Sehr geehrter Fragesteller,
nachfolgend beantworte ich Ihre Frage zur Nutzung eines im Grundbuch eingetragenen Wegerechts durch den neuen Eigentümer des Nachbargrundstücks.
1. Rechtslage bei eingetragenem Wegerecht
Ein im Grundbuch eingetragenes Wegerecht stellt eine sogenannte Grunddienstbarkeit gemäß § 1018 BGB dar. Diese ist nicht an die Person des jeweiligen Eigentümers gebunden, sondern an das Grundstück selbst. Das bedeutet, dass das Wegerecht auch nach einem Eigentümerwechsel fortbesteht und dem neuen Eigentümer des herrschenden Grundstücks zusteht.
2. Pflichten des neuen Eigentümers
Die Pflichten des neuen Eigentümers ergeben sich aus dem Inhalt der Grunddienstbarkeit, wie sie im Grundbuch und ggf. im notariellen Vertrag festgelegt ist. Typischerweise umfassen diese:
Schonende Ausübung:
Der neue Eigentümer muss das Wegerecht „tunlichst schonend" ausüben, d.h. er darf Ihr Eigentum nicht mehr als notwendig beeinträchtigen (§ 1020 BGB).
Beachtung des vereinbarten Umfangs:
Der Umfang des Wegerechts (z.B. nur Gehen, auch Fahren, Breite des Weges) ergibt sich aus der Eintragungsbewilligung bzw. dem Grundbuch.
Instandhaltung und Verkehrssicherung:
Wer für die Instandhaltung und Verkehrssicherung des Weges zuständig ist, ergibt sich entweder aus der Vereinbarung oder, falls nichts geregelt ist, aus den gesetzlichen Vorschriften. Häufig ist der Berechtigte (also der Nachbar) verpflichtet, den Weg in einem benutzbaren Zustand zu halten.
3. Muss ich die Pflichten schriftlich fixieren?
Wenn das Wegerecht bereits im Grundbuch eingetragen ist und der Umfang sowie die Pflichten (z.B. Instandhaltung, Kostenverteilung) dort oder im notariellen Vertrag klar geregelt sind, ist eine zusätzliche schriftliche Fixierung grundsätzlich nicht erforderlich. Die Grundbucheintragung wirkt auch gegenüber dem neuen Eigentümer.
Sollten jedoch Details (z.B. zur Instandhaltung oder Nutzung) nicht eindeutig geregelt sein, empfiehlt es sich, diese einvernehmlich schriftlich zu klären, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
4. Was tun bei Weigerung des neuen Eigentümers, Pflichten wahrzunehmen?
Weigert sich der neue Eigentümer, die mit dem Wegerecht verbundenen Pflichten (z.B. Instandhaltung, Verkehrssicherung) zu erfüllen, haben Sie folgende Möglichkeiten:
Verweis auf die Grundbucheintragung und ggf. den notariellen Vertrag:
Sie können den neuen Eigentümer auf die bestehenden Regelungen hinweisen und ihn zur Erfüllung auffordern.
Geltendmachung von Unterlassungs- oder Duldungsansprüchen:
Wird das Wegerecht nicht „schonend" ausgeübt oder werden Pflichten verletzt, können Sie Unterlassung oder Beseitigung verlangen (§ 1004 BGB analog).
Selbstvornahme und Kostenerstattung:
In bestimmten Fällen können Sie notwendige Maßnahmen (z.B. Instandhaltung) selbst durchführen und die Kosten vom Berechtigten ersetzt verlangen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt.
Gerichtliche Durchsetzung:
Im Streitfall können Sie Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen.
5. Zusammenfassung
Der neue Eigentümer tritt automatisch in die Rechte und Pflichten aus dem Wegerecht ein.
Die Pflichten ergeben sich aus dem Grundbuch und ggf. dem notariellen Vertrag.
Eine zusätzliche schriftliche Fixierung ist nur dann sinnvoll, wenn Details nicht geregelt sind.
Bei Pflichtverletzungen stehen Ihnen zivilrechtliche Ansprüche zu.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
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Rechtsanwalt Olaf Tank, Wirtschaftsjurist
Sehr geehrter Herr Tank,
vielen Dank für Ihre sehr schnelle Antwort.
