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Steuerliche Behandlung Renovierungskosten bei Immobiliennießbrauch

| 21. Januar 2022 16:35 |
Preis: 100,00 € |

Steuerrecht


Beantwortet von

Ich besitze ein vermietetes EFH aus den 30er Jahren und möchte dieses meinen Kindern schenken. Dabei soll für mich ein Nießbrauchsrecht eingetragen werden (kein Wohnrecht). Über die damit zusammenhängenden schenkungssteuerlichen Folgen bin ich mir im Klaren.

Das Haus ist renovierungsbedürftig und muss in einigen Jahren komplett saniert oder - falls unwirtschaftlich - evtl. durch einen Neubau ersetzt werden. Soweit ich weiß, können meine Kinder als Eigentümer diese Kosten nicht steuerlich geltend machen. Ich habe gelesen, dass es für solche Situationen eine Vertragsgestaltung gibt, bei der auch größere Sanierungsaufwendungen vom Nießbraucher zu tragen sind.

Meine Frage dazu: Wenn laut Schenkungsvertrag der Nießbraucher auch für größere Sanierungen aufkommen muss, wie wird dann der Wertzuwachs durch von mir finanzierte Baumaßnahmen bis hin zum Neubau steuerlich behandelt? Dabei gibt es aus meiner Sicht zwei Szenarien: Verzicht auf den Nießbrauch zu meinen Lebzeiten oder Erlöschen des Nießbrauchs bei meinem Ableben.

Vielen Dank

21. Januar 2022 | 20:03

Antwort

von


(849)
Alte Schmelze 16
65201 Wiesbaden
Tel: 0611-13753371
Web: https://deutschland-schulden.de
E-Mail:

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

als Nießbraucher behalten Sie grundsätzlich weiter die Möglichkeit mir der Immobilie zu wirtschaften und sind auch berechtigt die Werbungskosten für diese geltend zu machen, ebenso wie Sie die Steuern für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung versteuern müssen. Daraus folgt dann auch, dass mögliche einfache Renovierungen sowohl von Ihnen zu tragen sind, als auch Ihnen zu Gute kommen. Eine neue Schenkung wird dadurch zunächst nicht ausgelöst.

Eine (fließende) Grenze zur Annahme einer Schenkung ist hier durch § 12 Nr. 2 Einkommensteuergesetz und die zivilrechtliche Lage nach § 1041 BGB gesetzt.

§ 12

Zitat:
Soweit in § 10 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, 7 und 9 sowie Absatz 1a Nummer 1, den §§ 10a, 10b und den §§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden
1. die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge. 2Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen;
2. freiwillige Zuwendungen, Zuwendungen auf Grund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht und Zuwendungen an eine gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigte Person oder deren Ehegatten, auch wenn diese Zuwendungen auf einer besonderen Vereinbarung beruhen;
3. die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot der Nummer 1 oder des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 bis 5, 7 oder Absatz 7 gilt; das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen;
4. in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen;
5. (weggefallen)


Zitat:
§ 1041 Erhaltung der Sache
Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören.


Bei der von Ihnen angedachten Konstellation ist es möglich Sie als Nießbraucher noch über die Regelungen des § 1041 BGB hinaus zu verpflichten. Nach § 1041 BGB schuldet der Nießbraucher grob gesagt nur (Schönheits-)reparaturen. Der Eigentümer muss aber größere Sanierungen tragen, z.B. eine komplette Runderneuerung des Dachs oder Fassade. Hier kann aber durch (meist übliche) notarielle Gestaltung der Nießbraucher auch mit den größeren Arbeiten belastet werden und diese dann auch absetzen. Kritisch wird es dann, wenn zivilrechtlich und dann auch steuerlich durch einen Anbau oder Neubau ein neues Wirtschaftsgut geschaffen wird. Dieses wäre dann gemäß § 12 Nr. 2 EStG als neuerliche Schenkung zu betrachten, auch wenn der Nießbrauch weiterhin bei Ihnen verbleibt. Die Grenzen sind hier allerdings fließend. Der Einbau einer Dachgaube oder eines Wintergartens könnte hier (auch wenn dazu vielleicht sogar eine Baugenehmigung notwendig sein sollte) noch als Ausübung des Nießbrauchs gewertet werden. Spätestens wenn Sie aber weitere Zimmer/Stockwerke anbauen wird hier eine Grenze erreicht sein, die zu einer erneuten Schenkung führt. Falls dies tatsächlich der Fall sein sollte kann man hier aber entweder die 10-Jahres-Frist für eine neue Schenkung abwarten oder das Ganze über Darlehnsverträge (und einen späteren Verzicht darauf wenn 10 Jahre vergangen sind) lösen.

Zusammenfassend können Sie also das Gebäude bei entsprechender Gestaltung zumindest recht umfangreich sanieren (dadurch wird kein neues Eigentum geschaffen), ein Neubau oder Ausbau würde aber zu einer erneuten Schenkung führen.

Bezüglich Ihrer weiteren Frage ist es so, dass der Wegfall des Nießbrauchs durch den Tod des Nießbrauchsinhabers keinen neuen Steuertatbestand auslöst (sonst könnte man sich das Ganze ja auch sparen). Der Gedanke dahinter ist, dass bei der Bestellung des Nießbrauchs dessen Wert aufgrund der durchschnittlichen Lebenserwartung (es gibt hier entsprechende Sterbetabellen) festgelegt wird. Ganz unabhängig von den Steuern kann das für den neuen Eigentümer je nach tatsächlicher Restlebensdauer positiv oder negativ sein. Tatsächlich muss es auch nicht immer eine Schenkung sein, es werden durchaus Immobilien hier auch Dritte verkauft die eben mit der Restlebensdauer spekulieren, genauso wie Lebensversicherungen dies tun. Die Finanzverwaltung überlässt diese Spekulation sich selbst und besteuert nur die Schenkung oder einen Kauf, abzüglich des Wertes des Nießbrauchs zum Zeitpunkt der Übertragung.

Die freiwillige Aufgabe des Nießbrauchs allerdings führt dazu, dass steuerlich erneut Schenkungssteuer ausgelöst wird. Hatte der Eigentümer vorher ein Grundstück mit dem belastenden Nießbrauch, so fällt diese Belastung jetzt weg und steigert den Verkaufswert. Der Wert dieses Wegfalls wird dann wieder mit Hilfe der Restlebenserwartung ermittelt.

Zusammenfassend sollten Sie sich zum einen (je nach Wert des Hauses und Machbarkeit) überlegen ob das Haus bereits abzüglich des Nießbrauchswerts die schenkungssteuerlichen Freibeträge erreicht oder nicht und dann vielleicht sogar schon kurz vor oder nach der Übergabe eine Renovierung andenken. Weiterhin wäre noch die Möglichkeit einer Darlehensgewährung an die Kinder und den späteren Erlass anzudenken. Letztlich sollten Sie auch noch in Betracht ziehen vielleicht nur einen Bruchteil der Immobilie zu verschenken, auch so lassen sich die Freibeträge ausnutzen. Die ganz konkrete Gestaltung sollten Sie dann noch mit einem Steuerberater vornehmen, insbesondere um Details zu Abschreibungsmöglichkeiten und Werbungskosten zu besprechen.


Ich hoffe Ihre Frage inhaltlich zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünschen Ihnen noch einen schönen Abend und ein schönes Wochenende.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke


Rückfrage vom Fragesteller 24. Januar 2022 | 09:34

Vielen Dank für Ihre Antwort.
Sie erwähnen, dass man "das Ganze über Darlehnsverträge (und einen späteren Verzicht darauf wenn 10 Jahre vergangen sind) lösen" kann. Können Sie das bitte etwas konkretisieren: Wer gibt wem ein Darlehen und weshalb ein Verzicht nach 10 Jahren?

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. Januar 2022 | 10:08

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

Sie könnten mit den Kindern vereinbaren, dass die Immobilie zum Teil verkauft wird und Ratenzahlungen für z.B. 30 Jahre vereinbaren. Kurz nach dem die 10 Jahre wegen des neuen Schenkungssteuerfreibetrag vorbei sind erlassen Sie dann diese Forderung, vorher muss der Vertrag allerdings tatsächlich durchgeführt werden. Alternativ können Sie auch alle 10 Jahre einen Teil der Immobilie schenken, solange Sie den Nießbrauch haben macht das für Ihre Einkommenssteuer keinen Unterschied.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke

Bewertung des Fragestellers 24. Januar 2022 | 10:13

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