Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich auf Grundlage des geschilderten Sachverhalts Ihre Fragen wie folgt und Versuche hierbei möglichst ausführlich auf Ihre Fragen einzugehen:
Frage 1: Änderung der Provisionsvereinbarung
Grundsätzlich sind Änderungen von Provisionsvereinbarungen im Rahmen eines bestehenden Arbeitsvertrages möglich, sofern eine solche Möglichkeit im Vertrag selbst oder in einer ergänzenden Vereinbarung vorgesehen ist. Die von Ihnen genannte Klausel, die eine Änderung der Provisionsvereinbarung mit einer Ankündigung von drei Monaten vorsieht, ist daher zunächst grundsätzlich zulässig.
Jedoch gilt, dass zweiseitige Vereinbarungen grundsätzlich nicht einseitig geändert werden können. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn dies ausdrücklich so im Vertrag vereinbart wurde. Auch dann muss die Änderung der Provisionsvereinbarung immer billigem Ermessen entsprechen, das heißt, sie darf nicht willkürlich sein und muss sachlich gerechtfertigt sein (§ 315 BGB). Wenn die Änderung mit der Begründung erfolgt, dass der Hersteller in das Agenturmodell einsteigt und dadurch die Erträge möglicherweise geringer ausfallen, könnte dies eine sachliche Rechtfertigung darstellen. Hierbei gilt es aber zu berücksichtigen, dass eine Änderung der Provisionsvereinbarung, die ausschließlich das Ziel verfolgt, die Provision zu mindern, als unangemessen angesehen werden und könnte eine unzulässige Benachteiligung darstellen dürfte. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass Änderungen nicht einseitig zu Lasten des Arbeitnehmers erfolgen dürfen, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung vorliegt. Solche Änderungen könnten daher rechtlich anfechtbar sein. Mithin käme es im Ergebnis auf die Begründung des Arbeitgebers und die möglichen finanziellen Auswirkungen an.
Frage 2: Jahres Sonderzahlung
Freiwillige Zahlungen, wie sie in Ihrem Arbeitsvertrag beschrieben sind, begründen grundsätzlich keinen rechtlichen Anspruch auf zukünftige Zahlungen, auch wenn sie wiederholt geleistet wurden. Dies ergibt sich aus der sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt (§ 308 Nr. 4 BGB). Allerdings muss die Klausel klar und verständlich formuliert sein, was bei Ihnen offenbar der Fall ist.
Bei wiederholten freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers kann jedoch auch eine sogenannte betriebliche Übung entstehen. Eine betriebliche Übung liegt vor, wenn der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hinweg eine bestimmte Leistung regelmäßig und vorbehaltlos gewährt, sodass der Arbeitnehmer darauf vertrauen kann, dass diese Leistung auch in Zukunft erbracht wird. Dies könnte theoretisch auch auf Ihre jährliche Sonderzahlung zutreffen.
Jedoch kann der Arbeitgeber das Entstehen einer betrieblichen Übung durch klare und unmissverständliche Klauseln im Arbeitsvertrag ausschließen. Laut Ihrer Beschreibung enthält Ihr Arbeitsvertrag eine solche Klausel, die besagt, dass freiwillige Zahlungen auch bei wiederholter Leistung keinen rechtlichen Anspruch begründen. Diese Klausel muss gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB klar und unmissverständlich formuliert sein. Nach Ihrer Schilderung ist dies der Fall, sodass ein Anspruch auf zukünftige Zahlungen durch eine betriebliche Übung ausgeschlossen werden könnte.
Die Umwandlung der jährlichen Sonderzahlung in ein Bonus-System ist ebenfalls grundsätzlich möglich, solange diese Umstellung im Rahmen des billigen Ermessens erfolgt und die neuen Bedingungen transparent und nachvollziehbar sind. Allein die Änderung von einer fixen zu einer variablen Sonderzahlung muss nicht als unangemessen anzusehen sein. Insofern käme es auf die konkrete Ausgestaltung an. Das der Bonus sogar 2.000 € betragen kann, spricht für eine Angemessenheit.
Frage 3: Mehrarbeit und Ausgleich
Ihr Arbeitsvertrag sieht eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche vor. Die Verpflichtung, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Mehrarbeit zu leisten, bedeutet, dass Überstunden nur im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zulässig sind. Dieses Gesetz sieht vor, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf (§ 3 ArbZG). Eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden ist nur zulässig, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
Zusätzlich ist es wichtig, dass Überstunden angemessen vergütet oder durch Freizeit ausgeglichen werden. Die Tatsache, dass Sie samstags fünf Stunden arbeiten, aber nur vier Stunden als Ausgleich erhalten, widerspricht den arbeitsvertraglichen Regelungen und ist daher unzulässig. Jede geleistete Arbeitsstunde muss entweder durch entsprechende Vergütung oder durch gleichwertigen Freizeitausgleich abgegolten werden.
