Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Frage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Leider muß ich Ihnen vorab mitteilen, daß Sie so ziemlich alles falsch gemacht haben, was man falsch machen kann.
Da Sie schwerbehindert sind, genießen Sie den besonderen Kündigungsschutz gemäß den §§ 85
bis 92 SGB IX
.
D. h., das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ist nur unter sehr erschwerten Voraussetzungen arbeitgeberseits zu kündigen. So bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Erst wenn das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat, kann eine Kündigung überhaupt ausgesprochen werden.
In Ihrem Fall gibt es aber, jedenfalls nach der Sachverhaltsschilderung, keinen Kündigungsgrund. D. h., das Integrationsamt würde dem Arbeitgeber vermutlich darlegen, daß es einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht zustimme.
Kündigt der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Integrationsamts, hat der Arbeitnehmer das Recht, vor dem Arbeitsgericht auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung zu klagen.
Zusammengefaßt heißt das, daß Sie als schwerbehinderte Arbeitnehmerin ausgesprochen starke Rechte gegenüber dem Arbeitgeber haben, die die Rechte des nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers noch übertreffen.
Richtig wäre es also gewesen, sofort anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, als man Ihnen nahegelegt hatte, einen Auflösungsvertrag Ihres bestehenden Arbeitsvertrags zu unterzeichnen. Hierzu waren Sie nicht verpflichtet und die Tatsache, daß Sie arbeitgeberseits hierzu genötigt worden sind, muß man als in hohem Maße unredlich bezeichnen.
2.
Daß der Pfarrer Sie unter Druck gesetzt hat, um einen zweiten Auflösungsvertrag zu unterzeichnen, zeigt allenfalls, daß der Pfarrer seinen Beruf wohl verfehlt hat.
3.
Das Problem Ihres Falls liegt darin, daß Sie Auslösungsverträge unterschrieben haben. Damit haben Sie der Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses zugestimmt.
Ob hier ggf. eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Drohung des Aufhebungsvertrags in Betracht kommt, läßt sich aufgrund der Sachverhaltsschilderung nicht abschließend beurteilen. Hierzu müßte man weitere Einzelheiten kennen, insbesondere auch die Zeitabläufe. Will man einen Rechtsstreit führen, müßte auch die Beweislage geprüft werden.
Um es plastisch zu formulieren, muß man sagen, daß das Kind hier definitiv in den Brunnen gefallen ist, und daß es nicht einfach sein wird, das Kind wieder aus dem Brunnen herauszuholen.
Da die Angelegenheit einer weiteren Recherche des Sachverhalts bedarf, empfehle ich Ihnen dringendst, so schnell wie irgend möglich einen Rechtsanwalt vor Ort aufzusuchen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab, Rechtsanwalt
Antwort
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Sehr geehrte Fragestellerin,
ergänzend noch ein Hinweis zu dem nunmehr befristeten Arbeitsvertrag.
Obwohl sich aus dem Sachverhalt keine direkten Anhaltspunkte ergeben, spricht Einiges dafür, daß die nunmehrige Befristung unwirksam ist, da es kein Grund für die Befristung ersichtlich ist und Sie bereits vor dem befristeten Vertrag bei dem Arbeitgeber beschäftigt gewesen sind.
Somit könnte eine Entfristungsklage in der Frist von drei Wochen möglich sein.
Deshalb meine Empfehlung: Suchen Sie schnellstmöglich einen Rechtsanwalt vor Ort auf.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt