Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Frage, unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes, wie folgt.
1. Strafrechtliche Komponente
Soweit der Kollege vereinnahmte Fremdgelder (hier die Einnahmen aus dem KFB) nicht an Sie weitergeleitet hat und keine Ansprüche seiner Person gegeben waren, die eine Verrechnung ermöglichen, dürfte hierin eine Untreuehandlung nach § 266 StGB
vorliegen.
Die Verfolgungsverjährung tritt hier gem. § 78 Abs. 3 Ziffer 4 StGB
nach fünf Jahren, gerechnet ab der Beendigung der Tat, spätestens also mit Vereinahmung der letzten Rate, ein. Die Tat, so sich eine solche nachweisen ließe, ist also verjährt und kann strafrechtlich mithin nicht mehr verfolgt werden.
2. Zivilrechtliche Komponente
Auch zivilrechtlich vermag ich Ihnen keine Kompensation mehr in Aussicht zu stellen.
Selbst wenn man die Schuldrechtsreform im Jahre 2002 berücksichtigt, ist Verjährung des Auszahlungsanspruches spätestens zum 31.12.2004 eingetreten. Mit der Reform wurde die regelmäßige Verjährungsfrist auf drei Jahre verkürzt, beginnend mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Ihre exakte Kenntnis erst im Jahre 2010 dürfte Ihnen hier nicht zur Seite stehen, da Sie bereits 2004 Kenntnis nahezu aller Umstände hatten und insoweit damals hätten bereits Maßnahmen zur Rückforderung, notfalls im Wege der Auskunfts- und Zahlungsklage, hätten einleiten können.
Gleichwohl können Sie bzgl. dieser Angelegenheit Kontakt zur zuständigen Rechtsanwaltskammer aufnehmen und den Sachverhalt dort im Wege einer Beschwerde vortragen. Unter Umständen wird die Kammer auf den Kollegen einwirken, unabhängig von der Frage der Verjährung doch noch die Auszahlung an Sie vorzunehmen. Sollten Sie über entsprechende Schriftstücke aus der damaligen Zeit verfügen, sollten Sie diese der Beschwerde als Erläuterung beifügen.
Ich bedauere, Ihnen keine bessere Nachricht geben zu können und stehe im Rahmen der kostenlosen Nachfrage gerne für Ergänzungen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marc N. Wandt
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
Danke für die Info.
Es gibt noch andere ähnliche Fälle, wo ich Delikt vermuten kann, aber keine Kenntnis besitze.
So erwirkte mein RA für mich einen Kostenbeschluß gegen einen Gegner ( der ist auch Rechtsanwalt),
der sich beim Vollstreckungsversuch dem GVZ gegenüber als insolvent erklärte.
Ich beauftragte meinen RA, die Sache weiter zu verfolgen, aber seitdem (vor einigen Jahren)
keinerlei Antwort von meinem RA.
Ich halte es für möglich, daß er den Betrag irgendwann
bei dem Gegner/Schuldner eintreiben konnte.
Spielt hier bezüglich der Verjährung meine Kenntnis eine
Rolle ?
Theoretisch ist es möglich, daß er erst gestern oder vor wenigen Jahren Geld daraus eingenommen hat.
Eine Kenntnis könnte ich gewinnen, wenn ich auf Auskunft/Abrechnung klage, d.h. meine Kenntnisnahme wäre dann "heute".
Im Gesetz steht irgendwas von 10 Jahren und Kenntnis, was ich aber nicht verstehe.
Danke im Voraus!
Sehr geehrter Ratsuchender,
bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort, aber dienstliche Belange haben eine frühere Antwort verhindert.
Die genannte 10-Jahres-Frist, ich denke Sie beziehen sich auf die des § 199 Abs. 4 BGB
, ist die Höchstfrist bei Unkenntnis. Da Sie sich hier aber wohl eine Kenntnis, zumindest aber ein Kennenmüssen, zurechnen lassen müssen, greift diese Regelung hier nicht.
In der Tat sollten Sie überlegen, hier eine entsprechende Auskunftsklage, ggf. im Wege der Stufenklage, einzureichen, um die entsprechenden informationen zu erlangen. Erst nach Auskunft kann man trefflich die Frage der Verjährung stellen.
Unter Umständen käme hier auch ein Anspruch gegen den Kollegen aus § 823 Abs. 2 BGB
i.V.m. § 266 StGB
. Hierzu müsste jedoch der Nachweis der Untreue geführt werden. Derlei ansprüche verjähren in der Tat ebenfalls erst nach 10 Jahren (§ 199 Abs. 3 BGB
).
Es ist Ihnen folglich nochmals zu raten, entweder unverzüglich auf Auskunft zu klagen oder aber, dies wäre vielleicht der kostengünstigere und schnellere Weg, die zuständige Kammer einzuschalten.
Ich hoffe Ihnen gedient zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Marc N. Wandt
Rechtsanwalt