessbevollmächtigten, etwa durch unterlassene oder unzureichende rechtzeitige Prüfung und Aufklärung der Sach- und Rechtslage, wird Ihnen zugerechnet (§ 85 Abs. 2 ZPO).
Mit freundlichen Grüßen