Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Frage, diese beantworte ich aufgrund Ihrer Angaben wie folgt.
Wie lange habe ich noch Anspruch auf mein altes Bemessungsentgelt?
Nach § 151 Abs. 4 SGB III ist das Bemessungsentgelt mindesten das Entgelt, nach dem das ALG zuletzt bemessen worden ist, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor Entstehung des Anspruches ALG bezogen hat.
So sie bis zum 22.10.2020 ALG bezogen haben, müsste Ihr neuer Anspruch spätestens am 22.10.2022 entstehen, um von der o.g. Regelung des § 151 Abs. 4 SGB III zu profitieren.
Nach Ihrer Schilderung haben Sie zwar Ihr Beschäftigungsverhältnis zum 30.09.2022 gekündigt (hier wird ggf. der Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt § 159 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 S. 1 SGB III und der neu entstehende Anspruch um 84 Tage/12 Wochen gemindert § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III), sind jedoch seit dem 18.09.2022 arbeitsunfähig erkrankt.
So Sie vor Entstehung des Anspruches auf ALG arbeitsunfähig krank sind liegen die Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruches auf ALG (§ 137 SGB III) nicht vor und Sie haben keinen Anspruch auf ALG.
Nach § 138 SGB III sind Sie nur dann arbeitslos, wenn Sie beschäftigungslos sind, sich bemühen Ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen.
Insbesondere die letzte Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn Sie bereits vor Entstehung des Anspruches arbeitsunfähig krank sind, mit der Folge, dass der Anspruch nicht entsteht.
Entsteht der Anspruch nicht bis zum 22.10.2022 fallen Sie aus der Bestandschutzregelung des § 151 Abs. 4 SGB III jedoch heraus und werden normal nach § 151 Abs. 1 SGB III oder soweit kein Arbeitsentgelt von mindestens 150 Tagen in den letzten 2 Jahren vor einer Anspruchsentstehung vorliegt nach § 152 SGB III fiktiv nach Ihrer beruflichen Qualifikation bemessen.
Wenn die Reha jetzt nicht schnell bewilligt werden sollte und ich vorerst bis 30.09.2022 krankgeschrieben bin und danach nicht mehr, kann ich dem Arbeitsamt doch schreiben, dass ich ab 01.10.2022 wieder arbeitsfähig bin? Und ich erhalte dann einen Bescheid mit dem früheren ALG1?
Ja.
Aber was passiert, wenn ich später im laufenden Bezug von ALG1 ab 01.10.2022 die Reha-Maßnahme nachhole, also beispielsweise ab Mitte Oktober für 3 Wochen? Die beiden Krankheiten gehören ja zusammen. Kann sich das auf die Zahlung des ALG1 auswirken? Es werden ja dann trotzdem wahrscheinlich "nur" 5 Wochen zusammenkommen an AU.
Hier möchte ich auf § 146 Abs. 1 SGB III hinweisen. So Sie länger als 6 Wochen krank sind ruht der Anspruch auf ALG, während der Dauer des Bezuges von Krankengeld (§ 156 Abs. 1 Nr. 2 SGB III).
Oder die letzte Alternative: Die Reha beginnt doch bereits am 28.09.2022 und endet am 20.10.2022 und ich melde mich dann am 21.10.2022 wieder arbeitslos. Dann erhalte ich mein altes Bemessungsentgelt meiner Meinung nach ebenfalls. Aber zahlt für die Zeit vom 01.10.2022 dann meine gesetzliche Krankenversicherung (ich bin allein pflichtversichert, keine Familienversicherung) Krankengeld oder die Rentenversicherung Übergangsgeld, orientierend an dem Gehalt meiner letzten Stelle? Und wer übernimmt dann die Sozialversicherungsbeiträge? Oder muss ich in dieser Zeit alles selbst zahlen?
Da Sie sich noch bis zum 30.09.2022 in einem Beschäftigungsverhältnis befinden, ist Ihr Arbeitgeber zur Zahlung der Lohnfortzahlung für 6 Wochen verpflichtet, soweit Sie keinen Anspruch auf Krankengeld haben.
Ich verweise auf den nachstehenden Artikel…
https://www.die-kuendigungsschutzkanzlei.de/2021/03/krankengeld-bei-kuendigung-abfindung-oder-aufhebungsvertrag/
Ich hoffe Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Andreas Wehle /Aachen
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wehle
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Rechtsanwalt Andreas Wehle
Lieber Herr Wehler,
das bedeutet wenn ich mich bis Freitag, 21.10.22, arbeitslos melde (nach meiner Reha) erhalte ich noch mein altes Bemessungsentgelt, richtig (Bezug von ALG1 bis 22.10.20)?
Danke auch für den Link, für mich würde dann m. E. folgendes zutreffen:
Der Arbeitnehmer erkrankt innerhalb der Kündigungsfrist und ist über diese hinaus arbeitsunfähig krank. Das Arbeitsverhältnis endet bereits vor Ablauf der sechs Wochen. Der Arbeitnehmer erhält ab dem Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Entgeltfortzahlung mehr. Er bezieht nur noch das gekürzte Krankengeld in Höhe von 70 Prozent.
Da müsste ich dann noch klären, ob ich Krankengeld von der Krankenkasse erhalte oder Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung. Aber darum kümmere ich mich gerade. Der Antrag auf Reha wurde bei der DRV gestellt.
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Richtig und nochmal richtig.
So Sie einmal im Bezug von Krankengeld waren, erhalten Sie dies weiter, selbst wenn die DRV hätte Übergangsgeld leisten müssen. Hier gibt es im Sozialrecht dann entsprechende Ausgleichssysteme mit Überleitungsansprüchen nach dem SGB X. Aber damit haben Sie dann nichts zu tun, weil in der Regel beide Leistungen in gleicher Höhe erbracht werden.
Beide Leistungen sind nach dem SGB III anwartschaftsbegründend.
Mit freundlichen Grüßen
RA A. Wehle /Aachen