Darüber hinaus steht die fehlende Erfassung der Arbeitszeit im Widerspruch zur neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Pflicht der Arbeitszeiterfassung. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 14. Mai 2019 (Az. C-55/18) entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzuführen. Diese Pflicht wurde vom BAG in seinem Urteil vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) bestätigt. Somit ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten korrekt zu erfassen, um die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften sicherzustellen. Hierzu ist jedoch anzumerken, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Vorschriften nicht nicht angepasst hat und daher in der Praxis viele Arbeitgeber mit der Umsetzung des Urteils warten
Frage 4: Gehaltserhöhung und Ausschlussfristen
Die schriftliche Mitteilung einer Gehaltserhöhung von 2,5 % durch die Geschäftsführung begründet grundsätzlich einen Anspruch auf diese Erhöhung, auch wenn diese nicht in der Personalakte vermerkt ist. Ausschlussfristen, die eine Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb von drei Monaten verlangen, sind grundsätzlich wirksam (§ 195 BGB). Wenn diese Frist verstrichen ist, könnte der Anspruch für die zurückliegenden Monate erloschen sein.
Die Ausschlussfrist bewirkt jedoch nur, dass die Gehaltserhöhung für Monate, die länger als drei Monate zurückliegen, nicht mehr geltend gemacht werden kann. Für die letzten drei Monate und für die Zukunft kann die Gehaltserhöhung dennoch verlangt werden, sofern sie schriftlich bestätigt wurde und somit ein bindender Anspruch besteht.
Hinsichtlich der mündlich angekündigten Gehaltserhöhung von 10 % im Rahmen einer Unternehmensveranstaltung ohne schriftliche Vereinbarung, käme es auf die genaue Formulierung an. Es könnte sich hierbei um eine verbindliche Zusage an die Mitarbeiter handeln, wenn diese klar und deutlich formuliert wurde. Solche Zusagen müssen jedoch eindeutig und unmissverständlich sein, um rechtlich bindend zu sein. Das Ausnehmen einzelner Mitarbeiter könnte wiederum eine Ungleichbehandlung darstellen. Dies wäre anzunehmen, wenn ihnen erkennbare Kriterien einige Mitarbeiter die Erhöhung bekommen und andere nicht.
Frage 5: Dienstwagenregelung und Listenpreis
Der Anspruch auf einen Dienstwagen und die damit verbundenen Konditionen richten sich nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber.
Wenn vertraglich nicht geregelt ist, welcher Dienstwagen konkret gefahren werden darf, kann der Arbeitgeber dies einschränken und auch die Verkäufe hierbei berücksichtigen. Solche Regelungen müssen jedoch transparent, deutlich und angemessen sein. Es ist zulässig, dass der Arbeitgeber festlegt, welche Fahrzeuge aus dem Dienstwagen- bzw. Vorführwagenpool zur Verfügung stehen, solange diese Regelungen klar kommuniziert und sachlich gerechtfertigt sind.
Frage 6: Tankregelung und Guthabenkarten
Die einseitige Änderung der Tankregelung durch den Arbeitgeber könnte einen Eingriff in Ihre vertraglichen Rechte darstellen, wenn dies ohne Ihre Zustimmung und entgegen einer bestehenden Vereinbarung erfolgt ist. Grundsätzlich dürfen bestehende vertragliche Regelungen nicht ohne beidseitige Zustimmung geändert werden, es sei denn, der Arbeitsvertrag sieht eine entsprechende Änderungsmöglichkeit vor. Auch hier gilt, dass eine solche Änderung nur dann möglich ist, wenn die Regelung dies vorsieht, und dann müssen die Regeln des billigen Ermessens beachtet werden (§ 315 BGB).
Nach dem Maßstab des billigen Ermessens erscheint die Änderung der Tankregelung fragwürdig. Es käme daher auf die sachliche Begründung des Arbeitgebers an. Der Arbeitgeber müsste darlegen, dass die Änderung der Tankregelung sachlich gerechtfertigt ist, beispielsweise durch eine erhebliche Erhöhung der Betriebskosten oder andere wirtschaftliche Notwendigkeiten.
Wenn das Tanken vertraglich festgelegt ist, kann der Arbeitgeber diese Regelung nicht einseitig ändern. In Ihrem Fall scheint es, dass die ursprüngliche Vereinbarung 100 Liter zur privaten Nutzung vorsieht und diese einseitig durch Guthabenkarten mit einem Wert von 160 € ersetzt wurde. Dies könnte eine unzulässige einseitige Änderung darstellen, da der tatsächliche Umfang der Leistung (in Litern) dadurch reduziert wurde, insbesondere wenn die Spritpreise schwanken und der Wert der Guthabenkarten nicht ausreichend angepasst wird.
Ich hoffe diese Antworten helfen Ihnen weiter. Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt
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