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Insolvenz KFZ-Versicherer: kein Kaskoschutz mehr

| 15. Juli 2010 11:53 |
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Insolvenzrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Silke Jacobi

Ich habe eine KFZ-Vollkaskoversicherung bei der in Not geratenen Versicherungsgesellschaft INEAS. Der Vertrag läuft bis Ende 2010.
Auf der Internetseite von INEAS steht, dass evtl. Haftpflichtansprüche aus dem Garantiefonds der Verkehrsopferhilfe gedeckt sind, nicht jedoch Kaskoschäden. D.h., Kaskoschäden werden nicht übernommen, obwohl ich hierfür bezahlt habe. Eine ausserordentliche Kündigung des Versicherungsvertrages ist lt. Ineas nicht möglich.
Meine Frage: wie komme ich für den Rest des Jahres zu einem Kaskoschutz (Doppelversicherung ist ja wohl nicht möglich) und wie ist die Chance, meinen vorab bezahlten Versicherungsbeitrag zurückzubekommen. (Es geht mir aber primär um einen Versicherungsschutz, da der "verlorene" Beitrag nur ca. 150,-- € beträgt)

Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich im Rahmen einer Erstberatung auf diesem Portal auf Grundlage der von Ihnen mitgeteilten Informationen gern wie folgt beantworte:

Auf der Homepage der Versicherung wird über die sogenannte Notregelung berichtet, dass man versuche, die laufenden Versicherungsverträge auf andere Versicherungen zu übertragen. Wegen der Kaskoschäden wird nach der dortigen Mitteilungen eine Regulierung zwar nicht völlig ausgeschlossen, doch scheint es in der Tat sehr fragwürdig, ob eine Schadensregulierung überhaupt noch möglich wäre.

Wenn eine Versicherung in Insolvenz gerät, endet nach § 16 VVG das Versicherungsverhältnis autoatisch mit Ablauf des Monats seit der Insolvenzeröfnung. Allerdings scheint beider INEAS derzeit wohl noch kein Insolvenzverfahren in diesem Sinne eröffnet worden zu sein, so dass die Versicherungsverträge derzeit noch weiter bestehen.

Es stellt sich aber die Frage, ob der Versicherungsvertrag bzw. die beiden Verträge über die Haftpflicht- und die Kaskoversicherung entgegen der Mitteilung der Versicherung nicht durch ein Sonderkündigungsrecht beendet werden kann. In den Versicherungsbedingungen der INEAS finden sich keine Regelungen über mögliche Kündigungsrechte im Falle der Insolvenz der Versicherung und es gibt auch keine einschlägigen Urteile dazu, da ein solcher Fall in Deutschland bislang noch nicht vorgekommen ist. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass tatsächlich gar kein Kündigungsrecht besteht.

In Betracht kommt z. B. ein Sonderkündigungsrecht nach § 314 Abs. 1 BGB . Nach § 314 BGB kann u. U. ein Versicherungsvertrag auch ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beendet werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der das Einhalten der Kündigungsfrist im Einzelfall unzumutbar macht. Die Zahlungsunfähigkeit der Versicherung und die damit drohende Gefahr, dass Schäden nicht mehr reguliert werden, könnte m. E. durchaus einen solchen wichtigen Grund darstellen, der zur sofortigen Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist berechtigt. Da die Zahlungsunfähigkeit der INEAS allerdings ein Präzendenzfall ist, kann natürlich nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob dieses Sonderkündigungsrecht tatsächlich auch gerichtsfest wäre.

Ich sehe aber im Rahmen der hier möglichen vorläufigen Einschätzung der Rechtslage eine recht gute Erfolgsaussicht, dass eine Kündigung auf diese Norm gestützt werden kann, da die Schadensabsicherung - sei es nun Haftpflicht- oder Kaskoversicherung - von dringender Notwendigkeit ist und es dem Versicherten nicht zugemutet werden kann, trotz Leistungsanspruch gegen die Versicherung selbst für die Regulierung aufkommen zu müssen. Nach den Informationen, die sich im Internet zur Lage der Versicherung finden lassen, ist ernsthaft zu befürchten, dass die INEAS ihren Vertragspflichten zumindest im Bereich der Kaskoversicherung nicht mehr nachkommen kann und den Versicherten dadurch erhebliche finanzielle Schäden drohen. Da grundsätzlich jederzeit ein Versicherungsfall eintreten könnte, gehe ich ferner davon aus, dass dem Versicherten aufgrund der ungewissen Situation des Versicherungsunternehmens nicht zugemutet werden kann, mit der Kündigung und Neuversicherung bis zur Kündigungsfrist abzuwarten.

