Sehr geehrter Fragestellerin,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme
Nach den einschlägigen Versicherungsbedingungen beginnt der Versicherungsfall mit der Heilbehandlung, d. h. der ärztlichen Tätigkeit, die durch die betroffene Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf die Heilung oder Linderung der Krankheit abzielt, mag dieses Endziel auch erst nach Unterbrechungen oder mit Hilfe weiterer Ärzte erreicht werden. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH beginnt die Heilbehandlung mit der ersten Inanspruchnahme einer solchen ärztlichen Tätigkeit (BGH, VersR 1978, 271
; VersR 1996, 1224
), wobei zur Behandlung nicht nur die unmittelbare Heiltätigkeit, sondern auch schon die erste ärztliche Untersuchung, die auf ein Erkennen des Leidens abzielt, gehört, ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige und richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen worden ist. Aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung wurde im Rahmen der kieferorthopädischen Untersuchung am 15.10.2009 die Diagnose „Zahnfehlstellung" erstellt, so dass der 15.10.2009 als der Zeitpunkt des Beginns der Heilbehandlung im Sinne der AVB anzusehen sein wird. Nachdem die Versicherung bei der CSS ein Jahr später abgeschlossen wurde, wird keine Leistungspflicht der CSS für die kieferorthopädische Behandlung aufgrund der Vorvertraglichkeit bestehen.
Nachdem Ihr Zahnarzt die Gesundheitsfragen hinsichtlich Ihrer Person nachweislich falsch beantwortet hat, sind Schadensersatzansprüche gegen diesen zu prüfen. Problematisch dürfte die Bezifferung des Schadens sein. Denn bei richtiger Beantwortung der Fragen hätte die CSS im Rahmen ihrer Risikoprüfung entweder kieferorthopädische Kosten ausgeschlossen oder nur durch entsprechend hohe Prämien übernommen. Für den Fall des Ausschlusses kieferorthopädischer Kosten ist dann kein Schaden entstanden, wenn auch keine andere Versicherung dieses Risiko versichert hätte.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
J. Petry-Berger
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
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Guten Tag sehr geehrte Frau Berger,
könnte ich bei der Versicherung Chancen haben wenn mein Kieferorthopäde mir bescheinigt, dass meine Zähne nach dem 15.10.2009 noch schiefer geworden sind (Gegenbiss der in (2) Zahnlücken wanderte und Zähne die in Zahnlücken kippten)? Wenn also ein neues Ereignis eingetreten ist.
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Fragestellerin,
die Beantwortung Ihrer Nachfrage wird zunächst maßgeblich davon abhängen, ob die Behandlungsbedürftigkeit nach der Untersuchung am 15.10.2009 entfallen ist. Regelmäßig entfällt die Behandlungsbedürftigkeit ab dem Zeitpunkt, ab dem die Fortführung der Heilbehandlung medizinisch nicht mehr notwendig ist. Nachdem eine Heilbehandlung im Jahr 2009 nicht einmal begonnen wurde, wird ein Entfallen der Behandlungsbedürftigkeit der Zahnfehlstellung grundsätzlich nicht angenommen werden können und damit grds. von einem bereits im Oktober 2009 begonnenen und lediglich unterbrochen vorvertraglichen (nicht versicherten) Versicherungsfall auszugehen sein. Allerdings sehe ich Chancen die CSS erfolgreich in Anspruch zu nehmen, wenn Sie durch ein ärztliches Attest nachweisen können, dass die bereits im Jahr 2009 bestehende Anomalie Ihrer Zahnstellung zu dieser Zeit aus medizinischer Sicht nicht kieferorthopädisch behandlungsbedürftig war. Denn nicht jede Zahnfehlstellung muss "automatisch" behandelt werden muss, vielmehr ergibt sich eine Behandlungsnotwendigkeit erst dann, wenn die Zahnfehlstellung einen Krankheitswert darstellt. Der erst ab Oktober 2010 eingetretene Krankheitswert Ihrer Zahnfehlstellung kann ggf. mit „Wandern" der Zähne nach dem Jahr 2009 aufgrund der Zahnlücken begründet werden.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger