Sehr geehrter Fragesteller,
anhand Ihrer Angaben beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Nachdem Bundestag und Bundesrat grünes Licht für die WEG-Novelle gegeben haben, sind zum 01.06.2007 wesentliche Veränderungen des WEG-Gesetzes in Kraft getreten. Im folgenden möchte ich Ihnen einen kurzen Einblick über die entscheidenden Neuerungen verschaffen.
Die gesetzlichen Bestimmungen verändern sich speziell im Bereich der Erweiterung der sogenannten Beschlusskompetenz. In gewissen Punkten wird den Eigentümern die Möglichkeit gegeben eine vom Gesetz oder der Teilungserklärung abweichende Regelung durch einen mehrheitlichen Beschluss zu fassen. Dies betrifft hauptsächlich die Änderung der Verteilungsmaßstäbe für Betriebs- und Verwaltungskosten, so dass die Eigentümergemeinschaft durch mehrheitlichen Beschluss (einfache Mehrheit) beispielsweise einen Maßstab zugrunde legen kann, welcher dem individuellen Verbrauch entspricht. Ebenso können die Eigentümer die Kostenverteilung für konkrete Modernisierungs-, Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum über einen Mehrheitsbeschluss festlegen. Bisher war bei Maßnahmen wie dem Einbau neuer Heizanlagen oder Aufzügen, sowie dem Anbau von Balkonen die Zustimmung aller Wohnungseigentümer von Nöten. Nach der WEG-Novelle ist nun bei solchen baulichen Veränderungen ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss ausreichend, d.h. es müssen mind. drei Viertel aller stimmberechtigten Eigentümer zustimmen, die gleichzeitig noch mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile des gemeinschaftlichen Eigentums repräsentieren.
Da solche Mehrheitsbeschlüsse nicht im Grundbuch eingetragen werden soll künftig beim Verwalter eine allgemein einsehbare Beschluss-Sammlung geführt werden, so dass sich Eigentümer und Kaufinteressenten über aktuelle Beschlüsse der Gemeinschaft informieren können und die Rechtssicherheit dieser gewährleistet ist.
Zu Ihren konkreten Fragen:
Um ein Ausführung mit Stützen zu beschließen, ist generell ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss ausreichend. Problematisch ist, dass die Stützen auf der Sondernutzungsfläche des Miteigentümers aufgestellt werden sollen. Fraglich ist, ob der Miteigentümer dies zu dulden hat. Zunächst müssen die §§ 22
und 14 WEG
beachtet werden. Danach ist die Zustimmung für Sanierungen entbehrlich, die nicht beeinträchtigend sind. Ihre Argumente sprechen dafür, dass der Miteigentümer durch die Stützen in der Nutzung nicht eingeschränkt wird. Den Miteigentümer treffen im Übrigen auch Pflichten, u.a. auch Duldungspflichten. Das bayrische Oberlandesgericht hat solch einen Duldungsanspruch für das Durchlegen von Leitungen am Sondereigentum bejaht, vgl. NJW-RR 91,463
. Ob dieser Fall mit dem streitgegenständlichen vergleichbar ist, kann ich, ohne das Objekt zu kennen und die gesamte Teilungserklärung gelesen zu haben, nicht abschließend beurteilen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache mit dieser ersten Einschätzung weiterhelfen konnte und verweise bei Unklarheiten auf die kostenlose Nachfragefunktion. Wie Sie sehen, ist individuelle Rechtsberatung notwendig. Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die untern mitgeteilte E-Mail-Adresse.
Einstweilen verbleibe ich
mit besten Grüßen
Inga Dransfeld-Haase
Rechtsanwältin
Sehr geehrte Frau Dransfeld-Haase,
vielen Dank für Ihre schnelle und vor Allem nützliche beantwortung meiner Frage. Ich habe noch eine kurze Nachfrage zu Teil b):
Kann eine einzige Gegenstimme ausreichen eine Vergrößerung der Balkone zu verhindern, da hierzu die Teilungserklärung geändert werden müsste?
Mit feundlichem Gruß
Sehr geehrter Fragensteller,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Die Änderung der Teilungserklärung ist auch trotz Gegenstimme gültig, wenn die alte Teilungserklärung eine Öffnungsklausel enthält, die besagt, dass über Änderungen nach dem Mehrheitsprinzip entschieden werden. Ist dies nicht der Fall, ist Einstimmigkeit erforderlich. Da ein Eigentümer nicht zugestimmen wird, wäre die Änderung in diesem Fall unwirksam.
Sie könnten über die Maßnahme als Modernisierung abzustimmen, damit die Teilungerklärung nicht geändert werden muss, was im Übrigen mit Kosten für die Eigentümer verbunden ist, jedoch Rechtunsicherheit mit sich bringt.
Sollte eine Änderung der Teilungserklärung gewünscht sein, sollte die Mehrheit auf den einzelnen Eigentümer einwirken und ihn darauf hinweisen, dass er in Zukunft wohl auch auf Mehrheiten in der Gemeinschaft für die Durchsetzung seiner Belange angewiesen sein wird. Vielleicht hilft "der Wink mit dem Zaunpfahl".
Mit freundlichen Grüßen
Inga Dransfeld-Haase