Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

BAföG abgelehnt, weil Mutter in die selbe Stadt gezogen ist

11. Mai 2015 00:14 |
Preis: 60€ Historischer Preis
Hier finden Sie einen
Aktuellen Kostenvorschlag
|

Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Guten Tag!

Meine Tochter (geb. 1991) besucht die Klasse 12 einer Fachoberschule in Niedersachsen. Für den Besuch dieser Schule ist eine Berufsausbildung nicht Voraussetzung. Es wurde Ausbildungsförderung nach BAföG beantragt.

Sie wohnt während der Ausbildung nicht bei den Eltern oder einem Elternteil.

Mit Schreiben vom 14.07.2014 wurde meiner Tochter der Antrag abgelehnt.
Begründung:
„Gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG i. V. m. § 2 Abs. 1 a BAföG wird Ausbildungsförderung dem Grunde nach unter anderem für Schüler der von Ihnen besuchten Ausbildungsstättenart geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG erfüllt.

Nach Ihren eigenen Angaben im Antrag auf Ausbildungsförderung wohnen Sie während der Ausbildung nicht bei den Eltern oder einem Elternteil.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG sind unter anderem erfüllt, wenn von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist.

Tatsächlich liegen diese Voraussetzungen vor, wenn der Auszubildende bei Benutzung der zeitlich günstigsten Verkehrsverbindungen mindestens an drei Wochentagen von der elterlichen Wohnung bis zur Schule und zurück eine Wegzeit von mindestens 2 Stunden benötigt. Zu der Wegzeit gehören auch die notwendigen Wartezeiten vor und nach dem Unterricht. Die Wegzeit zwischen der Haltestelle des Verkehrsmittels und der Ausbildungsstätte bzw. zurück gilt als Wartezeit. Nach Addition von Hin- und Rückweg ist jeder angefangene Lilometer Fußweg mit 15 Minuten zu berechnen.

Von der Wohnung Ihrer Mutter in Göttingen ist die Ausbildungsstätte (BBS II) in angemessener Zeit erreichbar.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 a BAföG erfüllt auch, wer
1. einen eigenen Haushalt führt und verheiratet ist oder war oder
2. einen eigenen Haushalt führt und mit mindestens einem Kind zusammenlebt.

Diese Voraussetzungen werden von Ihnen nicht erfüllt."

Gegen diesen Bescheid wurde fristgemäß Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, weil die Mutter nur eine kleine Ein-Zimmer-Wohnung bewohnt (seit dem 01.01.2014, also nach Ausbildungsbeginn, aber vor Beginn des Bewilligungszeitraumes). Obendrein muß leider eine Alkoholabhängigkeit der Mutter erwähnt werden. Eine gemeinsame Haushaltsführung scheidet daher aus; unter solchen Bedingungen ist an ein sinnvolles Arbeiten für eine Schulausbildung (z.B. Erledigung von Hausaufgaben) nicht zu denken.

Vom Berichterstatter des Verwaltungsgerichts erhielt meine Tochter jetzt folgenden Vermerk mit der Bitte um Kenntnis- und Stellungnahme:

„Für die Ansicht des Beklagten, dass die Verweigerung von Ausbildungsförderung in ihrem Fall mit Blick auf § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG ungeachtet Ihrer verständlicherweise problematischen Situation rechtmäßig sei, scheint die bisherige Rechtsprechung des Nds. OVG (vgl. Urteil vom 28.04.2009 - 4 LB 317/08 -, juris Rnrn. 29,40 f.) und anderer OVG (vgl. etwa OVG Münster, Beschluss v. 15.10.2014 – 12 B 1098/14 -, juris Rnrn. 4, 6; BayVGH, Beschluss vom 18.02.2013 -12 C 12.2665 - , juris Rn. 2) sowie des BVerwG (vgl. Urteile vom 27.02.1992 -5 C 68.88 -, NVwZ 1992, 887 [888], und vom 12.06.1986 – 5 C 48.84 -, BVerwGE 74, 260 [262f.]) zu sprechen.
Danach ist zum einen eine – etwa in Folge beengter Wohnverhältnisse – tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Aufnahme des Auszubildenden in die elterliche Wohnung nicht von Belang. Zum anderen können aber auch schwerwiegende soziale Gründe, die ein Mitwohnen unzumutbar erscheinen lassen, (etwa wegen Verwerfungen, Entfremdung, Alkoholkrankheit oder Aggression des Elternteils) keine Rolle spielen, weil eine entsprechende Rechtsverordnung der Bundesregierung, zu deren Erlass § 2 Abs. 1 a Satz 2 BAföG ermächtigt, bislang nicht existiert."

