Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich wie folgt beantworten:
Gemäß §§ 314
, 626 BGB
kann ein Fitnessstudio-Vertrag außerordentlich fristlos gekündigt werden, wenn ein sog. "wichtiger Grund" vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertrags bis zur regulären Vertragsbeendigung dem Kündigenden nicht (mehr) zumutbar ist (vgl. MüKo/Gaier, § 314 BGB
Rn. 10). Ein berufsbedingter Umzug in eine andere Stadt stellt einen wichtigen Grund i.S. des § 314 BGB
dar, wenn diese weit genug entfernt ist (vgl. AG Hamburg-Wandsbeck - 716 C 421/98
) und der Fitnessstudio-Vertrag - wie vorliegend - keine kurzfristige ordentliche Kündigung vorsieht. Dies gilt auch, wenn Ihr Fitnessstudio-Vertrag eine anderweitige Regelung vorsehen sollte, da diese gemäß § 307 ff. BGB
unwirksam wäre. FAZIT: In Ihrem Fall können Sie den Fitnessstudio-Vertrag grundsätzlich fristlos kündigen. ACHTUNG: Die fristlose Kündigung muss innerhalb einer angemessenen Frist seit Kenntnis des Kündigungsgrundes erfolgen (vgl. AG Hanau, NJOZ 2004, 4186 mit Verweis auf § 314 Abs. 3 BGB
). Ihrem Zeitplan zufolge gehe ich davon aus, dass zwischen Unterzeichnung des Arbeitsvertrages und Kündigung nur eine kurze und demnach angemessene Zeitspanne lag. BEACHTEN SIE ABER: Setzt der Fitnessstudio-Vertrag für die Kündigungserklärung Schriftform voraus, ist in der Tat eine Unterschrift unter die Kündigung erforderlich (§§ 127 Abs. 1
, 126 Abs. 1 BGB
). Damit wäre die Kündigung erst im 07/2007 wirksam zugegangen, was hinsichtlich der Regelung des § 314 Abs. 3 BGB
problematisch ist. Ich empfehle Ihnen, den Fitnessstudio-Vertrag durch einen Rechtsanwalt auf die Schriftformregelung hin überprüfen zu lassen.
Soweit eine wirksame Kündigungserklärung zugegangen ist, ist das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet. Dies gilt unabhängig davon, ob die Gegenseite diverse Nachweise (z.B. Arbeitsverträge) akzeptiert oder nicht. Der Betreiber des Fitnessstudios kann die Wirksamkeit der Kündigung nicht davon abhängig machen, dass ein Kündigungsgrund schriftlich nachgewiesen wird. Lediglich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung (d.h. einer Zahlungsklage des Studios) tragen Sie die Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes aus wichtigem Grund. Vor Gericht müssten Sie Ihren Umzug sowie den Lebensmittelpunkt in Düsseldorf schriftlich belegen (z.B. durch Vorlage der Arbeitsverträge). BEACHTEN SIE: Entscheidend ist nach m.A. welche Anschrift Sie dem Fitnessstudio bei der Anmeldung mitgeteilt haben. Sollte es sich hierbei um Schermbeck handeln, müssten Sie anwaltlich prüfen lassen, ob Ihr neuer Arbeitsplatz in den NL "weit genug" entfernt ist. Nach m.A. hätten Sie in diesem Fall objektiv signalisiert, zu einer 70km-langen Fahrt (zwischen Schermbeck und Düsseldorf) regelmäßig bereit zu sein, was Einfluss auf die Auslegung in Hinblick auf die angemessene Entfernung im Falle eines Umzugs hat.
Wenn Sie einen Rechtsstreit vermeiden wollen, sollten Sie - unabhängig von den vorangegangenen Ausführungen - dafür Sorge tragen, dass die Gegenseite Ihre Kündigung akzeptiert. Hierbei gibt es keine abschließende Regelung, was der Betreiber des Fitnessstudios als Nachweis zu akzeptieren hat und was nicht. Wenn er den niederländischen Arbeitsvertrag nicht akzeptiert und dieser der einzige Nachweis eines Wohnortswechsels darstellt, müssen Sie ihn wahlweise ins Deutsche übersetzen oder es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Bis zur Klärung des Sachverhalts empfehle ich Ihnen in jedem Fall, Ihre Zahlungen einzustellen, da diese leichterdings als Anerkenntnis ausgelegt werden können. Im Übrigen rate ich Ihnen dringend, einen fachkundigen Kollegen in der Angelegenheit zu konsultieren, da sowohl rechtliche wie auch taktische Schritte unter Einbeziehung sämtlicher Tatsachen, d.h. insb. des Fitnessvertrages, besprochen werden müssten. Selbstverständlich stehe ich Ihnen auch persönlich zur Überprüfung des Vertrages sowie zur Übernahme der Korrespondenz zur Verfügung.
Ich hoffe, Ihnen mit den vorangegangenen Ausführungen vorab weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Iven
Rechtsanwalt
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