Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Schilderungen gern wie folgt beantworten möchte.
Da die Vorwürfe anscheinend nicht mehr auszuräumen sind, sehe ich für Sie nur noch die „Flucht nach vorn“. Dazu gehört als erster Schritt sicherlich die Selbstanzeige, die Sie ja bereits gestellt haben.
Sie banal es klingen mag, Sie sollten Ihren Fehltritt bei der Anhörung zugeben, Reue zeigen und beteuern, dass solche oder ähnliche Vorkommnisse sich in Zukunft nicht wiederholen werden. Wenn Sie sich bisher nichts haben zu Schulden kommen lassen, sollten Sie in jedem Fall auf diesen Punkt verweisen und zeigen, dass es sich um einen einmaligen Fauxpas gehandelt hat. Je länger das Arbeitsverhältnis bereits beanstandungsfrei dauert, desto besser ist dies für Sie.
Möglicherweise haben Sie ja auch eine plausible Erklärung parat, weshalb Sie damals in einer bestimmten Ausnahmesituation so gehandelt haben (besondere Stress-/Krankheitsituation o.ä.) und dies aufgrund nunmehr geänderter Umstände heute nicht wieder vorkommen kann. Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen noch einmal „Rückendeckung“ gewähren will, sollte eine Kündigung zu vermeiden sein.
Da Ihr Verhalten allerdings sogar strafrechtliche Relevanz hat, dürften Sie um eine Abmahnung nicht herumkommen. Zulässig wäre wohl auch eine verhaltensbedingte Kündigung. Zwar hat grundsätzlich einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung vorauszugehen.
Jedoch kein Grundsatz ohne Ausnahme: Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in seinem Urteil 4 Sa 1328/05
vom 15.12.2005 hervorgehoben, dass es typische Fälle von Störungen im personalen Vertrauensbereich gibt, die in der Regel eine vorherige Abmahnung entbehrlich machen. Hierzu hat das LAG insbesondere strafbare Handlungen des Arbeitnehmers zum Nachteil anderer Arbeitnehmer oder des Arbeitgebers oder von Kunden oder sonstige schwere arbeitsvertragliche Verfehlungen angeführt. Ausdrücklich Bezug nimmt das LAG diesbezüglich auf das Fälschen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und eine Entscheidung des LAG Bremen.
Abschließend bitte ich zu beachten, dass diese Antwort zwar alle wesentlichen Aspekte des von Ihnen geschilderten Falles umfasst, jedoch daneben Tatsachen relevant sein könnten, die möglicherweise zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Verbindliche Auskünfte sind nur im Rahmen einer Mandatserteilung möglich.
Ich hoffe, Ihnen zunächst eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen für Ihre morgige Anhörung alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Kraft
Rechtsanwalt
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