Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:
Bei der Feststellung, ob eine Kleingartenanlage vorliegt iSd des Bundeskleingartengesetzt spielt es keine Rolle, die Flächen in dem geschlossenen Pachtvertrag nicht ausdrücklich zur kleingärtnerischen Nutzung überlassen wurde.
Eine Kleingartenanlage setzt voraus, dass mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen zusammengefasst sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG).
Wie viele einzelne Kleingärten vorhanden sein müssen, um eine Anlage bilden zu können, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Gesetzgeber hat auf die Bestimmung der Größe der Kleingartenanlage bewusst verzichtet und dies der Planung vor Ort überlassen, um die notwendige Flexibilität und die Anpassung an die örtlichen Verhältnisse zu gewährleisten (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundeskleingartengesetzes BT-Drs. 9/1900, S. 13
). Als optimale Größe von Kleingartenanlagen werden 50 bis 150 Parzellen angenommen (Mainczyk, Bundeskleingartengesetz, 8. Aufl., § 1 Rn. 10 m.w.N.), ohne dass mindestens 50 Gärten für das Vorliegen einer Anlage im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG gefordert werden können. In der Literatur werden hierfür wenigstens fünf Pachtparzellen für erforderlich gehalten (Otte in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Teil H, § 1 BKleingG Rn. 10 [Stand: November 1997]; Stang, Bundeskleingartengesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 14). Wenn nur eine geringe Anzahl von Kleingärten, etwa weniger als 20, vorliegt, kann es im Einzelfall zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen (Mainczyk aaO). In diesen Fällen gewinnen die übrigen Gesichtspunkte, die zur Feststellung einer Anlage nach § 1 Abs.1 Nr. 2 BKleingG heranzuziehen sind, besondere Bedeutung.
Zu diesen Kriterien gehört notwendig das Vorhandensein von gemeinschaftlichen Einrichtungen. Hier ist ein Verbindungsweg gegeben, der die Parzellen verbindet. Fraglich ist, ob dies ausreichend ist.
In aller Regel sind Gärten nur nutzbar, wenn sie durch einen Weg erschlossen werden. Dies gilt für alle gärtnerisch bewirtschafteten Flächen gleichermaßen, und zwar unabhängig davon, ob sie dem Bundeskleingartengesetz unterliegen oder nicht. Ein Weg, dessen Funktion sich im Wesentlichen in der Ermöglichung des Zugangs zu einzelnen Parzellen erschöpft, ist daher kein spezifisches Merkmal einer Kleingartenanlage; er allein vermag deshalb nicht, einem Gartenareal den besonderen Charakter einer Kleingartenanlage zu verleihen (anders möglicherweise Beschlussempfehlung und Bericht des Bundestagsausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zum Entwurf des Bundeskleingartengesetzes, BT-Drucks. 9/2232 S. 17
, der aber wohl ein Wegenetz im Blick hatte).
Eine andere gemeinschaftliche Einrichtung, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG erfüllt, ist m.E. hier nicht ersichtlich.
Eine gemeinsame Wasserversorgung, die eine gemeinschaftliche Einrichtung darstellen kann (Mainczyk aaO, § 1 Rn. 14b und Stang aaO, § 1 Rn. 15; anderer Ansicht: Otte aaO, § 1 BKleingG Rn. 11), besteht hier wohl ebenfalls nicht.
Die vorhandenen Einfriedungen sind wohl aber als als gemeinschaftliche Einrichtung zu qualifizieren. Die Gärten sind nicht jeweils einzeln eingezäunt. Der nach außen vermittelte optische Eindruck einer gemeinsamen Einfriedung ist rechtlich nicht maßgebend, da hiermit allenfalls der Anschein einer gemeinschaftlichen Einrichtung erweckt wird, der überdies lediglich darauf zurückzuführen ist, dass sich jeder einzelne Pächter dazu entschlossen hat, seine eigene Einfriedung auf die seiner Nachbarparzelle abzustimmen.
Ebenfalls ist der PKW-Stellplatz als gemeinschaftliche Einrichtung anzusehen, da alle Parzelleninhaber den Parkplatz als Parkmöglichkeit nutzen können.
Ob eine gemeinsame Elektrizitätsversorgung vorliegt, ist offen. Dies würde voraussetzen, dass die Anlage als solche, nicht aber die jeweiligen Einzelgärten mit Strom versorgt werden. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn auf Wegen Anschlüsse hergestellt werden, die keiner Parzelle zugeordnet sind (vgl. Mainczyk aaO, Rn. 14d).
Ich gehe davon aus, dass Bundeskleingartengesetz anwendbar ist und insoweit die Kündigungsbeschränkungen zu beachten sind.
Gerne stehe ich darüber hinaus zur Verfügung.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Guten Tag, sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, vielen Dank, Ihre bisherige Stellungnahme war schon sehr hilfreich bzw. erhellend!
An dieser Stelle seien noch einige Details nachgetragen, welche die Frage, "BKleinG einschlägig?" ggf. noch sicherer beantworten lassen:
Die 6 Parzellen innerhalb der die Anlage umschließenden Sicherheits-Einfriedung wurden seinerzeit vom Verpächter untereinander und gegen den inneren Verbindungsweg hin mittels etwa hüfthohen Draht- und Jägerzäunchen abgegrenzt. Diese innere Begrenzung ist rein symbolisch, selbst die Türchen der Parzellen waren und sind nicht zum Abschließen vorgesehen.
Über den genannten inneren Verbindungsweg in der Anlage lassen sich die Parzellen erreichen. Alle Parzellen grenzen an diesen Weg an. Zwei der Parzellen haben jedoch wohl wegen der Angrenzung an den äußeren Zufahrtsweg (der besagte Feldweg) zusätzlich direkte eigene Türen bzw. Tore nach Außen, es ist mir jedoch nicht klar, wer diese beiden Zugänge vor vielen Jahren angelegt hatte, vermutlich aber doch der Verpächter.
Es gibt noch ein weiteres interessantes Detail:
Der Verpächter verpachtet in nächster Umgebung eingefriedete Parzellen innerhalb einer weiteren Anlage (allerdings nur drei oder vier Parzellen insgesamt), die ganz ähnlich mit einem inneren Verbindungsweg ausgestattet ist. Zwischen den beiden fraglichen Anlagen befinden sich nur zwei schmale Gartengrundstücke im Eigentum von Drittparteien.
Offenbar umd diese beiden bis jetzt noch getrennten Kleingartenanlagen zu einer einzigen etwas größeren Anlage zusammenzufassen, strebt und strebte der Verpächter nachweislich die Pacht bzw. den Erwerb der "strategisch" dazwischenliegenden Grundstücke an.
Noch ein Wort zum Stromanschluss:
Von seinem Grundstück in der Nähe, welches er selbst bewohnt, versorgt der Verpächter die Gartenanlage mittels einem einzigen dicken Stromkabel mit elektr. Energie. Ein gemeinsamer Zählerkasten mit mehreren Zählern darin ist aus praktischen Gründen nicht auf dem inneren Verbindungsweg aufgebaut, sondern auf einer der verpachteten Parzellen, worüber derzeit m.W. drei der Parzellen mittels nachfolgenden Verteilerkabeln angeschlossen sind. Die Zählerstände liest der Verpächter dort halbjährlich ab. Die Zustimmung, über zwei Fremdgrundstücke hinweg sein Stromkabel zu verlegen, hatte der Verpächter seinerzeit nicht bei deren Eigentümern eingeholt, sondern einfach auf dem "kurzen Amtswege" nur bei deren Pächtern.
Zwei letzte Hinweise: in der räumlichen Nähe der betr. Anlage, etwa ab 150 Metern, liegen mehrere "offizielle" Kleingartenanlagen von Kleingartenvereinen.
Die hier besprochene Anlage macht auch optisch einen einschlägigen Eindruck wie eine typische Kleingartenanlage, von der Größe bzw. Parzellenanzahl einmal abgesehen.
Können die aufgeführten Details Ihre Rechtsmeinung zu "Bundeskleingartengesetz hier einschlägig?" in der einen oder anderen Richtung weiter festigen?
Es gibt weitere Fragen zu der Rechtssache, die ich jedoch getrennt einstellen werde.
Ich gehe nach wie vor davon aus, dass das Kleingartengesetzt anwendbar ist. Bitte beachten Sie aber, dass die Einstufung immer eine Sache des Einzelfalls ist und die Inaugenscheinnahme der Anlage bedingt, so dass das Gericht durchaus zu einer anderen Meinung kommen könnte.