Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte diese anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:
Bezüglich der Zwangsräumung wird es darauf ankommen, in welchem Umfang Sie bei Gericht eigene Härtefallgründe aufgeführt haben. Gegebenfalls sollten Sie hier – sofern noch nicht erfolgt – weitere Gründe nachschieben, um das Gericht auf Ihre Seite zu ziehen und eine Entscheidung zu Ihren Gunsten zu erwirken. Was konkret dort von Ihnen schon vorgetragen wurde und ob dies ausreichend im Sinne des gewünschten Erfolgs der Gewährung von Räumungsschutz sein wird, vermag ich mangels genauer Kenntnis Ihres bei Gericht insoweit schon erfolgten Vorbringens nicht abschließend beurteilen. Allerdings kann ich Ihnen hier schon einmal ein paar Grundsätze und Möglichkeiten aufzeigen, welche anhand Ihrer geschilderten Situation erfolgversprechend sein könnten.
Die Entscheidung des Gerichts bezüglich Ihres Räumungsschutzantrages wird davon abhängig sein, inwieweit der derzeitige Wohnungsverlust für Ihre Familie eine Härte darstellen würde, welche mit den guten Sitten nicht vereinbar ist, vgl. § 765 a I ZPO. Diese Frage muss und wird bezogen auf Ihren Einzellfall unter Abwägung aller Tatsachen und auch der Interessen des Gläubigers entschieden werden. Das Gericht muss hier eine vollständige Interessenabwägung vornehmen. Maßgeblich ist also, was Sie zu Ihren Gunsten alles vorgebracht haben und was Sie eventuell noch zusätzlich entsprechend meinen nachfolgenden Ausführungen eventuell zusätzlich vorbringen könnten.
Dabei kann jedenfalls dann die Würdigung aller Umstände, die unter Beachtung der Wertentscheidungen des Grundgesetzes und der dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung immer noch gewährleisteten Grundrechte seitesn des Gerichts vorgenommen wird, in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Räumungsvollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen – sogar auf unbestimmte Zeit einzustellen ist (BVerfG Beschluss vom. 27.6.2005 - 1 BvR 224/05, NZM 2005, 657, 658 f.).
Zunächst könnten Sie sich darauf berufen, dass angesichts der Größe Ihrer Familie und gerade jetzt im Winter (da sich die sittenwidrige Härte auch aus dem Zeitpunkt der Vollstreckung ergeben kann, vgl. OLG Frankfurt OLGZ 81,250) kaum ein geeignetes Ausweichquartier zu finden sein wird. Dies ist zwar für sich betrachtet sicherlich noch kein ausreichender Grund, allerdings muß Ihnen z.B. auch eine Möglichkeit eingeräumt werden, Ihre Tiere und Möbel mitzunehmen. Viel gravierender dürfte allerdings eventuell die von Ihnen geschilderte krankheitsbedingte Situation sein. Wenn Sie hierbei vorbringen und belegen könnten, dass Ihnen oder Ihren Kindern durch die Räumung krankheitsbedingt schwerwiegendere Gefahren für Leben oder Gesundheit drohen, muss das Gericht diesem unabhängig von der Ursache besonders sorgfältig nachgehen (BVerfG 52, 214 ff; NJW 94, 1719). Solche Umstände müssen Sie aber unbedingft hinreichend glaubhaft machen, z.B. durch aktuelle ärztliche Atteste belegen können. Es muss sich für das Gericht quasi ergeben, dass schon die bloße Zahlungsvollstreckung die bestehende Konfliktsituation bis hin zu einer akuten Lebens- oder Gesundheitsgefahr verschärfen könnte. Gleichzeitig muss das Gericht dann aber in diesem Zusammenhang auch prüfen und davon überzeugt werden können, ob einer solchen möglichen Gefahr nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird. Nicht zuletzt wird dabei aber auch vom Schuldner selbst erwartet werden, dass er alles ihm Zumutbare unternimmt, um Gefahren für Leben und Gesundheit nicht nur seiner selbst, sondern auch seiner mit ihm gemeinsam in der zu räumenden Wohnung lebenden Angehörigen möglichst auszuschließen (BGHZ 163, 66, 74; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19.10.2005 - VIII ZR 208/05, ZMR 2006, 33). Dabei ist auch Aufgabe des Vollstreckungsgerichts festzustellen, welche Handlungen dem Räumungsschuldner konkret zumutbar sind.
