Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1.
Nach § 241 Abs. 2 BGB
kann ein Schuldverhältnis jeden Teil des Schuldverhältnisses zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Nach § 242 BGB
ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass sich aus diesen Normen unter den sogleich abzuhandelnden Voraussetzungen ein einklagbarer Auskunftsanspruch eines Vertragspartners gegen den anderen Teil ergeben kann.
Die Auskunftspflicht besteht dann, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann (Palandt/Heinrichs, § 261 BGB
, Rdnr. 8; LG Düsseldorf, Teilurteil vom 05. Februar 2008 – 35 O 128/05
–, juris).
Die in §§ 666
, 667 BGB
(Auskunfts- und Herausgabepflicht des Beauftragten) normierten Pflichten des Beauftragten sind lediglich gesetzliche Typisierungen vertraglicher Loyalitätspflichten aus § 242 BGB
; sie sollen sicherstellen, dass der an den Ausführungsakten des Auftragnehmers nicht beteiligte Geschäftsherr denselben Informationsstand erreicht wie dieser. Dieses Schutzbedürfnis ist von der Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen unabhängig; es tritt insbesondere dann zutage, wenn der Geschäftsherr den Auftragnehmer gerade wegen seiner besonderen Sachkunde zur Bewältigung eines komplexen Vorhabens herangezogen hat und die Kenntnisse seines Verhandlungsgehilfen für rechtliche Auseinandersetzungen mit in diesem Rahmen beteiligten Dritten benötigt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03. November 2011 – I-10 U 123/11
, 10 U 123/11
–, juris).
Nach diesen, von Rechtsprechung und Rechtswissenschaft entwickelten Grundsätzen wird man vorliegend einen Auskunftsanspruch der Wohnungseigentümer gegen den AdH bejahen dürfen:
Es besteht zwischen den Beteiligten eine vertragliche Beziehung, vermöge derer der AdH Kenntnis von Umständen erlangt hat, die für den anderen Vertragsteil von wirtschaftlichem und rechtlichem Interesse sind, über die der AdH unschwer Auskunft erteilen kann, und über die die Eigentum ohne eigenes Verschulden keine Kenntnis haben.
2.
Ein Anspruch auf Schadenersatz gegen den AdH setzt voraus, dass dieser schuldhaft vorsätzlich oder fahrlässig - eine vertragliche Pflicht gegenüber den Wohnungseigentümern verletzt hat (§ 280 Abs. 1 BGB
).
Eine aktive Offenbarungspflicht geht über eine Auskunftspflicht auf Nachfrage hinaus. Eine im Vertrag zwischen Wohnungseigentümern und AdH verankerte Plicht zur Offenbarung von vom Bauträger verschuldeten Wärmeverlusten wird von Ihnen nicht mitgeteilt; es wird deshalb davon ausgegangen, dass es sie nicht gab. Grundsätzlich nimmt jede Vertragspartei nur ihre eigenen Interessen wahr.
Das Aufspüren von Wärmeverlusten der vom Bauträger - also dem Rechtsvorgänger der Eigentümer - verschuldeten Wärmeverlusten gehört ohne diesbezügliche vertragliche Vereinbarung nicht zu den vertraglichen Aufgaben des AdH.
Vorliegend sind nach Ihrer Mitteilung dem AdH die Wärmeverluste im Rahmen von Messvergleichen zum Zweck der Abrechnung aufgefallen. Im Rahmen von Werkverträgen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Aufklärungspflicht über Schäden, die nicht vom Werkunternehmer herrühren, als vertragliche Nebenpflicht ihre Grundlage insbesondere in dem größeren Fachwissen findet, auf das der Besteller beim Abschluss eines Werkvertrags in der Regel setzt und dessen Einsatz zu seinen Gunsten er nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben erwarten darf (vgl. Senat, Urteil vom 02.05.2013 - 15 U 69/12; BGH, Urteil vom 02.11.1995 - X ZR 81/93
, NJW-RR 1996, 789
, 791). Ein spezialisiertes Fachunternehmen treffen daher grundsätzlich auch gegenüber einem fachkundigen Besteller Aufklärungspflichten (vgl. etwa Senat, Urteil vom 02.05.2013 - 15 U 69/12; BGH, Urteil vom 02.11.1995 - X ZR 81/93
, NJW-RR 1996, 789
, 791; Urteil vom 18.01.2001 - VII ZR 457/98
, NJW-RR 2001, 520
).
Es ist zwar fraglich, ob ein Wärmelieferungsvertrag ein Werkvertrag ist, aber die von der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht entwickelten Grundsätze dürften auf Grund einer vergleichbaren Konstellation auf den Wärmelieferungsvertrag übertragbar sein. Auch hier wird ein Beauftragter mit erhöhter Sachkunde tätig, auf die der Abnehmer vertraut.
Von daher kann eine Offenbarungspflicht des AdH bejaht werden.
Weitere Voraussetzung eines Schadenersatzanspruches ist, dass der AdH seine Aufklärungspflicht schuldhaft verletzt hat. Davon ist auszugehen, da er sich jetzt noch weigert, den Eigentümern die Auskünfte zu geben, mutmaßlich weil er sich hiervon einen wirtschaftlichen Vorteil verspicht. Auf jeden Fall hätte er erkennen können, dass die Eigentümer durch die Wärmeverluste wirtschaftlich geschädigt werden. Somit unterließ der AdH die Aufklärung zumindest fahrlässig.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen. Gerne stehe ich Ihnen weiterhin zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann
Rechtsanwalt
Freiberger Str. 39
01067 Dresden
T.: 0351/86791355
F.:0351/33257002
Mail: info@advoc-neumann.de
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