Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund der von Ihnen gemachten Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes nunmehr wie folgt beantworten möchte:
Zunächst kann ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Einschätzung teile. Ausgehend von Ihren Schilderungen haben Sie das Fahrrad von privat an privat verkauft. Ebenso trafen Sie mit dem Käufer die Regelung, dass Sie das Fahrrad auf seine Kosten an seinen Wohnsitz versenden. Des Weiteren gehe ich davon aus, dass der Käufer Ihnen keine weiteren Anweisungen hinsichtlich des Versands und insbesondere des Beförderers gegeben hat. Dementsprechend findet in Ihrem Fall § 447 Abs. 1 BGB
Anwendung:
§ 447 Gefahrübergang beim Versendungskauf
(1) Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat.
(2) Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung erteilt und weicht der Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich.
Mit der sog. Auslieferung ist die Versendungsgefahr auf den Käufer übergegangen. Die Auslieferung erfordert die Übergabe der Sache zur Beförderung an die vom Käufer angegebene Anschrift. Sie haben das Fahrrad an das von Ihnen benannte Versandunternehmen übergeben. Ebenso haben Sie sich versichert, dass eine Abmontage einzelner Teile nicht erforderlich ist und das Fahrrad ausreichend verpackt wird. Mithin haben Sie alles Erforderliche getan, um einen schadlosen Transport zu ermöglichen. Damit ist die Gefahr des zufälligen Untergangs, des Verlustes oder wie in diesem Fall der zufälligen Verschlechterung, die Sie nicht zu vertreten haben, auf den Käufer übergegangen.
Hieraus folgt, dass der Käufer trotz der Beschädigung den vollen Kaufpreis bezahlen muss. Ebenso hat er das Fahrrad grundsätzlich abzunehmen und kann keine Ansprüche auf Mängelbeseitigung oder Schadensersatz gegen Sie richten.
Problematisch könnte in Ihrem Fall sein, dass § 447 Abs. 1 BGB
nach BGH-Rechtsprechung keine Anwendung findet, wenn die Beschädigung aufgrund falscher Verpackung oder Verladung eintritt. Wenn dem Käufer auch bekannt war, und so habe ich Sie verstanden, dass Sie das Fahrrad auch dort entsprechend verpacken lassen, dürfte auch dies kein Problem darstellen. Selbst wenn ihm jedoch dies nicht bekannt gewesen sein sollte, dürfte dies zu keinem anderen Ergebnis führen, da Sie sich mehrfach versichert haben, dass es ausreichend und sicher verpackt wird. Darüber hinaus handelt es sich um ein weiteres Angebot des Versandunternehmens. Ebenso haben Sie sich den Verpackungs- und Versendungsauftrag entsprechend quittieren lassen. Dies kann Ihr Freund im Übrigen sicherlich bestätigen.
Dementsprechend hatte der Käufer kein Recht, die Annahme zu verweigern. Ebenso kann er die Rückabwicklung des Kaufvertrages, sprich die Rücküberweisung des Kaufpreises und der Versandkosten, nicht von Ihnen verlangen.
Zunächst würde ich Ihnen anraten, dass Sie das Fahrrad zunächst annehmen, da auch die von Ihnen verweigerte Annahme nur weitere Kosten verursachen würde. Im Zweifel müsste das Fahrrad auf Ihre Kosten eingelagert werden. Allerdings sollten Sie direkt auf die vorhandenen Schäden hinweisen.
Des Weiteren sollten Sie nochmals Kontakt zu dem Käufer aufnehmen und ihm die rechtliche Situation darstellen. Ebenso sollten Sie ihn darauf hinweisen, dass Sie das Fahrrad zwar zur Vermeidung weiterer Kosten annehmen werden, ihn aber nach wie vor die vertragliche Verpflichtung trifft, das Fahrrad abzunehmen.
Ihnen selbst stehen Schadensersatzansprüche gegen das Transportunternehmen zu (AGBs i.V.m. § 425 HGB
). Gemäß § 285 BGB
hat der Käufer gegen Sie einen Anspruch auf Abtretung des Ersatzanspruches. Dies bedeutet für Sie jedoch keinen Nachteil. Auch hierauf sollten Sie den Käufer hinweisen, um eine gütliche Regelung zu ermöglichen. Ebenso könnten Sie nach Erhalt des Fahrrads umgehend mit dem Transportunternehmen Kontakt aufnehmen, um eine kurzfristige Regulierung zu ermöglichen. Die Quittierung des Käufers dürfte dabei von Vorteil sein.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben konnte.
Abschliessend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass durch das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts anders ausfallen kann. Im Rahmen dieses Forums kann stets nur eine erste Einschätzung des Sachverhalts erfolgen.
Im Falle von Unklarheiten machen Sie bitte von der kostenlosen Nachfragefunktion Gebrauch.
Mit freundlichen Grüßen
Miriam Helmerich
Rechtsanwältin
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