Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Fragen auf Grundlage des geschilderten Sachverhalts wie folgt:
Wenn Sie Arbeitslosengeld I beziehen, tritt nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ein. Seit dem 01.07.2000 gilt jedoch, dass eine Befreiung von dieser Versicherungspflicht nur möglich ist, wenn neben einer privaten Krankenvollversicherung (einschließlich Pflegepflichtversicherung) auch eine Krankentagegeldversicherung besteht. Ohne den Nachweis einer Krankentagegeldversicherung ist eine Befreiung nicht möglich.
Voraussetzung ist außerdem, dass in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit keine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse bestand. Der Befreiungsantrag muss innerhalb von drei Monaten nach Beginn des ALG-I-Bezugs bei einer Krankenkasse gestellt werden. Die Befreiung gilt dann für die gesamte Dauer des Leistungsbezugs, ist unwiderruflich und wirkt rückwirkend, sofern bis dahin keine Leistungen der GKV in Anspruch genommen wurden.
Hintergrund dieser Regelung ist, dass die Agentur für Arbeit bei Arbeitsunfähigkeit maximal sechs Wochen lang ALG I weiterzahlt (§ 146 SGB III). In der gesetzlichen Krankenversicherung würde danach Krankengeld gezahlt (§ 44 SGB V). Damit ein gleichwertiger Schutz besteht, fordert der Gesetzgeber, dass privat Versicherte eine Krankentagegeldversicherung haben, die ab dem 43. Krankheitstag einspringt. Nur so wird ein der GKV vergleichbarer Leistungsumfang sichergestellt.
Für Sie bedeutet das: Mit einer reinen Krankenvollversicherung ohne Krankentagegeld können Sie sich nicht von der GKV-Pflicht befreien lassen. Um den Zuschuss der Agentur für Arbeit nach § 174 SGB III zu erhalten, sollten Sie deshalb umgehend eine private Krankentagegeldversicherung abschließen und von Ihrer PKV den vollständigen Schutz ab 01.07.2025 bestätigen lassen. Erst mit dieser Ergänzung erfüllt Ihr Versicherungsschutz die gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiung.
Fazit: Ja, seit 01.07.2000 ist eine Krankentagegeldversicherung zwingende Voraussetzung für die Befreiung von der GKV-Pflicht während des Bezugs von ALG I. Nur mit Vollversicherung plus Krankentagegeld können Sie in der PKV bleiben und einen Zuschuss der Agentur für Arbeit erhalten.
Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Hussein Madani
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Sehr Geehrter Herr Madani,
Danke für ihre Antwort, ich hätte dazu noch eine klärende frage.
Zusammen mit ihrer aussage, habe ich verschiedene Antworten von verschiedenen parteiien erhalten.
Ich habe bei der Agentur für Arbeit nachgefragt, und man hat mir bestätigt, dass eine Krankentagegeldversicherung von seitens der Agentur aus nicht relevant sei.
Zusätzlich habe ich bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nachgefragt, die für einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung zuständig ist. Auch deren Abteilung hat mir mitgeteilt, dass eine Krankentagegeldversicherung nicht notwendig sei, sondern lediglich ein Basistarif der privaten Krankenversicherung erforderlich wäre.
Es wäre meines Erachtens, daher möglich, einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung versuchen zu stellen und abzuwarten, ob dieser genehmigt wird. Dies ist jedoch nicht rückgängig zu machen.
Falls der Antrag auf Befreiung genehmigt wird , aber die Agentur für Arbeit doch keinen Zuschuss bewilligt, trotz der Aussage am Telefon, wäre dann eine Rückabwicklung der Befreiung möglich?
Mit Freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Ich kann gut nachvollziehen, dass die widersprüchlichen Informationen verunsichern.
Rechtlich ist Folgendes zu unterscheiden: Die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung während des ALG-I-Bezugs richtet sich ausschließlich nach § 8 SGB V. Maßgeblich ist daher die Entscheidung der Krankenkasse, bei der Sie den Befreiungsantrag stellen. Wird dieser Antrag bewilligt, besteht für die gesamte Dauer des ALG-I-Bezugs keine GKV-Mitgliedschaft. Diese Entscheidung ist unwiderruflich, d. h. eine „Rückabwicklung" ist nicht möglich. Auch dann nicht, wenn sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass die Bundesagentur für Arbeit den Zuschuss nicht in der erwarteten Höhe oder überhaupt nicht zahlt.
Die Bundesagentur für Arbeit wiederum entscheidet separat über den Zuschuss zu Ihren Beiträgen (§ 174 SGB III). Dass Ihnen dort telefonisch gesagt wurde, ein Krankentagegeld sei nicht erforderlich, ist für die Bewilligung des Zuschusses zwar ein positives Signal, bindend ist aber nur der schriftliche Bescheid. Es kann in der Praxis durchaus vorkommen, dass PKV-Unternehmen eigene Anforderungen formulieren, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. Maßgeblich bleibt aber das, was die Krankenkasse im Befreiungsbescheid entscheidet und was die Agentur im Zuschussbescheid feststellt.
Daraus folgt: Sie können den Befreiungsantrag stellen und abwarten, ob die Krankenkasse ihn genehmigt. Wenn ja, haben Sie sich damit verbindlich für den Verbleib in der PKV entschieden. Ein Widerruf oder eine Rückkehr in die GKV während des ALG-I-Bezugs ist dann ausgeschlossen. Sollte die Agentur den Zuschuss wider Erwarten verweigern, müssten Sie die PKV-Beiträge selbst tragen und könnten die Ablehnung mit Widerspruch und gegebenenfalls Klage überprüfen lassen.
Mein Rat wäre daher, den Befreiungsantrag nur dann zu stellen, wenn Sie sich die durchgehende Finanzierung der PKV auch ohne Zuschuss zumindest vorübergehend leisten könnten. Sicherer wäre es, sich vor Antragstellung von der Agentur für Arbeit eine schriftliche Zusage über die Zuschussgewährung einzuholen.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt