Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
I. Überblick
Sie möchten keinerlei Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem in Thailand eingetretenen Todesfall Ihres Vaters eingehen, insbesondere keine Bestattungskosten oder sonstige finanzielle Belastungen tragen.
Wesentlich ist dabei, dass ein Erbfall mit Auslandsbezug (Thailand) vorliegt. Aus deutscher Sicht kommen neben den erbrechtlichen Fragen (Erbausschlagung) auch mögliche Kosten- und Haftungsfragen in Betracht. Im Folgenden erhalten Sie eine erste Einschätzung zu den von Ihnen genannten Punkten:
II. Obduktion in Thailand
Einwilligungserfordernis
In Thailand können – je nach Rechtslage vor Ort und je nach Krankenhausrichtlinien – Angehörige (oder vermeintliche Erben) gebeten werden, eine Einwilligung zur Obduktion zu unterzeichnen. Ob eine solche Einwilligung überhaupt erforderlich ist, richtet sich primär nach thailändischen Regelungen. Häufig genügt es, wenn ein „nächster Angehöriger" oder „Verwandter" zustimmt; teilweise wird eine Zustimmung sogar vorausgesetzt, um die Todesursache klären zu können.
Ob Sie rechtlich verpflichtet sind, diese Einwilligung zu erteilen, hängt ebenfalls vom thailändischen Recht ab. In Deutschland gibt es keine Pflicht, im Ausland eine Obduktion zu veranlassen oder zuzustimmen.
Meines Erachtens nach sind Sie als Deutscher nicht dazu verpflichtet.
So lautet jedenfalls meine erste Einschätzung.
Sie sollten sich insoweit bei der Deutschen Botschaft in Bangkok erkundigen.
Mögliche finanzielle Folgen in Deutschland:
Durch die bloße Zustimmung zur Obduktion entstehen Ihnen in aller Regel keine unmittelbaren Kosten in Deutschland. Insbesondere ist die Obduktion (sofern vom Krankenhaus oder von den zuständigen Behörden angeordnet) entweder staatlich oder durch thailändische Gesundheitsbehörden veranlasst.
Eine Zustimmung Ihrerseits sollte nicht automatisch eine Kostenübernahme bedeuten. Jedoch sollten Sie darauf achten, nichts zu unterzeichnen, das eine finanzielle Haftung begründen könnte (z. B. eine ausdrückliche Kostenübernahmeerklärung).
III. Vollmacht zur Leichnamsfreigabe
Form der Vollmacht:
In vielen Fällen verlangt das örtliche Krankenhaus oder die zuständige Verwaltungsbehörde in Thailand lediglich eine formlose Vollmacht („Power of Attorney" oder „Authority for releasing the body"). Ob diese beglaubigt sein muss, hängt von den lokalen Vorschriften ab. Häufig akzeptieren die thailändischen Behörden ein einfaches unterschriebenes Schreiben, wenn es ins Thailändische übersetzt wird.
Eine Beglaubigung durch das thailändische Konsulat kann dann erforderlich sein, wenn die örtlichen Stellen auf einer konsularisch bestätigten Unterschrift bestehen. Das lässt sich am besten durch Rücksprache mit dem Krankenhaus bzw. den thailändischen Behörden klären.
Verpflichtung zur Erteilung:
Grundsätzlich besteht für Sie keine rechtliche Pflicht, überhaupt eine solche Vollmacht auszustellen. Sie sind nicht verpflichtet, sich um die Bestattung zu kümmern, wenn Sie dies nicht wünschen. Wenn allerdings niemand die Freigabe erwirkt, kann es praktisch Schwierigkeiten bei der Bestattung geben.
Wollen Sie sich gar nicht kümmern, kann die Lebensgefährtin Ihres Vaters versuchen, sich selbst gegenüber den thailändischen Behörden als nächste Sorge- oder Vertrauensperson zu legitimieren.
Ob sie dafür zwingend eine Vollmacht von Ihnen benötigt, ist eine Frage der lokalen Praxis. Viele thailändische Behörden verlangen allerdings zumindest ein formloses Schreiben (z. B. dass Sie keine Ansprüche auf den Leichnam erheben und sie stattdessen mit der Bestattung beauftragen).
IV. Erbausschlagung und mögliche Verpflichtungen
Erbausschlagung im deutschen Recht:
Wenn Ihr Vater deutscher Staatsangehöriger war, könnte für den deutschen Teil seines Nachlasses deutsches Erbrecht anwendbar sein (ggf. in Verbindung mit der Europäischen Erbrechtsverordnung oder anderen internationalen Regelungen). Sie können die Erbschaft in Deutschland nach § 1942 BGB ausschlagen. Damit übernehmen Sie auch keine Verpflichtungen (z. B. Nachlassverbindlichkeiten) aus dem deutschen Vermögen.
Die Ausschlagung muss in Deutschland fristgerecht gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden, entweder zur Niederschrift beim Nachlassgericht oder öffentlich beglaubigt (Notar). Durch die Ausschlagung verlieren Sie rückwirkend sämtliche Rechte und Pflichten, die mit der Erbschaft verbunden sind.
Hat der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland oder hält sich der Erbe zu Fristbeginn im Ausland auf, beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Monate.
Wirkung in Thailand / Kein Vermögen in Deutschland:
Hat Ihr Vater (behauptetermaßen) in Deutschland kein Vermögen, bleibt die Ausschlagung in Deutschland formal wirksam bezüglich eventueller unbekannter deutscher Vermögenswerte.
