Sehr geehrte(r) Fragesteller(-in),
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Anfrage. Diese möchte ich auf Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworten:
Grundlage einer rechtlichen Prüfung ist zunächst einmal österreichisches Recht, resp. das österreichische Zivilgesetzbuch. Dieses enthält im wesentlichen (im wesentlichen!) aber vergleichbare Regelungen wie das BGB. Die Anwendung des ÖstZGB ergibt sich hier auch ohne Einsichtnahme in den „Vertrag“ daraus, daß der Vertrag IN Österreich, BETREFFEND eines österreichischen Vertragsobjektes geschlossen wurde.
Damit sprechen mit hinreichender Sicherheit alle Umstände des Vertrages dafür, dass die Parteien zumindestens konkludent österreichisches Rechtt wählten. Im übrigen würde man über die Auffangvorschriftten aus dem ÖstZGB zum gleichen Ergebnis kommen. Denn dann gilt hilfsweise das Recht desjenigen Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist – also wiederum Österreich. Aus dem Vertragsobjekt in Österreich folgt im übrigen für die Durchsetzung vermeintlicher Rechte aus dem Kaufvertrag nach dem ÖstZGB auch der Gerichtsstand in Österreich.
Auch wenn Sie hier nichts Detailliertes zum „Vertrag“ mitteilen, scheint mir übrigens eine andere Zugrundelegung anwendbaren Rechts auch faktisch ausgeschlossen zu sein (was hätte die potentiellen Verkäufer davon, außer Nachteilen?).
Wenn also österreichisches Rechts anwendbar ist, kann –aber insoweit wie nach dem BGB- durchaus auf Leistung geklagt werden, entgegen Ihrer evt. Einschätzung. Zusätzlich kann, die Berechtigung des Anspruchs einmal unterstellt, weitergehend auf Schadensersatz geklagt werden, also auf Ersatz von Aufwendungen, des Verlustes innerhalb eines evt. Deckungsverkaufs (an einen neuen Interessenten), wenn dieser denn konkret erfolgte, etc. pp.
Der entgangene Gewinn umfaßt auch nach dem ÖstZGB diejenige Summe, welche nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge dem Gläubiger eines Schadensersatzanspruchs ohne schuldhafte Nichterfüllung des Kaufvertrages zustünde. Es gilt also auch hier ein eher typisierender Maßstab. Daß nach Ihrer Schilderung das Anlagevermögen unter Buchwert verkauft wurde, steht dem nicht denknotwendig entgegen.
Allerdings liegt hier auf der Hand, daß der mE zunächst einmal zustandegekommene „Vertrag“, den Sie mir im Rahmen der Nachfragefunktion gerne zumailen oder zufaxen können, Sie zumindestens nicht offensichtlich zur Vertragsdurchführung verpflichtet. Denn die „Ungereimtheiten“, die Sie schilderten, sind dermaßen gravierend, daß hier einiges für Aspekte der arglistigen Täuschung, natürlich aber auch des Rücktritts spricht.
Bitte haben Sie aber Verständnis, daß ich im Rahmen dieses Erstberatungsforums nicht in die Details des österreichischen ZGB gehen kann.
Sicher ist aber, daß der Anspruch auf Zahlung und / oder Schadensersatz zumindestens auf wackligen Beinen steht. Dies wird wahrscheinlich auch er Kollege in Österreich wissen. Nun ist es zwar mittlerweile über EuGVÜ/EuGVVO relativ leicht, in Österreich (wo die Klage ja anhängig gemacht werden müßte) einen Titel zu erwirken und diesen in Deutschland zu vollstrecken. Allerdings ist dies bei einem im Ausland befindlichen potentiellen Schuldner trotz EuGVÜ/EuGVVO immer etwas schwierigen als bei einem Schuldner im Inland, den Sie mit Auskunfteien, Handelsregister etc. pp. leichter bezüglich der Aussichten, ob eine Klage sich überhaupt lohnt, beurteilen können.
Deswegen sollten Sie auf jeden Fall noch einmal förmlich korrekt den Rücktritt erklären, zu Händen des Bevollmächtigten der Gegenseite. Diesem sollten Sie die hier geschilderten Einwendungen gegen einen wirksamen Vertrag mitteilen – und dann erst mal die Reaktion abwarten. Wichtig erscheint mir jedoch, daß Sie hinsichtlich des Vertrages noch einmal förmlich den Rücktritt erklären (u.a. wegen Fehlen der zugesagten ANLAGEBEZOGENEN Genehmigungen, aber auch der sonstigen von Ihnen geschilderten Eigenheiten), hilfsweise aber auch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklären.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort zunächst einmal weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ selbstverständlich zur Verfügung, ebenso für eine weitergehende Interessenwahrnehmung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Schimpf
- Rechtsanwalt -
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Sehr geehrter Herr Dr. Schimpf,
ich bedanke mich für die umfassende Antwort und werde wie angeraten förmlich vom Vertrag zurücktreten. Gerne komme ich auf Ihr Angebot zurück, Ihnen den "Vertrag" im Rahmen dieser Nachfrage zuzufaxen. Wenn die Gegenseite auf Leistung klagt, darf sie den Shop dann in der Zwischenzeit anderweitig verkaufen und wenn ja, welche Ansprüche kann sie dann geltend machen?
Mit freundlichen Grüßen
Guten Tag,
die Gegenseite darf einen sog. "Deckungsverkauf" durchführen, wie bereits kurz geschildert und Mindererlös wie auch Aufwendungen geltend machen. Allerdings setzt dies zum einen voraus, daß Ihnen eine angemessene Frist zur Leistung gesetzt wurde (dies dürfte der RA aus Österreich aber vorgenommen haben). Zum anderen müssen SIE schuldhaft die vertraglichen Pflichten nicht erfüllt haben, denn Verschulden ist ja i.d.R. Voraussetzung eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs. Nach Ihrer Schilderung der doch recht speziellen Usancen des Kaufgegenstandes (keine anlagebezogene Genehmigung etc.) möchte ich dies stark bezweifeln!
Etwas anderes ist, daß der Verkäufer natürlich nicht parallel auf Leistung (Abnahme, Kaufpreiszahlung) UND Schaden aus dem Deckungsverkauf klagen kann. Denn er kann den Kaufgegenstand ja nicht mehr übereignen, wenn er ihn an einen Dritten veräußerte. Hier gibt das Zivilprozeßrecht dann die Möglichkeit, die Leistungsklage abzuändern.
Mit freundlichen Grüßen
RA Schimpf