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Abwerbeklausel in Vermittlungsvertrag/Dienstleistungsvertrag mit Firma für 24 Stunden Pflegekräfte

| 11. September 2019 10:59 |
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Wirtschaftsrecht, Bankrecht, Wettbewerbsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Samet Sen, Dipl.-Jur.

Zusammenfassung

Sind Abwerbeverbotsklauseln in Vermittlungs- und Dienstleistungsverträgen für eine 24-Stunden-Pflegekraft rechtlich durchsetzbar?

Abwerbeverbotsklauseln zwischen Unternehmen sind laut Bundesgerichtshof nur unter bestimmten Voraussetzungen gerichtlich durchsetzbar. Eine wesentliche Bedingung ist, dass solche Vereinbarungen zeitlich auf maximal zwei Jahre nach Ende der Zusammenarbeit begrenzt sein müssen. Die in Ihrem Fall vorliegenden Klauseln erfüllen diese zeitliche Begrenzung nicht. Daher sind diese rechtlich nicht durchsetzbar.

Unsere polnische 24 h Kraft, die wir über ein deutsche Vermittlungsfirma (--> Vermittlungsvertrag) von einer polnischen Firma (Dienstleistungsvertrag) erhalten haben, möchte bei letzterer Firma kündigen. Da wir sie aber weiter beschäftigen wollen, überlegen wir, Sie direkt anzustellen.

Im Vermittlungsvertrag ist folgende Klausel: "Ebenso wird bei Abwerben und/ oder Selbstbeschäftigung eine(s/r) Mitarbeiter(in) im Verlauf eines Vertrages mit einer ausländischen Firma oder nach der Vertragsbeendigung eine Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 Euro, zuzüglich zu den 850 Euro Vermittlungskosten brutto sofort fällig." Ist diese Klausel rechtswirksam?

Ebenso ist im Dienstleistungsvertrag mit der polnischen Firma folgende Klausel enthalten:
"Das Abwerben bzw. die direkte Beauftragung in welcher Form auch immer eines/einer zuvor vorgestellten oder vor Ort eingesetzten Betreuer/in des Leistungserbringers ist zu unterlassen. Der Auftraggeber versichert darüber hinaus, dass weder durch Ihn, noch durch andere in dessen Umfeld eine Abwerbung und/oder Selbstanstellung/ Beschäftigung im Verlauf des Vertrages sowie nach dessen Beendigung durchgeführt wird. Im Falle eines Verstoßes gegen dieses Gebot wird auf eine Vertragsstrafe in Höhe von 1000 Euro zzgl. einer erneuten Vermittlungsgebühr an den Vermittler im gesondert geschlossenen Dienstleistungsvertrag ausdrücklich hingewiesen." Ist diese Klausel rechtswirksam?

Sehr geehrte Ratsuchende,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt anwaltliche beantworten möchte:

I. Gerichtliche Durchsetzbarkeit dieser Klauseln, § 75f HGB

Der Bundesgerichtshof hat in seinem wegweisenden Urteil (BGH, Urteil v. 30.4.2014, I ZR 245/12 ) entschieden, dass Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die einem oder beiden Vertragspartnern das Abwerben von Mitarbeitern untersagen, nur in besonderen Fällen gerichtlich durchsetzbar sind. Eine solche Vereinbarung muss aber in aller Regel jedenfalls auf einen Zeitraum von zwei Jahren nach Ende der Zusammenarbeit begrenzt werden, was hier vorliegend nicht erfolgt ist. Für die Wirksamkeit hätte also der zeitliche Aspekt (= 2 Jahre) eingehalten werden müssen, was nicht passiert ist. Damit ist diese Klausel rechtlich nicht durchsetzbar.

Für die Gestaltung solcher Abwerbeverbote weist der BGH zudem darauf hin, dass der zeitliche Rahmen des Abwerbeverbots 2 Jahre nach Ende der Zusammenarbeit nicht übersteigen darf.

Nach Ansicht des BGH soll ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren und während dessen Dauer (max. 2 Jahre) eine Entschädigung zahlen, wenn er das Abwerben seiner Arbeitnehmer verhindern will. Jedoch würde eine solche Arbeitgeberansprache den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen behindern (Berufsfreiheit), denn die Abwerbung der Mitarbeiter ohne Entschädigungszahlungen wirkt sich zulasten der Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz der Mitarbeiter aus. Kann der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz wegen des Abwerbeverbots nicht mehr frei wählen, so würde ein beruflicher Wechsel erheblich erschwert werden.

Der BGH nennt konkrete Beispiele, ab wann ausnahmsweise ein Abwerbeverbot gerichtlich durchsetzbar wäre. Ihr Fall fällt rechtlich nicht darunter.


II. Wirksamkeit und Zusammenfassung

Zusammenfassend würde ich die Klausel anwaltlich als nicht wirksam einstufen, weil diese Klausel in diesem Einzelfall stark in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Grundgesetz der Arbeitnehmerin eingreift. Damit können Sie die Arbeitnehmerin einstellen.

Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute.

Mit besten Grüßen

gez. Rechtsanwalt Sen

Rückfrage vom Fragesteller 11. September 2019 | 13:54

Hallo, das sind ja erst einmal gute Nachrichten. Ist denn das EU-Recht, da unsere Polin ja in Polen angestellt ist.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 11. September 2019 | 14:46

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworten möchte.

Der BGH hat vorliegend nach dem nationalen deutschen Recht entschieden. EU-Recht steht dieser Rechtsprechung jedoch nicht entgegen. Der BGH berücksichtigt grundsätzlich das geltende EU-Recht, sodass die von mir oben genannte Rechtsprechung ebenfalls EU-konform ist.

Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute.

Mit besten Grüßen

gez. Rechtsanwalt Sen

Bewertung des Fragestellers 11. September 2019 | 14:52

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Alles prima, schnell und verständlich. Gut, dass das, was ich mir eh schon dachte, jetzt auch anwaltlich gestützt wird.

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