Gleichzeitig muss die vom Gericht vorzunehmende Abwägung aber wie schon erwähnt auch ergeben, dass nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Dies könnte in Ihrem Fall eventuell damit begründet werden, dass dem Vermieter hier eine Art Sicherheit für seine offenen Forderungen gestellt wird und außerdem ja ohnehin für die nächsten Monate die Mietzahlungen schon wie Ihrerseits geschildert gesichert sind. Eine Möglichkeit zur Leistung zusätzlicher Sicherheit neben einer sicherlich schon gezahlten Kaution wäre z.B. eine Sicherungsabtretung Ihrer gegen den eigenen Schuldner noch bestehenden Forderungen in Höhe des Rückstandes und ggf. auch für zukünftige Mietzinszahlungen. Dabei müsste allerdings auch konkret noch dargelegt werden, dass Ihre eigenen Forderungen in entsprechender Höhe zeitnah realisierbar sind. Wenn der Schuldner, von dem Sie noch Zahlungen zu beanspruchen hätten, wie geschildert nachweislich solvent ist, sollte dies ausreichen, wenn zumindest auch zeitnah gleichzeitig gegen diesen die schon titulierten Forderuingen zwangsvollstreckt werden. Die Kosten für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind auch überschaubar und regelmäßig nicht allzu hoch. Soweit Ihnen dennoch die notwendigen Mittel hierzu fehlen, dürfte dies auch im Wege der Prozesskostenbeihilfe zu realisieren sein. Da Ihre Forderungen gegen den eigenen solventen Schuldner schließlich auch schon tituliert sind, sehe ich auch keinen Grund, warum Sie nicht unverzüglich Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in Auftrag geben. Angesichts des Immobilieneigentums bietet sich doch auf den ersten Blick schon ein Antrag auf Zwangsverwaltung oder – versteigerung an, um Ihre Forderungen alsbald realisieren und dann damit den Vermieter bedienen zu können.
Vor dem Hintergrund Ihrer erklärten Bereitschaft, diese Forderungen sogar vollständig an Vermieterseite abzugeben (was meines Erachtens nicht nötig ist!), wenn sie nur in der Wohnung bleiben dürfen, kann man die Beitreibung Ihrer titulierten Forderungen auch im Wege anwaltlicher Vorleistung vornehmen und sich wegen der Kosten ggf. auch über eine Erfolgshonorarvereinbarung unterhalten. An Anwaltskosten sollte dies jedenfalls nicht scheitern. Wenn Sie es wünschen, können Sie insoweit gern für die nächste Woche einen persönlichen Termin in meiner Kanzlei vereinbaren, bei welchem zunächst einmal alles genau geprüft und weitere Schritte besprochen werden können. Bislang haben meine Mandanten und ich auch immer einen Weg bezüglich der Kostenfrage gefunden. Dies musss auch nicht im Vordergrund stehen, vielmehr sollte Ihr Problem und die Suche nach einer Lösung Mittelpunkt vernünftiger anwaltlicher Arbeit sein.
Ich hoffe jedenfalls, ich konnte Ihnen bis dahin erst einmal einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen trotz der sicherlich schwierigen Situation etwas weiter.
Ansonsten wünsche ich Ihnen schon einmal ein schönes kommendes Wochenende und auch eine besinnliche Vorweihnachtszeit. Wie gesagt – wenn Sie es wünschen – können Sie gern für alles Weitere einen persönlichen Termin mit mir vereinbaren, an den Kosten sollte dies jedenfalls nicht scheitern.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Joschko
Rechtsanwalt