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Unterhaltspflicht für Enkelkinder gegenüber Großeltern

| 29. Dezember 2022 11:54 |
Preis: 60,00 € |

Familienrecht


Beantwortet von

Mein Sohn hat zwei unterhaltspflichtige Kinder im Alter von 5 und 10 Jahren.

Bisher ist mein Sohn seinen Unterhaltsverpflichtungen vollumfänglich nachgekommen.

Er ist ledig und lebt partnerschaftlich mit der Mutter des jüngsten Kindes zusammen.
Die Partnerin ist voll berufstätig verdient allerdings nicht ausreichend, um auf den Kindesunterhalt verzichten zu können (warum sollte sie auch?).

Das ältere Kind lebt bei seiner inzwischen verheirateten Mutter die inzwischen noch drei weitere Kinder hat und deshalb nicht arbeiten kann.

Durch die Nachfolgen einer schweren Corona-Erkrankung kann mein Sohn nur noch Teilzeit arbeiten, ob er jemals wieder voll berufstätig arbeiten kann können die Ärzte nicht prognostizieren.

Wenn jetzt noch das Einkommen meines Sohnes einbricht fehlt das auch in der Haushaltskasse und ob eine „Partnerschaft mit längerfristig krankem Partner" Bestand hat steht auch noch in den Sternen.

Aktuell bezahlt er für beide Kinder 700,- Euro/Monat lt. Düsseldorfer Tabelle, Stufe 1 (100%); ab Februar 2023 kann er unter Berücksichtigung seines Mindest-Selbstbehalts nur noch 125,- Euro zahlen, eine Unterdeckung von 575,- Euro/Monat.

Rechtlich könnte somit bald die gesetzliche Unterhaltspflicht leistungsfähiger Großeltern eingefordert werden.

Soweit mir bekannt sind die Großelternteile der jeweiligen Mütter wirtschaftlich nicht in der Lage einer anteiligen Unterhaltspflicht für die jeweiligen Enkelkinder nachzukommen.

Bleiben nur meine Frau und ich als nächst mögliche Ersatz-Unterhaltspflichtige.

Im Kern habe ich schon einiges zu dem Thema recherchiert, aber leider auch missverständliche oder unklare Informationen gefunden.

Mal wurde 2.000,- Euro Selbstbehalt genannt, zzgl. 50% des darüber hinausgehenden Einkommens,
aber nicht, ob für eine Person oder zwei Personen im Haushalt, dann war auch unklar ob zusätzlich vorhandene Vermögenswerte angerechnet werden usw.

Deshalb hier meine Frage:

Welcher Selbstbehalt steht meiner Frau und mir zu, bevor wir Enkelunterhalt leisten müssen,
und werden dabei auch sonstige Vermögenswerte berücksichtigt (wie unten aufgeführt).

Wir bekommen beide zusammen Rentenbezüge von derzeit 3.200,- Euro netto,
besitzen ein lastenfreies Haus in dem wir selbst wohnen,
haben keine Kredite und aus unseren angelegten Kapitalrücklagen fließen derzeit maximal 2.000 Euro/Jahr Netto-Erträge.

Es existieren zusätzlich noch zweckgebundene angemessene Rücklagen für Gebäudeinstandhaltung,
Investitionsersatz für Kfz-Fahrzeug, kalkulatorische Renovierungskosten im und am Haus, Beisetzungskosten für uns usw.

Im Pflegefall würde für uns selbst notfalls die Immobilie veräußert oder vermietet, wenn die flüssigen Rücklagen verbraucht wären.

MfG














29. Dezember 2022 | 15:21

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ich hoffe zunächst, dass Ihr Sohn aufgrund der Folgen seiner schweren Erkrankung zeitnah wieder gesund wird. Wenn dem nicht so sein sollte und seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit auch gegenüber den minderjährigen Kindern ärztlich bestätigt ist, so kann er dann in der Tat den aktuellen Mindestunterhalt von 691 Euro (2022) bzw. dann 754 Euro ab 2023 nicht mehr zahlen, so dass ein Mangelfall vorliegen wird. Ihr Sohn sollte dann, wenn ein Titel zu Gunsten des Kindes vorliegt, die Abänderung beantragen.

Auch wenn der Enkelunterhalt sehr selten ist, kommt er nach dem Gesetz in bestimmten Fallkonstellationen in Betracht, wobei dann in der Tat alle Großeltern anteilig nach § 1606 BGB haften. Wenn die anderen Großeltern leistungsunfähig sein sollten, dann bleiben Sie und Ihre Frau nur übrig.

Grundvoraussetzung auch beim Unterhalt für Enkel in Form der Ausfallhaftung nach § 1607 I BGB ist aber, dass Sie und Ihre Frau leistungsfähig i.S.d. § 1603 BGB sind.