Das Schuljahr ist in Kürze vorüber, ich fördere die Ausbildung selbst. Bisher hat meine Tochter keinen anwaltlichen Beistand. Meine Fragen: Wie sind die Aussichten auf Erfolg der Klage? Ist es sinnvoll, sich einen Anwalt zu suchen?

11. Mai 2015 | 13:43

Antwort

von


(3181)
Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
E-Mail:
Diesen Anwalt zum Festpreis auswählen Zum Festpreis auswählen

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Die Erfolgsaussichten einer Klage sind leider nach meiner ersten Einschätzung nicht allzu hoch einzuschätzen, wobei sogar viel mehr ein Unterliegen wahrscheinlich ist.

Im Einzelnen:
Erfahrungsgemäß ändert sich so gut wie nie die Einschätzung eines Richters, es sei denn, es können noch andere Umstände von Belang vorgetragen werden, was hier jedoch nicht ersichtlich ist.

Ich habe mir die zitierte Rechtsprechung angesehen:

Ich zitiere auszugsweise wie folgt daraus:

Zunächst jedoch nochmal die entscheidende Norm, § 2 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BAföG:

"Für den Besuch der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Ausbildungsstätten wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und

1.
von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist,

2.
einen eigenen Haushalt führt und verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft verbunden ist oder war,

3.
einen eigenen Haushalt führt und mit mindestens einem Kind zusammenlebt."

Die Bundesregierung KANN durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass über Satz 1 hinaus Ausbildungsförderung für den Besuch der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Ausbildungsstätten auch in Fällen geleistet wird, in denen die Verweisung des Auszubildenden auf die Wohnung der Eltern aus schwerwiegenden sozialen Gründen unzumutbar ist."

"Auch schwerwiegende soziale oder familiäre Gründe können einer Verweisung des Auszubildenden auf die Wohnung der Eltern im Rahmen des § 2 Abs. 1a BAföG nicht entgegengehalten werden, solange eine Rechtsverordnung nach Satz 2 der Vorschrift nicht erlassen worden ist, ohne dass dies verfassungsrechtliche Bedenken begründet."

Das heißt, die Bundesregierung kann eine Rechtsverordnung erlassen, muss es aber nicht.

Dieses war im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens einmal anders vorgesehen, man hat es aber letztlich mehrheitlich dahingehend beschlossen, dass dieses über eine (noch zu erlassene) Rechtsverordnung geregelt werden solle.

Vor diesem Hintergrund würde ich jedenfalls kein Anwalt mit der Übernahme des Verfahrens - aus Kostengründen - beauftragen, sondern allenfalls mit einer weiteren Prüfung des bisherigen Prozessstoffes, zu ihrer Klageschrift, die Klageerwiderung usw.

Wegen der Festlegung des Richters wird aber wahrscheinlich leider nicht mehr erreicht werden können.
Die Argumentation ist auch schlüssig.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwalt Daniel Hesterberg

ANTWORT VON

(3181)

Marktstraße 17/19
70372 Stuttgart
Tel: 0711-7223-6737
Web: https://www.hsv-rechtsanwaelte.de
E-Mail:
RECHTSGEBIETE
Arbeitsrecht, Erbrecht, Miet- und Pachtrecht, Vertragsrecht, Zivilrecht, Baurecht, Verwaltungsrecht, Ausländerrecht
Durchschnittliche Anwaltsbewertungen:
4,8 von 5 Sternen
(basierend auf 119006 Bewertungen)
Aktuelle Bewertungen
5,0/5,0
Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Antwort war schnell und gut nachvollziehbar. Vielen Dank. ...
FRAGESTELLER
5,0/5,0
Vielen Dank, einer der Besten hier, wenn nicht sogar der Beste! Immer wieder gerne! ...
FRAGESTELLER