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Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht (Garten, gemeinschaftlich genutzte Räume)

12. Dezember 2022 09:46 |
Preis: 95,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Sehr geehrte Damen und Herren,

ein Zweifamilienhaus mit Grundstück wurde vom Übertraggeber (Elternteil) an den Übertragsnehmer (Kind) überschrieben. Übertraggeber ließ sich im Vertrag ein Wohnungsrecht auf Lebenszeit für die bereits vor der Übertragung bewohnte Wohnung im Erdgeschoss + 2 Kellerräume, sowie einem Recht zur Nutzung eines weiteren Kellerraums und des Gartens eintragen.

Übertragenehmer lebt mit Ehepartner und Kindern in der Wohnung 1. OG. Standort ist NRW.

Seit Übertragung lief das Zusammenleben soweit harmonisch und „auf Zuruf" ab. Leider gab es aus anderen Gründen einen Streit (mittlerweile beigelegt), der jedoch unterschiedliche Ansichten über die „Benutzungen" zu Tage brachte, die voraussichtlich noch einmal zu neuen Diskussionen führen werden.

Dazu Zitat aus dem Übertragungsvertrag:

"Übertrageber übertragt hiermit auf den dies annehmenden Übertragsnehmer den vorbezeichneten Grundbesitz nebst allen gesetzlichen Bestandteilen und Zubehörstücken zu alleinigem Eigentum.
Übertragsnehmer bestellt zu Gunsten des Übertraggebers […] ein Wohnungs- und Nutzungsrecht als beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1093 BGB in der Weise, dass die Berechtigten auf Lebensdauer unter Ausschluss des Eigentümers zur Nutzung der abgeschlossenen Wohnung im Erdgeschoss des Hauses […] berechtigt sind

Zum Wohnungsrecht gehören sämtliche, im Erdgeschoss des Hauses gelegenen 3 Räume nebst Küche, Diele, Bad, einschließlich 2 Kellerräume im Altbau, die gemeinsame Gartennutzung sowie die gemeinsame Nutzung des Kellerraumes im Anbau."

Sowie Eintragung im Grundbuch, zweite Abteilung:

"Beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht), löschbar bei Nachweis […]"

Weitere Vereinbarungen/Verträge existieren nicht.

Der „Kellerraum Anbau" wird genutzt als Arbeitszimmer mit Lagerfläche.
Der Garten ist ein Mischgarten mit Rasen, Blumenbeeten, Obstbäumen und Sträuchern, Spielwiese.

Das Wohnungsrecht für „die im Erdgeschoss des Hauses gelegenen 3 Räume […] einschließlich 2 Kellerräume im Altbau" ist unstrittig.

Nach Ansicht des Übertraggebers berechtigt der notarielle Übertragungsvertrag diesen dazu, den Garten und den Kellerraum im Anbau derart zu benutzen, dass die Wohnungsberechtigten auch über die jeweilige Gestaltung mitentscheiden dürfen bzw. die Entscheidungen/Vorgaben des neuen Eigentümers blockieren können.

Dieser Ansicht folgt der neue Eigentümer nicht: Genannt wird vertraglich §1093 BGB, „einen Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu benutzen". Jener greift hier lediglich für die Wohnung EG plus die 2 Kellerräume Altbau. Der Kellerraum Anbau kann durch die vertragliche „gemeinsame Benutzung" nicht unter §1093 fallen, da Eigentümer nicht ausgeschlossen (exklusiv).
Eben so wenig kann sich §1093 auf den Garten beziehen, da dieser kein Gebäude oder ein Teil davon ist.

Selbst wenn §1093 für Garten und Kellerraum Anwendung fände, regelt der in §1093 genannte Verweis auf §1037 Abs 1 „Umgestaltung", dass der Begünstigte nicht berechtigt ist, Umzugestalten oder wesentlich zu Ändern.

Für beides, Garten und Keller Anbau, kann nur §1090 BGB als beschränkte persönliche Dienstbarkeit angewendet werden, wie es ja auch im Grundbuch eingetragen wurde.

§1090 berechtigt den Übertraggeber dazu, das Grundstück „zu benutzen".

Da es über diese Benutzung keine weiteren Abmachungen gibt, greifen die gesetzlichen Regelungen, die in §1090 Abs 2 gelistet werden. Hier z.B. §1020 „schonende Ausübung".

Die Interpretationen der Parteien über die „gemeinsame Benutzung" sind nicht miteinander vereinbar, so dass Streit vorprogrammiert ist.

Daher die folgenden Fragen:
1) Ist der Wohnungsberechtigte/Übertraggeber zur Mitgestaltung/Mitbestimmung über den „Kellerraum Anbau" berechtigt oder obliegt die Entscheidung über Gestaltung und Nutzungszweck darüber dem Eigentümer?

2) Reicht es aus, wenn der Eigentümer dem Berechtigten im besagten Raum dem Zweck des Raumes entsprechend Platz zur Ausübung einräumt? (Raum ist Arbeitszimmer mit Lagerfläche und Gartenzugang)

3) Wozu ist der Berechtigte im Garten befugt? Gartenstühle/Tisch, Planschbecken, Sonnenschirm aufstellen, Gartenparty veranstalten, Grillen etc. ist unstrittig. Aber wie steht es um eigenständige Änderungen wie z.B. Beete anlegen/entfernen, Deko aufstellen, Bäume/Sträucher (um)pflanzen, Terrasse anlegen etc.?