Hier wird von der Rechtsprechung des BGH ein sehr großzügiger Maßstab zu Gunsten der Großeltern angesetzt, da der Enkelunterhalt nach dem Gesetz schon vom Ranverhältnis sehr schwach ausgeprägt ist und nach der Rechtsprechung des BGH Großeltern wegen möglichen Unterhaltsansprüchen Ihrer Enkel keine spürbare Beeinträchtigung Ihres Lebensstandards hinnehmen sollen (vgl. etwa: BGH, Urteil vom 8. 6. 2005 - Az. XII ZR 75/04).

Demgemäß geht der BGH davon aus, dass mindestens die Selbstbehaltssätze gelten müssen, die auch für den Elternunterhalt maßgebend sind.

Die aktuellen Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte gehen (z.B. Leitlinien OLG Köln Ziff. 21.3.4) davon aus, dass der Selbstbehalt bei mindestens 2500 Euro liegt und hier zusätzlich die Hälfte des diesen Betrag übersteigenden Betrages anrechnungsfrei bleibt. Dabei gilt dieser Mindestbetrag von 2500 Euro für einen Großelternteil und in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zum Elternunterhalt muss auch dem anderen Großelternteil ein Selbstbehalt verbleiben.

Dieser betrug bis zum Inkrafttreten des Angehörigenentlastungsgesetzes, der viele Fälle des Elternunterhaltes erledigt hat, in 2019 noch 1440 Euro. Heute, also in 2023, kann man diesen vor dem Hintergrund der extrem gestiegener Lebenshaltungskosten auf mindestens 2000 Euro ansetzen.

Damit haben Sie und Ihre Frau grundsätzlich erstmal einen Selbstbehalt von mindestens 4500 Euro.

Wenn ich hier Ihrer beiden Renteneinkommen zur Berechnung nehme, die Kapitalerträge berücksichtige und einen Wohnwertvortei wegen mietfreien Wohnens als Einkommensbestandteil einmal mit 1000 Euro annehme, schützt der Selbstbehalt Sie beide bereits vor dem Enkelunterhalt.

Hinzu kommt, dass der BGH beim Enkelunterhalt -ebenso wie beim Elternunterhalt- monatliche Ausgaben in sehr großzügigem Maße zulässt, so dass auch die hier aufgezählten monatlichen Belastungen Berücksichtigung finden (vgl. etwa: BGH, Urteil vom 30. 8. 2006 - Az. XII ZR 98/04 ).

Beim Enkelunterhalt spielt- wie auch sonst beim Verwandtenunterhalt- auch das Vermögen eine Rolle. Wenn also Ihr Einkommen aufgrund des Selbstbehaltes nicht ausreicht, um Enkelunterhalt zahlen zu müssen, kann man noch auf den Gedanken kommen, ob Sie beide nicht vielleicht das vorhandene Vermögen einsetzen müssen. Wiederum in Anlehnung an seine Rechtsprechung zum Elternunterhalt legt der BGH aber hier sehr großzügige Maßstäbe zu Gunsten der Großeltern an. Es gibt hier allerdings keine fixen Beträge, die immer "sicher" sind, sondern der BGH verlangt für jeden Einzelfall eine genaue Berechnung de "Schonvermögens" (BGH Az. XII ZB 269/12). Das selbstgenutzte Familienwohnheim ist immer unantastar, darüber hinaus bestehendes Vermögen muss im Einzelfall recht umfangreich untersucht und das Schonvermögen berechnet werden. Nach meiner Erfahrungen im Elternunterhalt ist aber Kapitalvermögen im Bereich von 100000 Euro je Großelternteil sicher.

Ich gehe daher hier davon aus, dass eine Inanspruchnahme wegen Enkelunterhaltes jedenfalls wegen Ihrer monatlichen Einkünfte ausscheidet.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klein



Rechtsanwalt Thomas Klein
Fachanwalt für Familienrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht

Rückfrage vom Fragesteller 29. Dezember 2022 | 15:41

Hallo Herr Klein,

besten Dank für die schnelle und kompetent umfangreich ausgefallene Antwort auf mein Anliegen.

Für mich sind damit alle bestehenden Unklarheiten erst einmal ausgeräumt.

Natürlich werden wir wie bisher immer Hilfestellung geben wenn nahe Angehörige in Schwierigkeiten geraten, wollten aber vorab schon gerne wissen "was wir freiwillig leisten können" und was auf Grund gesetzlicher Vorgaben quasi "per Zwangsabgabe" unkontrolliert ausgeschüttet werden muss.

Daher nochmals Danke, Ihnen und Ihren Angehörigen einen guten Rutsch ins Jahr 2023 und uns allen Gesundheit und Frieden.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 29. Dezember 2022 | 16:03

Sehr gerne.

Ich wünsche Ihnen ebenfalls einen guten Rutsch und ein gesundes, friedvolles Jahr 2023.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Klein

Bewertung des Fragestellers 29. Dezember 2022 | 15:51

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