Bei Ausübung des Sonderkündigungsrecht nach § 314 Abs. 1 BGB wäre es allerdings angeraten, sowohl die Haftpflicht- als auch die Kaskoversicherung zu kündigen, da es nicht möglich ist, KFZ-Haftpflicht und Kaskoversicherung auf zwei verschiedene Unternehmen aufzuteilen. Werden beide Verträge gekündigt, sollten Sie sich aufgrund dieser außerbgewöhnlichen Situation recht problemlos bei einer anderen Autoversicherung versichern lassen können.

Sie sollten daher m. E. trotz der Auskunft von INEAS die schriftliche Kündigung aufgrund des Sonderkündigungsrecht nach § 314 BGB erklären und um deren umgehende Bestätigung bitten. Sie sollten im Kündigungsschreiben auch ausdrücklich auf die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung bei Zahlungsunfähigkeit der Versicherung hinweisen.

Gleichzeitig sollten Sie sich vorsorglich schon einmal bei einer anderen KfZ-Versicherung erkundigen, ob und zu welchen Bedingungen dort die Versicherung abgeschlossen werden kann. Allerdings muss ich darauf hinweisen, dass eine doppelte KfZ-Versicherung tatsächlich nicht möglich und sogar unzulässig ist. Insofern scheidet eine sofortige Neuversicherung ohne wirksame Kündigung bei INEAS aus.

Als weiterer Ansatzpunkt könnte man, wenn die Kündigung nach § 314 BGB nicht greifen sollte, darüber nachdenken, ob durch die Zahlungsunfähigkeit der Versicherung nicht die Geschäftsgrundlage des Versicherungsvertrags weggefallen wäre und somit eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 BGB vorliegen könnte. Diese Norm ist zwar dem § 314 BGB nachgeordnet, könnte aber u. U. ebenfalls zu einer Vertragsbeendigung führen, wenn eine Vertragsanpassung nicht mehr möglich oder zweckmäßig wäre und ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann. Da diese Norm allerdings in der Anwendung relativ kompliziert ist, würde ich den Weg über das Kündigungsrecht nach § 314 BGB zunächst vorziehen.

Da die Zahlungsunfähigkeit der INEAS einen erstmaligen Fall darstellt, können weder die Autoversicherungen noch andere Stellen auf Erfahrungswerte zurückgreifen, so dass insoweit auch abzuwarten bleibt, wie sich die Angelegenheit weiter entwickelt.

Sofern während dieser Schwebezeit ein Kaskoschaden eintreten sollte, rate ich, diesen trotzdem bei der Versicherung anzumelden, da nach den eigenen Angaben der Versicherung die Regulierung ja nicht absolut ausgeschlossen ist. Sie sollten daher im Falle eines Falles die rechtzeitige Schadensmeldung einreichen, um nicht die Regulierungsansprüche vollständig zu verlieren.

Des Weiteren rate ich, im Falle der Ablehnung der Kündigung oder im Falle eines Kaskoschadens, sich tiefergehend anwaltlich beraten zu lassen, vor allem hinsichtlich einer evtl. unberechtigten Ablehnung der Kündigung.

Da die Versicherungsverträge derzeit noch unverändert bestehen, hat auch der Kaskovertrag grundsätzlich noch Wirksamkeit, so dass grundsätzlich der Versicherungsschutz noch besteht und ggf. von einer anderen Versicherung übernommen werden würde, wenn ein solcher Übergang durch INEAS veranlasst würde. Den Versicherungsschutz als solchen haben Sie also noch nicht verloreen.

Ich hoffe, Ihnen trotz der leider bestehenden Rechtsunsicherheit in dieser Sache wenigstens einen kleinen Überblick über die denkbaren Vorgehensweisen gegeben zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Silke Jacobi
Rechtsanwältin



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Rückfrage vom Fragesteller 15. Juli 2010 | 14:15

Herzlichen Dank für die ausführliche Darstellung und Erläuterung, die mir schon etwas geholfen hat!

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. Juli 2010 | 14:18

Vielen Dank für das positive Feedback!

Falls ich in dieser Sache noch neue Informationen ausfindig mache, werde ich Ihnen diese als Ergänzung meiner Antwort zukommen lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Silke Jacobi
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 15. Juli 2010 | 14:09

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