Sehr geehrter Ratsuchender,
Sie müssen hier Strafrecht und Zivilrecht trennen.
In strafrechtlicher Hinsicht haben Sie eine Unfallflucht gem. § 142 StGB
begangen - den Wortlaut habe ich Ihnen unten angefügt. Hier würde Ihnen im Falle eines Strafverfahrens eine Geldstrafe bzw. möglicherweise auch eine Einstellung gegen eine Geldauflage drohen.
Die Strafe kann gemildert werden oder es kann ganz von einer Strafe abgesehen werden, wenn Sie sich innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall bei der Polizei oder dem Eigentümer des anderen Fahrzeugs melden (§ 142 Abs. 3 StGB
), was Sie sich überlegen sollten, insbesondere da ja nach Ihrer Schilderung der Vorfall auch beobachtet wurde.
Im Falle einer Veruteilung wären Sie zwar vorbestraft, da allerdings nach Ihrer Schilderung eine Strafe von weit unter 90 Tagessätzen zu erwarten wäre, wäre die Strafe nicht in einem Führungszeugnis enthalten und Sie dürften sich auch als "nicht vorbestraft" bezeichnen.
Zivilrechtlich hat der Eigentümer des anderen Fahrzeugs einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber Ihnen bzw. Ihrer Haftpflichtversicherung. Hier ist natürlich jederzeit eine Einigung möglich, nur sorgt eine solche leider nicht dafür, dass automatisch das Strafverfahren eingestellt werden würde.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Arnd-Martin Alpers
Rechtsanwalt
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§ 142 StGB
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich
1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2. berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.
(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.
(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).
(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.
Antwort
vonRechtsanwalt Arnd-Martin Alpers
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Rechtsanwalt Arnd-Martin Alpers
Hallo,
Danke für die schnelle und klasse Antwort!
Ich habe noch ein paar kurze Nachfragen:
Spielt bei der Urteilsfindung und hinsichtlich dem Führungszeugnis eine Eintragung im Erziehungsregister eine Rolle?
Gibt es in diesem Fall hier bei mir bzw. allgemein eine Frist, innerhalb derer eine Anzeige erstattet werden muss, damit der Geschädigte seine Ansprüche geltend machen kann?
Weiterhin bin ich noch in der Probezeit, würde im Falle einer Verurteilung eine Nachschulung auf mich zukommen?
Mit freundlichen Grüßen
lunetts
Vorweg bitte ich zu beachten, dass die Nachfragefunktion dazu dient, die ursprüngliche Frage nochmals zu konkretisieren, während Sie hier ein kleines Bündel an neuen Fragen stellen - daher nur eine kurze Antwort:
Eine Eintragung im Erziehungsregister kann unter Umständen eine (aber in der Regel eher kleine) Rolle bei der Urteilsfindung spielen - insbesondere wenn es sich um einen einschlägigen Vorfall handelte.
Bezüglich Ihrer Frage und dem Begriff "Bagatellgrenze" weise ich nur noch einmal darauf hin, dass nur bei einem praktisch nicht vorhandenen Schaden (unter ca. 25 EUR) die Anwendbarkeit des § 142 StGB
verneint wird und Sie sich nicht strafbar gemacht hätten. Hiervon ist bei Ihrer Schilderung allerdings eher nicht auszugehen.
Sollte es tatsächlich zu einer Verurteilung kommen, wobei nach Ihrer Schilderung aber durchaus gute Aussichten bestehen, dies zu vermeiden, drohen unter anderem die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Aufbausemniar und die Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre (siehe § 2a STVG).
§ 142 StGB
ist kein Antragsdelikt, d.h. niemand muss eine Anzeige erstatten, sondern die Polizei ermittelt, wenn Sie Kenntnis von der Unfallflucht erlangt.
Die zivilrechtlichen Ansprüche des Geschädigten auf Schadensersatz verjähren im Übrigen erst nach 3 Jahren (Ende 2010).
Ist der Unfall heute nacht passiert und haben Sie ausreichend lange gewartet, um einem Beteiligten Ihre Daten geben zu können etc., bestehen durchaus Aussichten, dass Sie gem. § 142 Abs. 2 StGB
um eine Strafe herumkommen, wenn Sie die Festellungen jetzt unverzüglich nachholen, d.h. sich bei der Polizei melden. Ob dies in Ihrer Situation allerdings wirklich das Beste ist, kann hier verständlicherweise nicht abschließend beurteilt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Arnd-Martin Alpers
Rechtsanwalt