Überweisung als Schenkung vor der Erbschaft

Question

Guten Tag,    Mein Vater ist im November 2011 gestorben, 2007 hat er mir bereits 12.000 überwiesen, die ich zu meinem Anfangsvermögen hinzurechnen möchte. Muss ich nachweisen, ob das Geld noch im November 2011 vorhanden war?

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrte&lpar;r&rpar; Fragesteller&lpar;in&rpar;,    ich verstehe sehr gut, dass Sie hier Klarheit brauchen &#8211; zumal es häufig zu Missverständnissen kommt, ob &#8222;geschenktes Geld" für güterrechtliche oder erbrechtliche Zwecke nur dann berücksichtigt wird, wenn es später noch vorhanden war.      Die kurze Antwort auf Ihre Frage    In dem typischen Anwendungsfall, den Sie mit &#8222;Anfangsvermögen" ansprechen &#8211; lautet: Nein, Sie müssen nicht nachweisen, dass die 12.000 Euro im November 2011 noch vorhanden waren. Entscheidend ist vielmehr, dass Sie die Zuwendung, ihren Zeitpunkt und ihre Höhe belegen können.      Die lange Antwort auf Ihre Frage    Hier sind zwei verschiedene Ausgangsszenarien zu betrachten:      Aufgrund Ihrer Schilderungen und der von Ihnen gewählten Kategorie "Familienrecht" gehe ich davon aus, dass es in Ihrer Frage vor allem um den Zugewinnausgleich im Rahmen des Güterstands der Zugewinngemeinschaft geht. In diesem Fall gilt Folgendes:    Einordnung als privilegierter Erwerb: Schenkungen von Dritten &lpar;z. B. Eltern&rpar; sind privilegierte Erwerbe und werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, auch wenn sie während der Ehe zugeflossen sind &lpar;&#167; 1374 Abs. 2 BGB&rpar;. Es ist dabei unerheblich, ob der geschenkte Betrag oder der konkret angeschaffte Gegenstand am Stichtag des Endvermögens noch vorhanden ist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt klar, dass es für die &#8222;Hinzurechnung" gerade keines Fortbestandsnachweises bedarf; maßgeblich ist der Wert im Zeitpunkt des Erwerbs &lpar;vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.05.2009 &#8211; XII ZR 111/08&rpar;.    Kaufkraftbereinigung: Seit der Reform gilt zudem ein Kaufkraftausgleich; Anfangs- und privilegierte Erwerbe sind inflationsbereinigt zu berücksichtigen &lpar;&#167; 1376 Abs. 4 BGB&rpar;. Das bedeutet, Ihre 12.000 Euro werden auf heutige Kaufkraft hochgerechnet.    Beweislast: Sie tragen die Darlegungs- und Beweislast für die privilegierte Zuwendung. Typische Belege sind Kontoauszüge, Überweisungsbestätigungen, schriftliche Schenkungserklärungen, E-Mails, Zeugenaussagen oder &#8211; falls vorhanden &#8211; Verwendungsnachweise. Einen Nachweis der &#8222;Nochvorhandensein" des Geldes im Jahr 2011 oder am Stichtag des Endvermögens müssen Sie hingegen nicht führen &lpar;BGH, Urteil vom 27.05.2009 &#8211; XII ZR 111/08&rpar;.    Ergänzend: Negatives Anfangsvermögen, illoyaler Vermögensabfluss und sonstige Korrektive sind eigenständige Themen &lpar;&#167; 1375 BGB&rpar;, betreffen aber typischerweise nicht die Frage, ob privilegierte Zuwendungen als solche dem Anfangsvermögen zugerechnet werden.      Für den Fall, dass Ihre Frage nicht den Zugewinnausgleich, sondern das Erbrecht betrifft &lpar;insbesondere Pflichtteil/Pflichtteilsergänzung&rpar;, gilt eine andere Systematik &#8211; aber die Kernaussage bleibt ähnlich:    Pflichtteilsergänzung: Schenkungen des Erblassers innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall erhöhen unter Umständen den Pflichtteil der Pflichtteilsberechtigten &lpar;&#167; 2325 Abs. 1 und 3 BGB; &#8222;Abschmelzungsmodell" mit jährlich 10 % Wertabzug seit dem Jahr nach der Schenkung&rpar;. Bei einer Zuwendung aus 2007 und einem Erbfall in 2011 liegt die Schenkung innerhalb der Zehnjahresfrist. Maßgeblich ist grundsätzlich der Wert zum Zeitpunkt der Schenkung; ein Fortbestand im Todeszeitpunkt ist nicht Voraussetzung des Ergänzungsanspruchs.    Haftung des Beschenkten: Wird der Ergänzungsanspruch gegen den Nachlass nicht vollständig befriedigt, kann sich eine Haftung des Beschenkten auf Wertersatz bis zur Höhe des Geschenks ergeben &lpar;&#167; 2329 BGB&rpar;. Auch hierfür ist kein &#8222;Nochvorhandensein" der konkreten Geldsumme im Todeszeitpunkt erforderlich; es handelt sich um eine Wert- bzw. Bereicherungslogik.    Beweislast: Die/der Anspruchsteller:in muss Schenkung, Zeitpunkt und Wert belegen; der oder die Beschenkte kann mit Einwendungen zur Anrechenbarkeit, zur Frist oder zum Wert vorgehen.      Zusammengefasst:    Für den Zugewinnausgleich: Sie dürfen die 12.000 Euro als privilegierten Erwerb Ihrem Anfangsvermögen zurechnen &lpar;&#167; 1374 Abs. 2 BGB&rpar;, ohne nachweisen zu müssen, dass die Summe 2011 noch vorhanden war; entscheidend sind Nachweise über die Zuwendung selbst. Eine Kaufkraftbereinigung erfolgt nach &#167; 1376 Abs. 4 BGB.     Für Pflichtteil/Pflichtteilsergänzung: Fortbestand des Geldes im Todeszeitpunkt ist ebenfalls keine Voraussetzung; relevant sind Zeitpunkt und Wert der Schenkung sowie die Abschmelzung nach &#167; 2325 Abs. 3 BGB.     Gern prüfe ich Ihre Unterlagen &lpar;Heiratsdatum, etwaige Trennungs- und Stichtage, Kontoauszüge/Überweisungsbelege 2007, etwaige Schenkungsabreden, sowie &#8211; falls es um Erbrecht geht &#8211; Erbschein, Nachlassverzeichnis, Pflichtteilsbegehren anderer Beteiligter&rpar;, berechne die inflationsbereinigte Hinzurechnung und entwickle mit Ihnen die passende Argumentationslinie. Wenn Sie möchten, skizziere ich Ihnen im nächsten Schritt eine belastbare Beweisstrategie und eine konkrete Berechnung.    Sie sind mit dieser Frage nicht allein; ich begleite Sie strukturiert und mit der nötigen Sensibilität &#8211; damit aus Unsicherheit wieder Verlässlichkeit wird. Falls Sie eine anwaltliche Unterstützung wünschen, geben Sie mir gern Bescheid. In diesem Falle würde ich Ihnen ein Angebot zukommen lassen.    Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.      Mit freundlichen Grüßen    Cedric Hohnstock  Rechtsanwalt

Überweisung als Schenkung vor der Erbschaft

Familienrecht

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock

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