Ob in Thailand ebenfalls eine gesonderte Erbausschlagung erforderlich wäre, richtet sich nach dem dortigen Recht. Im Regelfall gilt: Wer in Deutschland ausschlägt, will keinen Erbteil – damit also auch keinen Zugriff auf Vermögen in Thailand. Eine – ggf. in Thailand extra notwendige – Verzichts- oder Ausschlagungshandlung kann erforderlich sein, wenn die thailändischen Behörden die deutsche Ausschlagung nicht anerkennen.
Bestattungskosten:
In Deutschland sind Sie als Abkömmling zwar grundsätzlich nach § 1968 BGB aus dem Erbrecht heraus zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet (oder ggf. aus landesrechtlichen Vorschriften als „bestattungspflichtiger Angehöriger"), aber das greift nur, wenn die Bestattung in Deutschland stattfindet oder gegenüber deutschen Behörden geregelt werden muss.
Erfolgt die Bestattung in Thailand und wird diese durch die thailändische Lebensgefährtin veranlasst, ist es unwahrscheinlich, dass hierzulande staatliche Stellen Sie in Regress nehmen. Beachten Sie allerdings, dass wenn Ihr Vater noch in Deutschland gemeldet gewesen sein sollte und deutsche Behörden Kenntnis davon erlangen, diese aus ordnungsrechtlicher Sicht ggf. versuchen könnten, Bestattungskosten (wenn überhaupt) einzufordern. Das wird aber in der Praxis schwieriger, wenn die Bestattung tatsächlich in Thailand erfolgt und dort bezahlt wird.
Fazit zur Vermeidung jeglicher Verpflichtung:
Die Erbausschlagung in Deutschland beseitigt zivilrechtliche Haftung für Nachlassverbindlichkeiten nach deutschem Recht.
Eine Kostenpflicht für eine Bestattung in Thailand entsteht Ihnen in der Regel nicht, wenn Sie diese nicht veranlassen.
Sollten amtliche Forderungen an Sie herangetragen werden, müssten Sie notfalls nachweisen, dass Sie keine Bestattung in Auftrag gegeben haben und Sie das Erbe ausgeschlagen haben.
V. Praktische Hinweise
Fristgerechte Erbausschlagung in Deutschland:
Denken Sie daran, dass die Ausschlagungsfrist in Deutschland in der Regel sechs Wochen ab Kenntnis vom Erbfall und Ihrer Stellung als Erbe beträgt (§ 1944 BGB). Ist der Erblasser im Ausland verstorben, kann sich diese Frist auf sechs Monate verlängern. Klären Sie die Frist unbedingt mit dem zuständigen Nachlassgericht ab.
Keine übereilten Unterschriften
Unterzeichnen Sie in Thailand nur Dokumente, die eindeutig klären, dass Sie keine finanziellen Verpflichtungen übernehmen. Falls Sie ein Dokument nicht verstehen, sollten Sie eine beglaubigte Übersetzung anfordern.
Keine Zustimmung = kein Problem
Sie sind nicht verpflichtet, Ihre Zustimmung zu Ermittlungshandlungen in Thailand (Obduktion) zu erteilen oder eine Freigabe des Leichnams zu regeln, wenn Sie sich heraushalten wollen. In der Praxis ist es aber oft einfacher, ein kurzes Schreiben aufzusetzen, wonach Sie auf Rechte an der Leichnahme verzichten, damit die Lebensgefährtin problemlos die Bestattung vornehmen kann.
Kontakt mit dem Konsulat:
Wenn Sie Dokumente beglaubigen lassen müssen (z. B. zur Bestätigung Ihrer Unterschrift für eine thailändische Behörde), können Sie entweder das thailändische Konsulat hier in Deutschland aufsuchen oder manchmal einen deutschen Notar mit anschließender Überbeglaubigung (sogenannte Haager Apostille) nutzen. Erkundigen Sie sich nach dem für Thailand gültigen Verfahren.
VI. Zusammenfassung
Obduktion: Keine zwingende Pflicht für Sie, eine Einwilligung abzugeben. Eine Zustimmung führt üblicherweise nicht zu Kostenübernahmen.
Vollmacht zur Leichnamsfreigabe: Sie sind nicht verpflichtet, eine solche Vollmacht zu erteilen. Wenn die Lebensgefährtin Ihres Vaters die Bestattung organisieren will, kann eine formlos erklärte „Freigabe" oder „Vollmacht" ausreichen. Obosa eine Beglaubigung erforderlich ist, hängt von den thailändischen Behörden ab.
Erbausschlagung:
In Deutschland: Notarielle (oder gerichtsprotokollierte) Ausschlagung bewirkt, dass Sie keine Nachlassverbindlichkeiten übernehmen und auch kein Erbe antreten.
Kosten für eine Bestattung in Thailand treffen Sie nicht, wenn Sie nicht Auftraggeber sind.
Besondere Situationen können entstehen, wenn doch noch deutsches Vermögen auffindbar wäre (z. B. Bankkonto). Hier greift dann aber Ihre Ausschlagung.
Wenn Ihr Ziel ist, jegliche Verpflichtungen abzulehnen, ist die Erbausschlagung der zentrale Schritt. Für das thailändische Verfahren sollten Sie nur aufpassen, keine ggf. kostenrelevanten Erklärungen zu unterschreiben. Ansonsten können Sie sich vollständig heraushalten, sodass Ihre Schwester oder die Lebensgefährtin alles Weitere übernimmt.
Dies stellt eine erste rechtliche Einschätzung dar, basierend auf dem deutschen Erbrecht und generellen internationalen Bezügen. Im Einzelfall sollten nähere Informationen zum thailändischen Landesrecht (insbesondere zur Erbausschlagung dort) eingeholt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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