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2 verschiedene Delikte in kurzer Folge (Abstand / Geschwindigkeit)

7. April 2009 21:31 |
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Verkehrsrecht


Ich bin seit 1990 im Besitz eines Führerscheins und habe bislang noch nie Punkte in Flensburg "erworben".
Nun sind an meine Mutter (Fahrzeughalterin) an einem Tag (03.04.2009) 2 Zeugenfragebögen zugestellt worden:

1.) Am 04.03.2009: Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft (im Raum Erfurt) um 27 km/h (nach Toleranzabzug) bei zugelassenen 100 km/h.
Beweismittel: Foto, Film-/Bildnummer ..., Einzeitensensor.
Zeuge: PHM xy

2.) Am 14.03.2009: Bei Geschwindigkeit von 183 km/h den erforderlichen Abstand von 91,50 m nicht eingehalten (BAB A9 bei Lenting). Abstand betrug 30,50 m und damit weniger als 4/10 des halben Tachowertes. (Toleranz berücksichtigt)
Bemerkung: Video-Aufzeichnung/Messverfahren. Keine Abstandsverringerung durch Abbremsen des vorausfahrenden oder Einscheren eines anderen Kfz
Beweismittel: Foto, Video
Zeugen: PHK xz

Im ersten Fall sind Fotos beigefügt.
Nach meinen Recherchen drohen Bußgelder und 2 x 3 Punkte, für die Einzeltaten kein Fahrverbot.

Hier meine Fragen:
1.) Droht durch die Kumulation der Vergehen ein Fahrverbot?
Wenn ja, läßt sich das durch jurstische Schritte vermeiden (benötige Pkw beruflich)
2.) Macht eine Zeugnisverweigerung durch meine Mutter Sinn (ihr Verhalten im Rahmen einer direkten Befragung erscheint mir zweifelhaft)?
3.) Macht es Sinn zunächst im Rahmen einer Akteneinsicht vorzugehen? Könnte dies zunächst ohne meine Namensnennung erfolgen? (Ich habe keine Verkehrsrechtsschutzversicherung)

Sehr geehrter Fragesteller,

gern möchte ich Ihre Frage anhand der von Ihnen gemachten Angaben zum Sachverhalt und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:

1. Fahrverbot
Nach Ihrer Schilderung würde ich nicht mit der Verhängung eines Fahrverbotes rechnen. Ausserhalb der nach dem Bussgeldkatalog direkt angeordneten Fahrverbote kann die zuständige Behörde ein Fahrverbot verhängen, wenn Ordnungswidrigkeiten unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen werden (vgl § 25 Abs.1 S.1 StVG , § 4 Abs.2 BkatV).

Das Oberlandesgericht Bamberg (Az: 3 Ss OWi 422/07 ) hat zur Frage der Beharrlichkeit beispielsweise folgendes ausgeführt:

" Von Beharrlichkeit im Sinne der §§ 24 , 25 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. StVG ist auszugehen bei Verkehrsverstößen, die zwar objektiv (noch) nicht zu den groben Zuwiderhandlungen zählen (Erfolgsunwert), die aber durch ihre zeit- und sachnahe wiederholte Begehung erkennen lassen, dass es dem Täter subjektiv an der für die Straßenverkehrsteilnahme notwendigen rechtstreuen Gesinnung und Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt, so dass er Verkehrsvorschriften unter Missachtung einer oder mehrerer Vorwarnungen wiederholt verletzt (Handlungsunwert). Selbst eine Häufung nur leicht fahrlässiger Verstöße kann unter diesen Umständen mangelnde Rechtstreue offenbaren (u.a. Anschluss an BGHSt 38, 231 /234 f; BayObLGSt 2003, 132 /133)."

Da in Ihrem Falle die beiden Verstösse zum einen zeitlich so nah beieinander liegen, dass der erste noch nicht geahndet war als der zweite erfolgte, also noch kein rechtskräftiger Bussgeldbescheid vorlag, zum anderen zwei verschiedenartige Verstösse betroffen sind (Geschwindigkeit/Abstand) sowie nach Ihrer Schilderung keine anderweitigen Voreintragungen existieren, würde ich davon ausgehen, dass kein beharrlicher Verstoss angenommen wird.

2. Zeugnisverweigerung
Ihre Mutter hat zu Ihren Gunsten ein Zeugnisverweigerungsrecht und es wäre absolut legitim, davon Gebrauch zu machen. Über eine Zeugnisverweigerung gelingt es gelegentlich, sich "in die Verjährung zu retten" (3 Monate). Es sei aber auch darauf hingewiesen, dass nach einer Zeugnisverweigerung im Einzelfall eine Fahrtenbuchauflage verhängt werden kann, wenn der Fahrer anders nicht ermittelt werden kann. Im Rahmen dieser Erstberatung kann ich Ihnen die Entscheidung, ob das Zeugnis verweigert werden sollte, leider nicht abnehmen.

3. Akteneinsicht
Akteneinsicht kann in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäss § 49 Abs.1 OWiG dem "Betroffenen" (sowie natürlich dessen Rechtsanwalt) gewährt werden. Betroffener ist derjenige, dem der Verstoss vorgeworfen wird. Ihre Mutter ist "lediglich" Zeugin und hat als solche kein Akteneinsichtsrecht. Eine Akteneinsicht wäre daher erst dann sinnvoll, wenn Sie bereits als Betroffener angehört werden. Eine Akteneinsicht ohne Namensnennung ist nicht möglich.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen eine erste Orientierung gegeben haben zu können. Es sei der Hinweis erlaubt, dass die Beratung nur anhand der von Ihnen gemachten Angaben erfolgt ist und lediglich eine erste grobe Einschätzung darstellt. Die ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt vor Ort, insbesondere unter Hinzuziehung der Ermittlungsakte, kann hierdurch nicht ersetzt werden.

Mit freundlichen Grüssen,

J. Lau
Rechtsanwältin

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