4) Wozu kann der Berechtigte im Garten verpflichtet werden? Nach Erachten des Eigentümers für "einfache pflegerische Tätigkeiten" (also mal zum Rasen mähen, Laub kehren, aber nicht zum Unkraut entfernen, Bäume stutzen, Wiese umgraben)

5) Auf dem Grundstück im Garten existieren schon vor der Übertragung bauliche Anlagen (Hütte, Schuppen, Gewächshaus). Ist die (Mit)Benutzung automatisch per Gesetz erlaubt oder kann der Eigentümer die Benutzung gar komplett untersagen, da bauliche Anlagen auf dem Grundstück nicht automatisch „Garten" sind?

Und zwei Bonus-Fragen:
6) Im Haus existiert im Keller ein weiterer Raum der von beiden Parteien als Waschküche/Trocknungsraum/Lager genutzt wird sowie ein weiterer Raum mit WC und eine Abstellkammer, die nur über den Garten zugänglich ist. Diese werden vertraglich nicht explizit erwähnt aber regelmäßig von den Wohnungsberechtigten mit genutzt. Kann eine Benutzung ersatzlos untersagt werden?
7) Direkt an die Wohnung im Erdgeschoss anschließend und durch eine Tür der EG-Wohnung zugänglich existiert eine Terrasse, die Zugang zum Garten und auch Zugang zur Straße gewährt. Diese wird vom Wohnungsberechtigten als "seine" Terrasse, zugehörig zum Wohnungsrecht erachtet, (mit Androhung, dass Eigentümer diese nicht mehr betreten darf wenn es hart auf hart käme). Zählt eine Terrasse zum Wohnungsrecht oder zum Garten oder gar als bauliche Anlage (analog zu Frage 6) ?

Über aussagekräftige Fragen bin ich sehr dankbar - auch wenn die Antworten nicht meinen Ansichten folgen. Gerne auch mit Verweis auf entsprechende Urteile.

Leider ist es schwierig als Laie durch die Überlagerung der verschiedener Themen (Sondernutzung, gemeinsame Nutzung, Mitbenutzung, WEP, Pacht, Mietrecht, Nutznießer, Grundstück, Garten, Dienstbarkeiten, Eigentum und Besitz) eindeutig anwendbare Aussagen zu finden.


Einsatz editiert am 12. Dezember 2022 12:45

12. Dezember 2022 | 14:09

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

1) meines Erachtens kann hier der Eigentümer nicht mitbestimmen, denn wortwörtlich wurde vereinbart, dass mit dem Wohnrecht auch der Kellerraum Anbau belegt wurde.

Da aber zugleich für diesen Teil auch von einer „gemeinsamen Nutzung" die Rede ist, halte ich diesen nicht näher erläuterten Zusatz für dem Wohnrecht widersprechend.

Selbst, wenn man die Vereinbarung so
auslegen wöllte, dass auch der Eigentümer neben dem Berechtigten bei dem Keller Anbau gleich berechtigt sein sollte, so wäre der Rechtsfindung nicht wirklich geholfen, denn es gilt:

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1024 Zusammentreffen mehrerer Nutzungsrechte
Trifft eine Grunddienstbarkeit mit einer anderen Grunddienstbarkeit oder einem sonstigen Nutzungsrecht an dem Grundstück dergestalt zusammen, dass die Rechte nebeneinander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können, und haben die Rechte gleichen Rang, so kann jeder Berechtigte eine den Interessen aller Berechtigten nach billigem Ermessen entsprechende Regelung der Ausübung verlangen.

Hier wäre also letztlich eine (interne) Einigung zu erzielen oder aber eine Regelung seitens des Gerichts herbeizuführen.

Zudem bestimmt :

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1091 Umfang
Der Umfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bestimmt sich im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnis des Berechtigten.


Ohne weitere Regelungen wird daher dem Willen des Berechtigten hier ein Vorrang einzuräumen sein, wenn der Umfang des Nutzungsrechts zweifelhaft sein sollte.


2) Wenn der Berechtigte zustimmt, reicht das aus.
Ich würde hier eher Nutzungstage bestimmen, dann ist aber nicht klar, wer die Gestaltungshoheit hat bzw. haben soll.

Im Zweifel wird auch hier eine gemeinsame Regelung per Gerichtsurteil über Interessenabwägung notwendig werden.

3) 4)Hier gilt wegen der unglücklichen Formulierung das Gleiche wie beim Keller, Sie müssen eine Einigung finden, den Garten notfalls intern in Nutzungsbereiche aufteilen oder einen Gerichtsbeschluss herbeiführen.
Dass der Eigentümer den Berechtigten zu Pflegearbeiten zwingen könnte, ersehe ich so nicht, denn der Berechtigte möchte sich vielleicht gerne einen wilden Garten anlegen.
Sie müssen also klären, was „gemeinsame Nutzung" genau bedeuten soll.

5) Solche Bauwerke sind sogenannte wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§ 93), weshalb ein Nutzungsverbot hier nicht rechtmäßig wäre.

6) Auch hier wäre zunächst zu fragen, ob der Umfang des Rechts nur nicht klar ist oder ob gemeinsame Berechtigung vorliegt.

Wenn die Räume sich nicht eindeutig unter die vertragliche Regelung subsumieren lassen, besteht auch kein Nutzungsrecht an diesen Räumen, so dass Sie die Nutzung verbieten können.

Insoweit ist im Vertrag lediglich die Rede von der abgeschlossenen Wohnung (im Erdgeschoss des Hauses gelegenen 3 Räume nebst Küche, Diele, Bad, einschließlich 2 Kellerräume im Altbau, die gemeinsame Gartennutzung sowie die gemeinsame Nutzung des Kellerraumes im Anbau).


7) Die Terrasse als Zugangsmöglichkeit zum Garten ist vom Wohnrecht erfasst.


Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wilke
Rechtsanwalt






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