Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Vorab möchte ich betonen, dass in BU-Leistungsfällen eine verbindliche Beurteilung nur anhand der vollständigen Unterlagen, insbesondere Versicherungsunterlagen möglich ist.
Die von Ihnen zitierte Vertragsregelung weicht von den Musterbedingungen ab.
Der Normalfall ist die Berufsunfähigkeit, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd, mindestens 6 Monate, außerstande ist, ihren Beruf auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht (§ 2 Absatz 1 Musterbedingungen BU).
§ 2 Absatz 3 Musterbedingungen enthält eine Regelung zur fingierten Berufsunfähigkeit:
"Ist die versicherte Person ... Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, gilt die Fortdauer dieses Zustands als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit."
Bei der von Ihnen zitierten Vertragsklausel handelt es sich also um eine fingierte Berufsunfähigkeit, also alleine aus dem Umstand, dass Sie mehr als 6 Monate krankgeschrieben waren und deshalb Ihren Beruf nicht ausüben konnten.
Nach der von Ihnen zitierten weiteren Regelung ist auch eine Rückwirkung des Beginns der BU vereinbart, nämlich auf den Tag, an dem die maßgeblichen sechs Monate begonnen haben.
Demnach dürfte der Beginn der Berufsunfähigkeit auf Anfang Januar zu datieren sein.
Ein weiteres Kriterium ist die Frage, ob Meldefristen zu beachten sind, die einer Rückwirkung entgegenstehen. Das kann ich ohne Bedingungen leider nicht beurteilen. Bei "guten" Bedingungen gibt es keine Meldefrist.
In Ihrem Fall wird nach den Vertragsklauseln die Berufsunfähigkeit fingiert. Auf eine Unterscheidung zwischen Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit kommt es daher nicht an.
Zum Unterschied: Arbeitsunfähigkeit ist die vorübergehende, Berufsunfähigkeit ist dauerhafte Beeinträchtigung dem Beruf nachzugehen.
Die Ihnen vorliegenden Arztunterlagen müssten für die Bewilligung der fingierten BU-Rente ausreichen.
Es muss in Ihrem Vertrag aber noch eine Regelung über die Fortdauer der Berufsunfähigkeit geben.
Bei der Prüfung des Normalfalls der Berufsunfähigkeit nach § 2 Absatz 1 der Musterbedingungen (eine ähnliche Regelung müsste in Ihrem Vertrag auch drin sein), muss nicht der Beginn einer Krankheit für den Zeitpunkt einer Berufsunfähigkeit maßgeblich sein. Das OLG Celle, Urteil vom 04.05.2005, Az. 8 U 181/04
, schreibt hierzu:
"Der Versicherungsfall darf hierbei nicht mit dem Begriff der Krankheit, die zur Berufsunfähigkeit geführt hat, gleichgesetzt werden. Vielmehr muss als Beginn der Berufsunfähigkeit der Zeitpunkt festgestellt werden, in dem erstmals ein Zustand gegeben war, der bei rückschauender Betrachtung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Besserung im Sinne einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erwarten ließ (BGH VersR 1990, 729
)."
Bei der Beantragung einer BU-Rente werden oft Fehler gemacht. Ich empfehle Ihnen, dass Sie sich anwaltliche Unterstützung oder Hilfe bei einem spezialisierten Versicherungsberater holen.
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Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hilpüsch, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 07.10.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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