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Wiederbelegung trotz gegenteiliger Patientenverfügung

| 13. Januar 2015 10:46 |
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Medizinrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Christiane Masuch

Zusammenfassung

War ich als Angehöriger verpflichtet, bei den Ärzten zu intervenieren und die Wiederbelebung zu fordern, obwohl mein Vater eine gültige Patientenverfügung hatte, die lebensverlängernde Maßnahmen ablehnte?

Als Angehöriger waren Sie nicht verpflichtet, die Wiederbelebung zu fordern, da Ihr Vater eine gültige Patientenverfügung hatte, die lebensverlängernde Maßnahmen ablehnte. Die Ärzte waren rechtlich verpflichtet, sich an die Patientenverfügung zu halten, auch wenn diese vom Willen der Angehörigen abwich.

Hallo,

mein Vater (81 J.) musste sich vor kurzem einer schweren Operation unterziehen.

Beim Vorstellungstermin in der Klinik wurde er eindringlich in Anwesenheit eines Angehörigen darauf hingewiesen, dass er die Operation evtl. nicht überlebt. Er hat sich trotzdem dafür entschieden.

Beim Familienrat (d.h. unter Zeugen) hat er sich vor der OP so geäußert "Ich habe mein Leben gelebt. Wenn ich die OP nicht überlebe, dann soll's so sein".

Er hat eine gültige Patientenverfügung verfasst und bei der Klinik hinterlegt, in der steht, dass er lebensverlängernde Massnahmen ablehnt.

Die Aufklärungsgespräche vor der OP hat er alleine mit den Ärzten geführt und die Protokolle eigenhändig unterschrieben. Er war und ist bei klaren Verstand und uneingeschränkt einwilligungsfähig.

Unmittelbar vor der OP wurden wir Angehörige von den Ärzten informiert, dass sie während der OP nicht reanimieren wollen. Wir Angehörige haben die Ärzte diesbzgl. auf seine Patientenverfügung verwiesen - haben aber meinem Vater vor der OP den Hinweis der Ärzte (Keine Reanimation) nicht weitergegeben, um ihn nicht zusätzlich zu beunruhigen.

Als wir ihn nach der OP davon in Kenntnis gesetzt haben, hat er uns schwerste Vorwürfe gemacht, dass wir Angehörige unbedingt bei den Ärzten auf Wiederbelebung hätten bestehen müssen. Im Grunde lautet sein Vorwurf ja „unterlassene Hilfeleistung".

Meine Fragen dazu sind:

1. Waren wir als Angehörige unter diesen Umständen verpflichtet, bei den Ärzten zu intervenieren und die Wiederbelebung zu fordern ?

2. Wären die Ärzte verpflichtet gewesen, die Intervention der Angehörigen überhaupt zu beachten, da ja eine gültige Patientenverfügung vorlag ?

3. An welche Reihenfolge müssen sich die Ärzte halten, um den Patientenwillen zu ermitteln (1.Patient – 2.Patientenverfügung – 3.Angehörige) ?

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

1. Waren wir als Angehörige unter diesen Umständen verpflichtet, bei den Ärzten zu intervenieren und die Wiederbelebung zu fordern ?

Aufgrund der von Ihnen geschilderten Umstände (gültige Patientenverfügung, die in diesem konkreten Fall lebenserhaltende Maßnahmen ausschließt und Einwilligungsfähigkeit), deren Richtigkeit ich bei meiner Beantwortung der Fragen zugrunde lege, waren sie als Angehörige nicht verpflichtet die Wiederbelebung zu fordern. Sie hätten dazu auch gar kein Recht gehabt (dazu unten mehr).

2. Wären die Ärzte verpflichtet gewesen, die Intervention der Angehörigen überhaupt zu beachten, da ja eine gültige Patientenverfügung vorlag?

