Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Grundsätzlich kann ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG I) bestehen – auch wenn Sie weiterhin geschäftsführender Gesellschafter der GmbH sind. Allerdings sind dabei einige wichtige Voraussetzungen und Besonderheiten zu beachten:
1. Voraussetzungen für ALG I:
a) Arbeitslosigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn:
Sie müssen arbeitslos im Sinne des § 138 SGB III sein, also:
- keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben (Die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit, Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger (Erwerbstätigkeit) schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Arbeits- oder Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst
- sich bemühen, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden und
- der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen.
b) Anwartschaftszeit erfüllt:
Sie müssen in den letzten 30 Monaten mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben.
c) Bei der Agentur für Arbeit albeitslos melden.
2. Besonderheit: Geschäftsführerrolle während ALG I
Da Sie Geschäftsführer einer GmbH sind, prüft die Agentur für Arbeit genau:
- wie viel Zeit Sie für die GmbH aufwenden: ALG I gibt es nur, wenn Sie in der GmbH unter 15 Stunden pro Woche tätig sind.
- ob Sie Gehalt beziehen: Gehalt könnte als Einkommen auf das ALGI angerechnet werden.
- ob die Anwartschaftszeit in Ihrem Fall erfüllt ist. Der Umstand, dass Sie seit September 2022 bis April 2025 in Ihrer GmbH als Geschäftsführer in Vollzeit angestellt waren und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, bedeutet noch nicht, dass Sie in dieser Zeit auch sozialversicherungspflichtig waren. Das ist nur dann der Fall, wenn Sie kein beherrschender Gesellschafter in dem Zeitraum waren, also weniger als 50% der Anteile der GmbH und keine Sperrminorität hatten. Waren Sie beherrschender Gesellschafter, werden Sie vom Arbeitsamt als nicht abhägig beschäftigt beurteilt. Die Folge ist, dass Sie keinen ALG I-Anspruch haben, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt ist.
Vertiefend hierzu:
https://www.haufe.de/id/beitrag/sozialversicherungspflicht-des-gmbh-gesellschafters-HI9158163.html
https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/05_Normen_und_Vertraege/10_Rundschreiben_SpV/95_vers_recht_abh_besch_statusfeststellung/rssp_2019_03_21_a03.html
3. Was sollten Sie tun?
- Bei Antragstellung offenlegen, dass Sie Geschäftsführer einer GmbH sind.
- Glaubhaft machen, dass Sie unter 15 Stunden pro Woche in der GmbH tätig sind (z. B. durch Aufgabenbeschreibung, Zeitaufstellung).
- Nachweise bereitstellen, dass Sie kein Gehalt oder Gewinnbezug erhalten.
4. Fazit:
Sie können ALG I erhalten, wenn Sie:
- die Anwartschaftszeit erfüllt haben,
- tatsächlich arbeitslos im Sinne des Gesetzes sind (unter 15h/Woche in der GmbH tätig),
- und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben.
Die Rolle als geschäftsführender Gesellschafter schließt ALG I nicht automatisch aus, solange Sie nicht hauptberuflich für die GmbH arbeiten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Olga Peschta
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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Olga-Peschta-__l108645.html
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Rechtsanwältin Olga Peschta
Sehr geehrte Frau Peschta, vielen Dank für diese ausführliche und nachvollziehbare Antwort.
Nur zu einem Punkt habe ich noch eine Nachfrage:
- In 2. Punkt 3 schreiben Sie:
"ob die Anwartschaftszeit in Ihrem Fall erfüllt ist. Der Umstand, dass Sie seit September 2022 bis April 2025 in Ihrer GmbH als Geschäftsführer in Vollzeit angestellt waren und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben, bedeutet noch nicht, dass Sie in dieser Zeit auch sozialversicherungspflichtig waren." - die sozialversicherungspflichtige Tätigkeit war in einem anderen Unternehmen, nicht in meiner GmbH.
In diesem Zeitraum habe ich kein Gehalt von meiner GmbH bezogen
- Ist dieser Punkt damit noch relevant?
"Das ist nur dann der Fall, wenn Sie kein beherrschender Gesellschafter in dem Zeitraum waren, also weniger als 50% der Anteile der GmbH und keine Sperrminorität hatten. Waren Sie beherrschender Gesellschafter, werden Sie vom Arbeitsamt als nicht abhägig beschäftigt beurteilt. Die Folge ist, dass Sie keinen ALG I-Anspruch haben, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt ist."
Gerne beantworte ich Ihre Nachfrage.
Waren Sie in dieser Zeit bei einem anderen Unternehmen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, dann ist diese Passage für Sie ohne Relevanz. Wichtig ist, dass Sie in diesem Unternehmen keine beherrschende Rolle hatten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit weiterhelfen.
Mit besten Grüßen
Olga Peschta
Rechtsanwältin