Es besteht aktuell keine (notarielle) Vereinbarung der Pflichten des Nachbarn.
Kann ich einen Vertrag / notarielle Vereinbarung für die Nutzung des Wegrechtes vom neuen Nachbarn fordern?
Oder wie verhalten wir uns, wenn er sich stur stellt?
Wegerecht heißt ja nur Fahren und Gehen, Parken auf der Straße ist da ja nicht erlaubt, oder?
Nochmal vielen Dank für Ihre Hilfe, hat uns sehr geholfen.
Viele Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre weiteren Fragen. Gerne erläutere ich die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen im Zusammenhang mit dem Wegerecht, insbesondere im Hinblick auf die Verpflichtung des neuen Nachbarn zu einer vertraglichen Regelung, das Verhalten bei Verweigerung und den Umfang des Wegerechts.
1. Kann ich vom neuen Nachbarn einen Vertrag oder eine notarielle Vereinbarung zur Nutzung des Wegerechts fordern?
Grundsätzliches:
Ein Wegerecht kann auf verschiedene Arten bestehen:
Als privatrechtliche (schuldrechtliche) Vereinbarung
Als Grunddienstbarkeit im Grundbuch
Als öffentlich-rechtliche Baulast
Wenn das Wegerecht nicht im Grundbuch eingetragen ist:
In Ihrem Fall besteht – wie Sie schildern – keine notarielle oder grundbuchrechtliche Vereinbarung, sondern lediglich ein (möglicherweise mündlicher oder schriftlicher) Vertrag mit dem bisherigen Nachbarn.
Solche privatrechtlichen Vereinbarungen wirken nur zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien. Mit dem Eigentümerwechsel erlischt die Bindung für den neuen Eigentümer.
Fazit:
Sie können den neuen Eigentümer nicht zwingen, einen neuen Vertrag oder eine notarielle Vereinbarung über das Wegerecht abzuschließen. Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Abschluss einer solchen Vereinbarung, wenn das Wegerecht nicht bereits grundbuchrechtlich gesichert ist.
2. Wie verhalten Sie sich, wenn der neue Nachbar sich stur stellt?
Verhandlungsversuch:
Sie können versuchen, mit dem neuen Eigentümer eine einvernehmliche Regelung zu treffen. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Sie auf die Nutzung des Weges angewiesen sind.
Keine Einigung – rechtliche Möglichkeiten:
Kein Wegerecht:
Verweigert der neue Eigentümer die Nutzung und besteht keine grundbuchrechtliche Sicherung, haben Sie grundsätzlich kein Recht, den Weg weiter zu nutzen.
Notwegerecht (§ 917 BGB):
Nur wenn Ihr Grundstück ohne den Weg keine ausreichende Verbindung zu einer öffentlichen Straße hat, könnten Sie ein sogenanntes Notwegerecht beanspruchen. Dieses ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft und besteht nur, wenn keine andere zumutbare Verbindung besteht.
3. Umfang des Wegerechts: Ist Parken erlaubt?
Wegerecht = Gehen und Fahren
Das Wegerecht umfasst grundsätzlich das Gehen und Fahren über den Weg, nicht aber das Parken.
Das Parken ist nur dann erlaubt, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde oder sich aus der tatsächlichen Nutzung und Duldung ergibt.
Im Regelfall ist das Parken nicht vom Wegerecht umfasst.
4. Zusammenfassung und Empfehlung
Ohne grundbuchliche Sicherung besteht kein Anspruch auf Abschluss eines neuen Vertrages mit dem neuen Eigentümer.
Der neue Eigentümer ist nicht verpflichtet, die bisherige privatrechtliche Vereinbarung fortzuführen.
Parken ist grundsätzlich nicht vom Wegerecht umfasst.
Nur bei Insellage besteht ggf. ein Anspruch auf ein Notwegerecht.
Empfehlung:
Versuchen Sie, mit dem neuen Eigentümer eine einvernehmliche Lösung zu finden. Eine notarielle Vereinbarung und Eintragung im Grundbuch wäre die sicherste Lösung für die Zukunft. Ohne Einigung bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, im Ausnahmefall ein Notwegerecht geltend zu machen.