Eine gültige und konkrete Patientenverfügung ist rechtlich für die Ärzte bindend, so dass die Ärzte sich in diesem Fall an die Patientenverfügung halten müssen, auch wenn diese von dem Willen der Angehörigen abweicht. Eine Patientenverfügung dient ja gerade der Selbstbestimmung des Patienten und kann deshalb nicht einfach durch die Angehörigen umgangen werden. Ein Arzt, der sich nicht an eine gültige Patientenverfügung hält, macht sich unter Umständen sogar strafbar.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn Zweifel an der Gültigkeit der Patientenverfügung bestehen oder wenn Zweifel daran bestehen, dass diese Patientenverfügung nicht mehr dem Willen des Patienten entsprechen könnte. Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich, da Ihr Vater die Patientenverfügung ja erst kurz vor der OP verfasst hat und ausdrücklich geäußert hat, dass er sein Leben gelebt hat und es so sein soll, wenn er die OP nicht überleben würde. Zudem scheint er auch in dem Aufklärungsgespräch mit den Ärzten keinen gegenteiligen Willen geäußert zu haben. Er hätte seine Patientenverfügung jederzeit (auch mündlich) widerrufen können.

3. An welche Reihenfolge müssen sich die Ärzte halten, um den Patientenwillen zu ermitteln (1.Patient – 2.Patientenverfügung – 3.Angehörige)

Der Patientenwille steht aufgrund des Selbstbestimungsrecht an erster Stelle. Sofern der Patient seine Patientenverfügung nicht widerrufen hat und keine Anhaltspunkte vorliegen, dass diese nicht mehr seinem tatsächlichen Willen entsprechen könnte, ist die Patientenverfügung Ausdruck des Patientenwillens, so dass diese vorrangig zu beachten ist.

Der Wille der Angehörigen ist zu beachten, wenn strittig ist, ob der in der Patientenverfügung festgelegte Wille auf die aktuellen Umstände
konkret zutrifft oder ob die Patientenverfügung überhaupt gültig ist (Bsp. bei fehlender einwilligungsfähigkeit). In diesem Fall entscheiden die Ärzte mit den Betreuern und Bevollmächtigten gemeinsam (wenn keine Einigung zustande kommt entscheidet das Betreuungsgericht). Angehörige müssen von den Ärztinnen und Ärzten nur angehört werden, um
den mutmaßlichen Willen eines Patienten zu erkunden, wenn sich dieser nicht aus der gültigen Patienenverfügung ergibt. Sie sind jedoch nicht weisungsberechtigt. Dies sind nur die Menschen, die in einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt wurden. Liegt eine solche nicht vor, bestimmt das Gericht einen Betreuer.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 13. Januar 2015 | 17:55

Ihre Antwort enthält folgenden Satz:

Angehörige müssen von den Ärztinnen und Ärzten nur angehört werden, um den mutmaßlichen Willen eines Patienten zu erkunden, wenn sich dieser nicht aus der gültigen Patienenverfügung ergibt. Sie sind jedoch nicht weisungsberechtigt. Dies sind nur die Menschen, die in einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt wurden.

Verstehe ich das so richtig ?

Auch die Person (z.B. Angehöriger), die in der Vorsorgevollmacht bevollmächtigt wurde, ist erst dann weisungsbefugt gegenüber den Ärzten, wenn der Patientenwille sich nicht aus der Patientenverfügung ergibt.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 13. Januar 2015 | 19:17

Sehr gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:

In erster Linie ist die Patientenverfügung maßgebend. Auch der Wille des Bevollmächtigten ist nur maßgebend, wenn die Patientenverfügung unwirksam ist, wenn sie für den konkreten Fall keinen Willen des Patienten erkennen lässt, oder wenn Anhaltspunkte bestehen, dass der Wille in der Patientenverfügung nicht mehr dem jetzigen Willen des Patienten entsprechen könnte.

Insofern verstehen Sie das richtig.

Mit freundlichen Grüßen

Christiane Masuch
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 14. Januar 2015 | 11:05

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